Diego El Cigala: der Mann der schwarzen Tränen

Dem Roma-Sänger El Cigala liegt der Flamenco im Blut. Schon mit 12 Jahren tritt er in Flamenco-Clubs in Madrid auf. Der sogenannte „Kaiserhummer“ liebt musikalische Experimente: das Album „Lágrimas Negras“, eine Mischung mit Latino-Rhythmen, verschaffte ihm Weltrum.

von Natalie Kroll

Wenn Diego el Cigala (*27.12.1968) singt, bebt die Welt. Freude, Wut, Sex, Verzweiflung schleudert er mit seiner kräftigen Stimme in die Atmosphäre. Und das mit vollem Körpereinsatz: Seine Arme sind zum Himmel erhoben, seine Augen erst weit aufgerissen, dann wie in Trance geschlossen.

Das weiße Hemd leuchtet unter den schwarzen langen Haaren. Es scheint so, als brenne ihm der Flamenco direkt aus der Seele.

Flamenco vom Austehen bis zum Einschlafen

In Madrid wird El Cigala 1968 unter dem Namen Diego Ramón Jiménez Salazar in eine spanisch-dominikanische Familie geboren. Im Elternhaus erschallt Musik.

Wenn nicht Diegos Vater José de Córdoba musiziert, ist es Mutter Aurora Salazar Motos oder jemand anderes aus der Roma-Großfamilie.

Schon seit seiner frühesten Kindheit weiß Diego genau, was er will: dem Familienruf Flamenco folgen. Als Kind singt er auf der Straße und in „Penas“, kleinen Flamenco-Clubs.

Mit zwölf Jahren gewinnt er den Wettbewerb für junge Flamenco-Künstler in der Kleinstadt Getafe und wird in der Show für Jungtalente „Gente Joven“ des spanischen Senders TVE ausgezeichnet.

Flamenco ist eine Lebenseinstellung

„El Cigala“ (der Kaiserhummer) nennen ihn befreundete Gitarristen wegen seiner schlanken Figur. Der junge Cigala tritt schon bald international als Gesangsbegleitung namhafter Tänzer wie Cristóbal Reyes, Mario Maya, Manolete und Farruco auf. Im Studio entstehen erste Musikstücke, gemeinsam mit Künstlern wie Camarón, Tomatito oder Gerardo Núñez.

Erst mit 29 entscheidet sich El Cigala für eine Solokarriere. Sein Debutalbum Undebel, was bei den Roma Gott heißt, ist 1997 ein erster großer Erfolg.

El Cigala will mehr, als nur der legendären Flamenco-Ikonen seines Vaters José de Córdoba und Onkel Rafael Farina folgen: „Man singt entweder wie immer und ist ein gewöhnlicher Flamenco-Sänger. Oder man nimmt alte Stile und überträgt sie in die Gegenwart. Das ist es, was ich versuche."

Lagrimas Negras

Das Album „Lágrimas Negras“ (Schwarze Tränen) komponiert der inzwischen 36-jährige El Cigala mit dem 85-jährigen kubanischen Pianisten Bebo Valdés.

Die Zusammenarbeit ist ein lebendiges Experiment: spanischer Flamenco vereint mit klassischen Rhytmen Lateinamerikas. Das Album ist 2003 ein Riesenerfolg, über 700.000 Platten gehen allein im ersten Jahr weltweit über die Ladentische.

„Lágrimas Negras“ wird mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Latin Grammy Award und den Preis für das beste Album des Jahres (New York Times).

Doch bei all dem Erfolg erlebt El Cigala eine persönliche Krise: Drogenkonsum treibt ihn an seine Grenzen, er ist nah daran den Gesang aufzugeben.

„Es war die Musik, meine Frau und die Geburt meines ersten Sohnes, die mich dazu brachten die Schattenseite des Flamencos aufzugeben. Ich hatte mich verirrt.“

In den Folgejahren begeistert El Cigala sein Publikum wieder mit neuen Klangexperimenten, er kombiniert Gesang mit Elementen der spanischen Copla andaluza, des argentinischen Tangos und dem kubanischen Boleros.

El Cigalas Frau Amparo Fernández ist seine Managerin. Neun Alben sind entstanden, in Kooperation mit Künstlern wie Gran Wyoming, Santiago Segura, Niño Josele und Jerry González.

Ich wollte zurück zu meiner Herkunft, dem Flamenco

Seit diesem Frühjahr lebt El Cigala, der die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in seinem Haus am Meer in der Dominikanische Republik. Wegen der wirtschaftlichen Lage sehe er seine Zukunft nicht in Spanien.

Nur wenige Monate später erscheint mit Diego del Morao als Gitarrist El Cigalas zehntes Album „Vuelve el Flamenco“ (Zurück zum Flamenco).

Fernab von seiner Heimat Madrid kehrt Diego el Cigala damit nach vielen musikalischen Exkursen zurück zu den klassischen Klängen des südspanischen Flamencos.

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