Inquisition in Spanien

Geistliche in langen, dunkeln Kutten. Anklagen, Kreuze, Verhöre, Folter. Schreiende Menschen, Rauch, Feuer und Tod. Solche Bilder erzeugt der Begriff Inquisition. Die düstere und blutige Spur, welche sie in der Geschichte hinterlassen hat, fasziniert bis heute Filmemacher und Autoren.

Von Sabina Filipovic

Umberto Ecos Roman Der Name der Rose (1980) und Milos Formans Film Goyas Geister (2006) befeuern den Mythos Inquisition und spielen mit dem von der Kirche hervorgerufenen Gruselfaktor.

Ganz anders die Komiker Monty Python. 1970 brachten sie den Satz „I didn't expect a kind of Spanish Inquisition!“ in einem Sketch. Dabei tauchen plötzlich drei Inquisitoren auf und erklären „Nobody expects the Spanish Inquisition!“.

Doch bei allem britischen Humor. Die Inquisition, vor allem in Spanien, war gefürchtet und brachte oft den Tod.

Cayetano Ripoll, der letzte Ketzer

Dabei agierte die Inquisition weit über das Mittelalter hinaus. Das letzte Autodafé, also die Verbrennung eines Ketzers auf einem Scheiterhaufen, fand im 19. Jahrhundert statt.

Also der Großepoche der Neuzeit, der Zeit der Aufklärung, der Industrialisierung, der Bildung der Nationalstaaten und des Bürgertums.

Am 31. Juli 1826 vollstreckte die Spanische Inquisition in Valencia das letzte Todesurteil. Angeklagt und für schuldig befunden war Cayetano Ripoll, ein 48jähriger Schullehrer aus dem kleinen Ort Ruzafa nahe Valencia.

Weil er seinen Schülern den Deismus, eine Gotteslehre der Aufklärung, nahe brachte, bezichtigte ihn Inquisitor Miguel Toranzo der Häresie.

Ripoll blieb trotz zweijähriger Haft und Bekehrungsversuchen seiner Linie treu. Im Juli 1826 ließ ihn der Inquisitor Toranzo erhängen und die Leiche zur Abschreckung öffentlich auf einem Scheiterhaufen verbrennen.

Inquisition als Kirchenbehörde

Die Inquisition sollte als Kirchenbehörde die katholische Lehre vor abweichenden Glaubensvorstellungen schützen. In der Praxis stellte die Inquisition eine gerichtliche Untersuchung dar, bei der Häretiker oder Ketzer, also Andersgläubige, aufgespürt wurden, um sie zu bekehren.

Die Inquisitionsprozesse beinhalteten dabei oft sogenannte peinliche Befragungen, wobei peinlich von der Pein abgeleitet ist. Mit geistiger und körperlicher Folter wollte sie den Angeklagten ein Geständnis abgewinnen.

Die Relikte zeugen heute noch von der außergewöhnlichen Brutalität der Verhöre.

Entsprechende Instrumente sind in Spanien in Toledo im Museo de la Tortura ausgestellt. Bis 2017 gab es auch ein Museum mit Foltergeräten im kantabrischen Santillana del Mar, bis der dortige Bürgermeister das Gebäude zugunsten eines Wohnhauses abreißen ließ.

Eingeführt hatte die Inquisition Papst Innozenz IV. im Jahr 1252.

Sie existierte weit über 500 Jahre. Genaue Zahlen zu den Todesopfern gibt es nicht. Schätzungen gehen von mehreren Millionen aus, wobei die meisten auf dem Scheiterhaufen starben.

Religiöser Eifer im Stil der Stasi

Nach der ersten mittelalterlichen Hochphase der Inquisition, gab es auch in der Neuzeit ein erneutes Aufleben der Institution. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts breitete sich die Inquisition zunehmend in Spanien aus.

Dabei ging es um weit mehr als um Hexenverfolgung, wie viele heute glauben.

In Spanien wurde sie in erster Linie als ein Instrument für die Einheit des Landes eingesetzt. Nachdem Spanien 1492 die letzte muslimische maurische Bastion in Granada erobert hatte und sich somit endgültig von den Besatzern befreit hatte, gab es zunehmende Probleme im Zusammenleben von Christen, Moslems und Juden.

Königin Isabella von Kastilien und König Fernando von Aragon holten sich 1478 von Papst Sixtus IV. die offizielle Genehmigung, eine Spanische Inquisition zu errichten.

Die Mönche, vorwiegend aus dem Dominikanerorden, sollten in erster Linie sogenannte Conversos und Moriscos aufspüren: zum christlichen Glauben konvertierte Juden und Muslime. Zuvor waren Juden und Muslime gezwungen worden, den christlichen Glauben anzunehmen.

Unter den Konvertierten sollten die Mönche deshalb diejenigen aufspüren, die unter dem Verdacht standen, insgeheim weiterhin ihre ursprüngliche Religion zu praktizieren.

Moriscos waren zudem Geächtete und ihr Leben von Verboten geprägt. Sie durften keine Waffen tragen und sollten kein Arabisch sprechen.

Dadurch wurde die Spanische Inquisition im Laufe der Jahre unter der Kontrolle des Königshauses zu einer Art Stasi oder Gestapo. Sie erzeugte ein Klima der Angst und des Denunziantentums.

Gegen Homos, Hexen ...

Die Spanische Inquisition hatte nicht nur Andersgläubige im Auge, sondern fungierte auch als Sittenpolizei. 1815 geriet der Maler Francisco Goya ins Visier der Spanischen Inquisition.

Für sein zwischen 1795 und 1803 erstelltes Ölgemälde „Die nackte Maja“, welches heute im Museo del Prado in Madrid hängt, wurde dem Hofmaler Unzucht vorgeworfen.

Auf seiner Darstellung einer nackten Frau war zum ersten Mal Schamhaar zu sehen, weshalb es heute als das erste spanische Aktbild gilt. In der damaligen Zeit war das ein Skandal.

Der einstige Hofmaler hatte ursprünglich zwei Versionen des Bildes angefertigt. Ein Bild zeigte die Frau nackt, ein anderes bekleidet.

Beide Gemälde waren durch ein Scharnier verbunden, wodurch die „unzüchtige“ Version verborgen werden konnte. Francisco Goya konnte sich letztlich durch seine enge Verbindung zum spanischen Königshaus aus den Schlingen der Inquisition befreien.

Die Spanische Inquisition griff also in die künstlerische Freiheit ein. Vor allem aber verfolgte sie Bigamie, Aberglaube, Hexerei, Homosexualität und ketzerische Schriften.

Adiós Inquisition

Ab 1730 nahm die Aktivität der Spanischen Inquisition ab. Spanien war das erste Land, das 1834 die Inquisition komplett abschaffte. Obwohl sie bereits unter Napoleons Herrschaft zwischen 1808 und 1814 kurzzeitig beendet worden war, rief sie König Fernando VII. von Spanien wieder ins Leben.

Mehr als 300 Jahre war die Spanische Inquisition aktiv. Besonders zu ihren Anfängen, Ende des 15. Jahrhunderts, unter dem Großinquisitor Tomás de Torquemada, dem Geistlichen des spanischen Königspaares, verloren viele Menschen ihr Leben.

Während seiner elfjährigen Leitung als Großinquisitor soll er 2000 Hinrichtungen befehligt haben. Während sich die Spanische Inquisition Mitte des 16. Jahrhunderts vor allem auf die Verfolgung der Moriscos konzentrierte, lag ihr Augenmerk zwischen 1630 und 1720 auf allgemeinen moralischen Delikten der Bevölkerung.

Wobei Hexerei in Spanien, im Gegensatz zu Deutschland, selten mit dem Tode bestraft wurde. Laut dem italienischen Historiker  und Inquisitions-Experten Andrea Del Col sollen während des dreihundertjährigen Bestehens der Spanischen Inquisition rund 12.000 Menschen hingerichtet worden sein.