Enrique Iglesias, der Latin-Pop-Pin-up im Porträt

Er ist einer der erfolgreichsten spanischen Popsänger, der Star der kleinen Mädchen, der schwulen Männer, der Sekretärinnen. Doch kann Enrique Iglesias eigentlich singen?

von Claudia Sawitzki

„Ich kann auf der Bühne so gut entspannen wie an keinem anderen Ort“, sagt Enrique Iglesias (35) auf die Frage, ob es einfach sei, vor 100.000 Menschen Glück zu empfinden. Die Lippen hat er stets lasziv geöffnet, der Blick ist stechend, Dreitagebart, lässiges Outfit – das Abziehbild eines Latin Lovers. Enrique Iglesias weiß, wie man sich inszeniert. Seine Songs sind ein musikalischer Mix aus allem, was eingängig ist, seine Videos strotzen vor sexuell leicht anzüglichen Szenen und in den Gazetten und im Netz kursieren unzählige pseudointime Geschichten über ihn. Alle mehr oder weniger erfunden.

Lasziver Sohn vom Schnulzenkönig

Der Sohn vom Schnulzenkönig Julio Iglesias ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Heute verkündet er, er finde seinen Penis zu klein um schon im nächsten Interview zu korrigieren, dass diese Info nur ein Spaß gewesen sei. Eben noch gibt er die Trennung von Langzeitfreundin Anna Kurnikova bekannt um schon im nächsten Moment wieder zu dementieren. Jahrelang zickt er divenhaft bei Shootings und Presseterminen, weil er nicht möchte, dass man das Muttermal in seinem Gesicht fotografiert und dann heißt es, der Fleck auf der rechten Wange sei nur angeklebt gewesen. Seine Fantasie ist grenzenlos und das Gespür treffsicher, wie man das Interesse im Showbiz am Kochen hält.

Undercover auf die Cover

Das hat er von seinem Vater Julio gelernt, könnte man meinen, doch mit dem hat er angeblich nie über all die Dinge gesprochen. Am 8. Mai 1975 in Madrid geboren, zieht Enrique Iglesias im Alter von acht Jahren mit seinem Vater nach Miami. Anfang der 90er Jahre versendet er dort unter falschem Namen Demobänder an diverse Plattenfirmen. Seine wahre Identität verrät er erst, als der erste Plattenvertrag unterschrieben ist. Bereits sein Debütalbum wird ein Millionenseller, schnell füllt er die Mega-Arenen dieser Welt und sahnt einen Preis nach dem anderen ab, obwohl er lange ausschließlich auf Spanisch trällert.

Versehentliche Gesangsprobe

Auf die Frage, ob seine Stimme etwas vermag, was auf den letzten Alben noch nicht zu hören war, antwortet er in diesem Sommer lapidar “Ich kann meine Stimme nun gleichmäßig über ganz unterschiedliche Rhythmen hinwegfließen lassen. Das ist mir auf früheren Alben noch nicht so gut gelungen.“ Wenn das mal nicht auch eine seiner wunderbaren Iglesias-Inszenierungen ist – ein später Konter auf den herrlichen Mitschnitt, den ein Techniker vor einigen Jahren bei einem von Iglesias Playbackauftritten gezogen und ins Netz gestellt hat. Der hörbare Beweis, dass Enrique Iglesias nirgendwo so entspannen kann wie vor einem großen Publikum.