José Carreras im Porträt

Die Haare sind ordentlich gekämmt, die Krawatte sitzt, doch die Stirn liegt leicht in Falten. Sein Blick ist fest, fast stolz, die Augen braun. José Carreras ist ein weltweit gefeierter, lyrischer Tenor, hilft krebskranken Menschen und schwärmt für den katalanischen Fußball.

von Yvonne Reimer

José Carreras (64) ist ein weitgereister Mann. Obwohl er zunächst Chemie studierte, entschied er sich schnell für das Gesangsfach. Als ausgebildeter lyrischer Tenor sang er schon mit 29 Jahren an der Mailänder Scala, arbeitete mit Herbert von Karajan und war in den wichtigsten Stätten der Opernwelt zuhause. Und selbst Nicht-Kennern der klassischen Musikszene ist der Star Carreras ein Begriff.

Die José Carrera-Stiftung ist kein Zufall

Im Alter von 51 Jahren erkrankt er plötzlich an Leukämie. Ein schwerer Schlag, der ihn Kraft kostet: „Ich war über ein Jahr nicht aufgetreten, lag zehn Monate im Krankenhaus …“. Schon kurz danach sucht er wieder die Öffentlichkeit. Trotz überstandener Krankheit vergisst er nicht die medizinische Hilfe, auf die er sich während seiner Leidenszeit verlassen konnte. Sie soll zukünftig allen Bedürftigen zuteil werden. Darum gründet er die José-Carreras-Stiftung, einen gemeinnützigen Verein zur Bekämpfung von Leukämie.

In der Oper filigran, auf der Tribüne prollig

Sozial ist er sowieso. Das zeigt er nicht nur mit seiner Stiftungsgründung. Carreras ist begeisterter Fußballfan und mischt sich gerne ein bei einem FC Barcelona-Spiel. Er steht in den Rängen, jubelt und grölt mit. Selbst enge Freunde und Kollegen wie Luciano Pavarotti erklärt er kurzerhand bei nicht genehmer Vereinszugehörigkeit zum Gegner. Allerdings „haben wir uns bei Diskussionen niemals beschimpft“, behauptet er. Fußball hat für ihn eine identitätsstiftende Aufgabe, die vor allem für Katalanen während der Franco-Diktatur eine wichtige Funktion erfüllte: „Nur bei Spielen des FC Barcelona konnten wir unser Selbstwertgefühl demonstrieren“. Mit zehn Jahren nahm ihn sein Vater mit ins Stadion, und seither ist er ein treues Vereinsmitglied. Sein eigener Sohn, heute 37, ist schon seit der Geburt Mitglied des FC Barcelona. Auch lange nach Franco beweisen die Carreras also: im Stadion zeigt man „Nationalgefühl“.

Weiterführende Links

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