Spanien hat (keine) Wahl

Spanien hat eine neue Regierung mit Mariano Rajoy an der Spitze. Doch die Wahlbeteiligung spricht Bände. Nur 71 Prozent. Bei der desolaten Wirtschaftslage müssten die Debatten so brisant sein wie vor dem Bürgerkrieg.  Es herrscht Agonie im Land des Feuers.

ein Kommentar von Tobias Büscher

"Sumate al Cambio" stand auf dem Plakat des PP-Chefs Mariano Rajoy: Mach mit beim Wechsel. Aha. Dieser Politiker, charmant wie eine galicische Ente, steht nun im Licht der Öffentlichkeit.

Denn seine Partido Popular, Spaniens Rechte, gewann die Wahl haushoch. Nur interessiert das so gut wie niemanden.

Spaniens Wirtschaft am Abgrund

Jeder zweite Jugendliche ohne Job, 22 Prozent Arbeitslosigkeit insgesamt. Die Privathaushalte sind verschuldet, wer noch Arbeit hat, zahlt mehr Zinsen an die Bank als Miete, der Konsum geht zurück und wären nicht die Revolten in Nordafrika geschehen, auch Spaniens Tourismusindustrie wäre am Boden.

Da sollte man doch meinen, in einer so brisanten Lage müssten im Land des Don Quijote die Fetzen fliegen und die Mühlen wackeln. Aber von wegen.

Die Empörten halten sich vornehm zurück

Sind junge Spanier nicht wochenlang auf die Strasse gegangen und haben Protestzelte aufgebaut? In Madrid an der Puerta del Sol besetzen sie derzeit sogar ein Hotel. Und überall im Land hört man: Die Banken und die Politiker sind Schuld.

Die bislang regierenden Sozialisten sowieso. Die Protestbewegung 15 M hat ihren abertausenden Fans auf Facebook aber kurioserweise keine Wahlvorschläge gemacht. 

Selbst da kein Feuer im Land des Flamenco.

Zwischen Protest und Gier

Pikant an der Lage in Spanien ist: nicht die Sozialisten sind die Krise im Land schuld, die Banken auch nicht. Schuld ist die Gier.

Wer nur irgend konnte, hat bis vor wenigen Jahren mit Appartments spekuliert. Maurer wollten alle werden, besser noch Ingenieur. Lehrer oder Arzt? Ach was, Geld muss rein.

Der Bauboom war brandgefährlich. Die spanischen Haushalte sind heute vor allem deshalb so verschuldet, weil sich sehr viele Spanier Immobilien gekauft haben, in denen sie gar nicht wohnen wollten.

Die Blase musste ja irgendwann platzen. Sonst hätten die Baulöwen Pérez & Co noch das ganze Land zubetoniert.

Krisengewinner

Mariano Rajoy zeigte keine Siegerposen, er trat auf die Bremse: "Wunder sind nicht zu erwarten", sagte er in einer Pressekonferenz gleich nach der Wahl.

Weiterführende Themen:

Der damalige PP-Chef Mariano Rajoy

Der damalige  PSOE-Chef Rubalcaba

Ex-Regierungschef Felipe González

zm