Spanien: 22 Jahre Haft für falschen Priester

Madrid. Es klingt wie eine politische Realsatire, doch es ist wirklich passiert: Ein Mann muss 22 Jahre in Haft, weil er als Priester verkleidet ins Haus eines korrupten Politikers eindrang, um dort verdächtige Dokumente zu sichern.

von Tobias Büscher

Luis Bárcenas, Ex-Schatzmeister der konservativen spanischen Partei PP, ist so etwas wie das Symbol eines korrupten Politikers. Er soll Millionen in der Schweiz gebunkert und Schwarzgelder an konservative Parteifreunde in Madrid gezahlt haben.

Doch was seiner Familie widerfahren ist, hält sicher auch Señor Bárcenas für vollkommen illegal.

Ich komme im Auftrag des Bischofs

Am 23. Oktober letzten Jahres stand Enrique Garcia Olivares (damals 65) als Priester verkleidet vor dem Haus des einstigen Finanzjongleurs. Er komme im Auftrag des Bischofs von Madrid, der einige Fragen bezüglich Bárcenas mit der Familie klären wolle.

Die Wächter vor dem Haus griffen nicht ein, die Angestellte Victoria Feliz de la Cruz ließ ihn hinein. Im Wohnzimmer hielt er daraufhin Barcenas Frau Rosalía Iglesias und deren Sohn Luis zwei Stunden mit einem Revolver unter Kontrolle, um gleichzeitig belastende Dokumente auf einem USB-Stick zu speichern. Der Sohn überwältigte den Mann schließlich und rief die Polizei.

Keine deutliche geistige Störung

Das Landgericht Madrid hat den Mann nun heute zu 22 Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen Einbruch und Freiheitsberaubung. Das Urteil fiel auch deshalb so hoch aus, weil Gutachter dem Spanier aus der Stadt Cuenca keine wesentlichen geistigen Störungen nachgewiesen haben.

Demnach ist Enrique Olivares, der beim Urteil nicht anwesend war, durchschnittlich intelligent und in der Lage, verschiedene Realitäten zu unterscheiden.

Betrüger ohne Kutte und Revolver

Das Urteil über Bárcenas selbst ist dagegen noch nicht gefallen. Der Andalusier (*1954 in Huelva) streitet ohnehin alles ab. Ganz ohne Verkleidung und Schusswaffen war er von 1990 bis 2009 für die Finanzen der konservativen Partido Popular zuständig.

Vorwurf unter anderem: Der Schatzmeister soll jährlich bis zu 25 000 Euro Schwarzgeld an den heutigen Regierungscheft Mariano Rajoy gezahlt haben. Die Affären sind als Fall Gürtel bekannt, weil es auch um sündhaft teure Maßanzüge als Bestechungsmittel geht. Besonders engagiert in dem Fall hat der Journalist Pedro J. Ramírez recherchiert, der unlängst als Chefredakteur von El Mundo zurücktreten musste. Einige glauben, Rajoys Partei habe da nachgeholfen.

Die Richter in Madrid haben dem falschen Priester übrigens heute auch Geldstrafen aufgebrummt - in ganz anderen Dimensionen. Er muss der Frau von Bárcenas wegen des Überfalls 200 Euro zahlen. Die Angestellte bekommt auch 200 Euro. Der Sohn 350 ...

PS: Im Dezember letzten Jahres machte ebenfalls ein falscher Priester auf sich aufmerksam. Damals hatte sich ein Journalist so verkleidet, um in das Krankenzimmer des Rennfahrers Schuhmacher zu gelangen. In dem Fall haben die Sicherheitskräfte aber nicht geschlafen und ihn abgefangen.