Ein Hoch auf Juan Carlos

Viva el Rey? Na, ein paar Jahre bestimmt noch. Mit über 80 hat Ex-König Juan Carlos seinem Land Spanien gezeigt: Auch reife Blaublüter verlassen den Hofstaat, wenn das Volk jeden Respekt verliert. Dann lieber Abu Dhabi als Madrid.

Ein Kommentar von Tobias Büscher

Juan Carlos gilt neuerdings als „peinlicher Onkel“ (Der Spiegel): Dabei hat er anders als Prinz Harry richtig lange durchgehalten. Vier Jahrzehnte sogar. Und gut war er auch. Beim Putsch 1981 hat er gelernt, wie man staatstragend im Fernsehen auftritt und sich dann als Demokrat feiern lässt. Das saß. Danach durfte er jede Segelregatta gewinnen, egal mit wem er gerade schlief. Juan Carlos I war in dieser Beziehung als König ganz normal. Er hat nur nicht mitbekommen, was das Internet alles kann. Zum Beispiel wenn man sich während der Elefantenjagd, im Schlepptau eine Deutsche, die Hüfte bricht. Juan Carlos passte gut in die Zeit der 80er Jahre, wo alles analog war und alle Journalisten gehorchten. Außer dem Satiremagazin El Jueves. Er hätte gehen können, als es am schönsten war. 

Beziehung zu Saudi Arabien seit der Ölkrise

Juan Carlos (*1938) war noch gar nicht König, als er bereits beste Kontakte zu Saudi Arabien unterhielt. 1973, während der Ölkrise, als es bei uns den autofreien Sonntag gab, warb der als Nachfolger Francos vorgesehene Juan Carlos in Saudi Arabien für sein Land. König Fahd ibn Abd al Aziz (*1921) und der spätere König Juan Carlos nannten sich nicht Freunde, sie nannten sich Brüder. Sie verstanden sich auch wegen der maurischen Wurzeln Andalusiens so gut. Spanien bekam damals Öl für einen Spottpreis und einen Kredit zum Nulltarif. Später schenkte Fahd seinem Bruder aus Madrid die Yacht Fortuna, mit der der junge König gerne Mallorca umrundete. Die Klatschpresse im Schlepptau.

Sein Bruder Fahd tauchte seinerseits gerne in Marbella auf, mit mehreren Helikoptern, einem Hofstaat aus 3000 Menschen. Er gab dort rund eine Million Euro aus. Täglich. Dem Vernehmen nach öffnete das Kaufhaus Corte Inglés sogar nachts für den Gast aus Saudi Arabien. Damals hat sich noch keiner über Juan Carlos geärgert. Im Gegenteil.
Fahd ist seit 15 Jahren tot, doch die Beziehungen seiner Familie zu Juan Carlos sind nach wie vor bestens. Natürlich hat sich der Ex-König verwöhnen lassen. Auch mit Geld. Doch hat er das nicht auch für sein Land getan? Da kommen mir die Luxusreisen von deutschen Gewerkschaftlern in den Sinn. Und Überschriften wie Business-Reise zum Basar von Unions-Abgeordneten auf Kosten des Sultans. So etwas ist widerlich.

Dem Ex-König jetzt Egoismus vorzuwerfen, ist dagegen eigenartig. Welcher Monarch ist das nicht? Sie sind so erzogen. Sie halten sich für was Besseres. Sie müssen so sein. Und wer die Monarchie will, hat auch nichts anderes verdient.

Nicht so blass wie der Sohn

Juan Carlos hat uns lange seinen Sohn Felipe erspart, vielleicht war das sein größter Verdienst. Felipe, diesen höflichen, netten und gut erzogenen Monarchen aus guter Schule. Den die jungen Spanier schlicht finden, die älteren wenig abendfüllend. Erst seit 2014 ist Felipe an der Macht. Und unterhält uns bislang mit keinem einzigen Skandal. Nicht einmal ein Konto auf den Bahamas hat er. Alles muss der Alte machen. Und wie danken die Spanier ihm das? Sie nennen ihn Juan Carlos den „Wahnsinnigen“, in Anspielung an Johanna die Wahnsinnige, der Mutter von Carlos V. 

Carlos V. kam 1500 zur Welt. Und der hatte keine Zeit für Frauen und Elefanten. Stattdessen sorgte er für die Einheit Spaniens und sperrte seine Mutter Johanna ins Irrenhaus, damit sie ihn nicht bei der Arbeit störte. Man stelle sich den Shitstorm vor, wenn ein Regent das heute täte. 

Ich mein jetzt für die Einheit Spaniens sorgen ...

Juan Carlos Sohn Felipe hätte gar nicht die Macht dazu. Aber er hätte die Macht dazu, öffentlich zum Abgang seines Vaters Stellung zu beziehen. Doch der Monarch in Madrid schweigt. 

Wobei sogar Felipe einmal auch unterhaltsam war. Als er selbst getürmt ist. Unmittelbar nach der Hochzeit mit der TV-Journalistin Letizia sind die beiden undercover mit einem Leihwagen und dunklen Sonnenbrillen nach Cuenca gefahren. Für die Hochzeitsnacht. Das Sicherheitspersonal stand Kopf. Seitdem geht den Boulevardjournalisten bei Felipe allerdings der Stoff aus. Bei Juan Carlos noch lange nicht.


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