Spaniens Straßennamen: Golfer statt General
In Nordspaniens Stadt Santander verschwindet der Name von Francos General Carrero Blanco erst jetzt aus dem öffentlichen Verkehr. Nun heißt die Straße nach Severiano Ballesteros, einem weltberühmten Golfer.
von Tobias Büscher
Im Grunde ist es unglaublich. Santander ist eine wohlhabende Stadt und genießt einen sehr guten Ruf. Die Uni hat Renommée, die Schulden sind minimal und das Stadtbild ist so gepflegt wie in kaum einer anderen spanischen Metropole. Alles gut, nur manche Straßenschilder und Statuen geben jedem libarel eingestellten Spanier zu denken. Erst jetzt, meldet El Mundo, lässt der Bürgermeister den Namen Luis Carrero Blanco durch den eines verstorbenen Golfprofis ersetzen. Noch immer erinnern demnach 29 Straßen an Helden der spanischen Diktatur. Ebenfalls pikant: Francos Reiterstatue zierte noch bis 2008 den Rathausplatz. Gestorben ist der Diktator 1975!
Das Gesetz der Erinnerung
Vielleicht wäre Franco sogar noch länger auf dem zentralsten Platz geblieben, doch genau im Jahr 2008 verabschiedete Spaniens linke Regierung unter Zapatero das Gesetz der Erinnerung (Ley de Memoria Histórica). Alles, was an die Franco-Diktatur erinnert, soll dadurch aus dem öffentlichen Leben verschwinden. Und Santander, stets in Händen konservativer Bürgermeister, musste die tonnenschwere Franco-Statue mit einem schweren Kran abtransportieren lassen. Doch die Straßennamen blieben, auch die des Generals. Und der war nicht irgendeiner. Carrero Blanco galt als getreuer Zögling des Diktators. Er sollte nach Francos Tod die Diktatur weiterführen, starb aber 1973 durch ein spektakuläres Attentat der ETA. Ein Kommando mit dem Codenamen Operation Ungeheuer (Operación Ogro) grub mitten in Madrid einen Tunnel unter eine Schnellstraße und zündete das Dynamit, als der General darüber fuhr. Das Auto flog hoch in die Luft über ein Haus und zerschellte im hinteren Innenhof. Alle Insassen waren sofort tot.
Ferrol brauchte noch etwas länger
Bis heute greift das Gesetz der Erinnerung nicht überall. Auch die Stadt Ferrol in Nordwestspanien hat in Sachen Vergangenheitsbewältigung Ladehemmungen. Dort verschwand die Statue von Franco erst 2010 aus dem Zentrum, wo der Diktator einst zur Welt kam. Und mancher Ort geht sogar noch einen Schritt weiter beziehungsweise zurück. In der Kleinstadt Alcázar de San Juan hat der Bürgermeister erst vor kurzem den Picasso-Park umbenennen lassen. Der heißt jetzt nach einem Franco Politiker.
Literatur-Tipp
Muschelmord, Tod auf dem Jakobsweg. Der Krimi. Ein Polizist ermittelt undercover im Pilgermilieu: