Spaniens kuriosester Spendenaufruf 2014
Eine weinende 85-jährige Spanierin wird aus ihrer Wohnung im Madrider Vorort Vallecas vertrieben. Dieses Bild machte vergangenen November Schlagzeilen. Doch dann kommt der lokale Fußballclub zur Hilfe und sorgt für Furore. Keine News haben die Spanier 2014 so oft getwittert wie diese.
von Tobias Büscher
Madrid. Sie weint vor Entsetzen. Wachleute treiben die Frau mit dem karierten Morgenrock aus dem Haus in der Straße Sierra de Palomeras Nr. 10 in Vallecas südlich von Madrid.
Die Fotografen haben längst Stellung bezogen. Und Minuten später sorgen die Aufnahmen bereits für Schlagzeilen.Carmen Martínez Ayuso muss ihre Wohnung nach Jahrzehnten verlassen.
Wie so viele Spanier gehört sie nun zu den Desahucios, zu den Hinausgetriebenen. Wegen 77 000 Euro Schulden ihres Sohnes, für den sie gebürgt hat.
Der ist pleite, ebenso wie die anderen Familienangehörigen. Doch dann kommt die Rettung für die alte Frau. Von ganz und gar unerwarteter Seite.
Örtlicher Fußballverein greift finanziell ein
Viele teilen das Schicksal von Carmen. Seit 2009 sind an manchen Tagen schon über 500 Bewohner von Wohnungen und Häusern wegen Schulden bei der Bank zu Desahucios geworden.
Doch Carmen hat Glück. Der Erstligist Rayo Vallecano reagiert sofort. Der Fußballclub südlich von Madrid hat sein Stadion nur einen Steinwurf von Carmens früherer Wohnung entfernt. Er richtet bei der Sparkasse La Caixa ein Spenden-Konto mit der Nummer 2100 4427 47 0200137171 ein. 15 000 Euro aus den Einnahmen beim Spiel gegen Sevilla überweisen die Chefs des Arbeitervereins an Carmen.
Und dann bricht im Internet ein Sturm der Begeisterung los. Mit der an Ebola infizierten Krankenschwester aus Madrid sei Carmen die Nummer 1 bei Twitter, meldet El País.
Und der Spendenaufruf von Rayo Vallecano wird zum Populärsten 2014. Das Konto ist übrigens seit dem 22. Dezember geschlossen. Offenbar hat Carmen nun genug Geld für eine neue Wohnung.
Wer eigentlich ist Rayo Vallecano?
Was Carmen längst weiß und die Madrilenen ohnehin: Rayo Vallecano ist als Fußballverein das klassische Gegenmodell zu Real Madrid. Gute Spieler müssen sie dort im Arbeiterviertel ständig verkaufen. Berühmte Kicker hatten sie nie, von Toni Polster einmal abgesehen.
Und die PR-Abteilung des Vereins ist praktisch nicht vorhanden. Doch seit der Hilfe für Carmen hat sich inzwischen weltweit herumgesprochen: In Madrid gibt es nicht nur Atlético und Real in der ersten Liga, sondern eben auch Rayo.
Carmen wird sich nun sicher auch ein paar Heimspiele ansehen können. Nur die Fangesänge dürften nicht so ganz nach dem Geschmack der 85-jährigen sein.
Die Vereinshymne hat eine Punkband komponiert.