500 Hidden Secrets Madrid

Der Buchrücken macht neugierig: 500 Hidden Secrets Madrid führe den Leser "abseits des Touristenrummels“ und liefere "überraschende Details“. Das Buch basiere auf „sorgfältigen Recherchen“ und „persönlichen Erfahrungen“ der Autorin. Rezension zu einem Reiseführer, der mich so zum Lachen brachte, dass meine Frau um Ruhe bat.

Von Tobias Büscher

Da gibt es diese versteckten Orte in Madrid: Einen kennen die Anwohner als Geistergleis Anden 0. Eine Metrostation, die stillgelegt ist. Und an der vorbeizufahren einer Zeitreise gleicht.

Den anderen kennen die Anwohner auch: das Blindenmuseum. Wo die Besucher in einem Museum mit dem Charme einer Garage wichtige Gebäude als Miniatur mit den Fingern erfühlen. In dem Buch 500 Hidden Secrets stehen diese beiden Tipps nicht. 

Übersichtlich wie ein Labyrinth

Gleich in der Einleitung steht wörtlich, die Karten seien „nicht besonders detailliert“. Was stimmt. Der Verlag verweist auf die Stadtpläne der – Hallo jetzt – Touristeninformation.

Auf Seite 3 erfahren wir, die Autorin sei eine „leidenschaftliche Unternehmerin“. Und dann geht es los. 14 Seiten nicht besonders detaillierte Karten. Kein Witz. Erst dann kommt die Inhaltsangabe. Wenn das die Kartenprofis von via Reise oder DuMont in die Finger bekommen, werden sie quietschen vor Vergnügen. 
Die Inhaltsangabe geht übrigens nur bis Seite 67. Dabei ist das Buch 250 Seiten dick. Aber keine Sorge: Weitere Inhaltsangaben verstecken sich später noch zwischen den Blättern. Fragen Sie mal meine Frau. Die sagt: Hidden Pages.

Hidden Secrets ersetzen Geheimtipps

Das ist eine Parodie auf Übersichtlichkeit. Und auch der Inhalt hat es in sich. Wer es durchliest, ist besser unterhalten als beim Band Molvanien. Über ein Land, das es gar nicht gibt.

Ein paar Beispiele:

1. Abseits des Touristenrummels

Dazu passt der Eintrag auf Seite 130 zu den „empfehlenswerten Einkaufstraßen“.
Die Gran Vía sei das „Einkaufsviertel par excellence“. Es ist zwar kein Viertel sondern eine Straße, aber dafür brechend voll und ein Highlight in Sachen „Touristenrummel“. Wer Secret Places in Madrid sucht, ist hier völlig fehlgeleitet.

2. Sorgfältige Recherchen

Auf Seite 56 steht unter „großartige Restaurantempfehlungen“ die galicische Taverne Canibal Raw Bar. Dort gebe es so typisches wie Carpaccio und Ceviche. Mit Verlaub: Carpaccio ist eine italienische Spezialität, Ceviche eine peruanische. Was sollen die Galicier denn zu so einem Tipp sagen? Zum Seeteufel damit. 

3. „Überraschende Details“

Auf Seite 126 erfahren wir etwas über das Schuhgeschäft Glent. Welches wie so ziemlich jeder andere Laden im Buch im edlen Stadtviertel Salamanca liegt, wo die „leidenschaftliche Unternehmerin“ wohl die besten Kontakte unterhält. Überraschend an der Beschreibung: Das Schuhwerk sei maßgeschneidert und König Juan Carlos sei dort ein treuer Kunde. Liebe Autorin: Juan Carlos ist schon seit Juni 2014 nicht mehr König von Spanien. Und das Buch, ursprünglich auf Englisch bei Luster erschienen, brachte der Bruckmann-Verlag fünf Jahre nach dem skandalumwitterten Abgang von seiner Majestät auf den Markt.

Fazit: Unterhaltsamens Buch, vor allem für Konkurrenzverlage eine echte Aufmunterung. Und ein Beispiel auch für einen Trend: Geheimtipps waren gestern. Jetzt sind es Hidden Secrets.

Entsprechend hab ich das Ding nun im verstecktesten Winkel meiner Redaktion untergebracht. Auf Wunsch meiner Frau.