Spaniens beste Autoren
Der eine schrieb im Knast Weltliteratur, der andere bekam als scharfer Kritiker der spanischen Regierung den Nationalen Literaturpreis, und wieder einer ist erst Autor geworden, nachdem er keine Lust mehr hatte auf Kriegsreportagen. Die Literaturszene Spaniens ist so kurios wie weltberühmt.
von Tobias Büscher
Lösen wir es auf: Miguel de Cervantes hat den Don Quijote im Gefängnis geschrieben. Der Autor Rafael Chirbes hat kurz vor seinem Tod im Jahr 2015 den Nationalen Literaturpreis der Regierung in Madrid bekommen, obwohl er die Wirtschaftspolitik grauenhaft fand. Und der begabte Arturo Pérez Reverte hat literarische Straßenfeger wie Die neun Pforten verfasst, verfilmt mit Johnny Depp.
Dann hätten wir da noch Javier Marías und Camilo José Cela, der erst in hohem Alter den Literaturnobelpreis bekam und ausrief: Das wurde aber auch Zeit, verflucht noch mal! Schwergewichte in der spanischen Literatur gibt es also einige.
Welche spanischen Autoren sind richtig gut?
Geschmackssache. Literaturpreise haben einige spanische Autoren ins Rampenlicht versetzt, siehe unten. Auch provokativ erotische Texte in der Aufschwungzeit nach Franco brachten Erfolg, siehe Almudena Grandes.
Aber: Spaniens Kultur leidet derzeit unter Geldmangel, Nachwuchstalente bekommen weniger Fördermittel. Und noch etwas: viele deutschsprachigen Verlage haben junge Autoren aus Madrid und Sevilla nicht auf den Schirm.
Zu gefährlich, sie könnten ja floppen. Immerhin, der Unionsverlag hat den jungen Galicier Domingo Villar im Programm: mit seinem tollen Krimi Strand der Ertrunkenen, der viel verrät über die Seele der Nordwestspanier. Beachtlich, denn der Autor ist weit weniger bekannt als Carlos Ruiz Zafón mit seinen Bestsellern Der Schatten des Windes und Das Spiel des Engels. Es gibt noch viele mehr, von Atxaga über Cabré bis Trueba, der gleichzeitig als Regisseur arbeitet. Diese drei hier sollten Sie aber auf jeden Fall kennenlernen. Es sind ganz hervorragende spanische Autoren mit jeweils ganz eigenem Stil:
Albert Sánchez Piñol
Ganz ohne solche Ehren beispielsweise kommt der katalanische Autor Albert Sánchez Piñol aus, dessen Bücher der Verlag Fischer auf Deutsch bringt. Sein neuestes heißt Der Untergang Barcelonas. Die Verlegerin eines winzigen Verlags in Barcelona hat den Mann vor Jahren entdeckt und mit einem Schlag berühmt gemacht. Im Rausch der Stille sowie der zweite Roman Pandora im Kongo sind hervorragende Bücher des Autors aus Barcelona. In ihnen beschreibt er Mischwesen und zeigt was passiert, wenn Fantasie auf Wirklichkeit stößt, fast wie bei Michail Bulgakow. Die Schildkröte ohne Panzer im Kongo-Roman übrigens heißt Antoinette.
Nerea Riesco
Die Journalistin für El País hat sich als spanische Autorin vor allem mit ihrem fantasievoll-historischem Buch Der Turm der Könige international einen Namen gemacht. Ihren ersten wichtigen Literaturpreis bekam sie für ihren Roman El País de las Mariposas. Doch ihr bestes Buch, ein Mix aus historischen Details und Erzählkunst, ist Die Spur der Hexe über die Zeit der Inquisition in Spanien. Thema: eine junge Hexe sucht nach ihrem Vorbild und erlebt einige Abenteuer zwischen Glauben, Wahn und mittelalterlichen Ritualen.
Arturo Pérez Reverte
Der einstige Kriegsreporter hat sich auch als spanischer Romanautor einen Namen gemacht. Alatriste ist berühmt, doch der Roman Dreimal im Leben eines der besten Bücher, die ein Spanier verfasst hat. Es ist die romantische und abenteuerliche Geschichte eines Profitänzers auf einem Transatlanik-Schiff, der einer Frau gleich mehrmals im Leben verfällt: mehr
Wer sind Spaniens Literaturnobelpreisträger?
Kommen wir nun zu den ganz berühmten spanischen Autoren, zumindest berühmt in Spanien selbst. Erster Nobelpreisträger überhaupt war 1904 der Parlamentarier, Finanzminister und Dramaturg José Echegaray aus Madrid. Er verfasste über 70 Dramen, die sich erstaunlich oft mit dem Tod befassten, darunter Der Tod auf den Lippen und Im Schoße des Todes.
Auch der zweite Literaturnobelpreisträger stammt aus Spaniens Hauptstadt und war Dramaturg: der Intendant des Spanischen Nationaltheaters Jacinto Benavente. Er erhielt ihn 1922 für seine wunderbaren Bühnenstücke. Zu seinen 172 Werken gehören Der Schmetterling, der über das Meer flog, sowie Pepa Doncel.
1956 bekam ihn der Andalusier Juan Ramón Jiménez, der Autor des Werks Platero und ich. Wobei Platero ein flauschiger Esel ist, mit dem Jiménez durchs Land zieht und der plötzlich sogar fliegen kann.
1977 ehrte Stockholm den bei uns ziemlich unbekannten andalusischen Autor Vicente Aleixandre für seine Gedichte mit dem Literaturnobelpreis. Eines seiner bekannteren Gedichtsammlungen: Nackt wie der glühende Stein.
Und der bislang letzte war 1989 der greise Autor Camilo José Cela. Seine Werke wie Der Bienenkorb sowie Mazurka für zwei Tote sind historische Meisterwerke gepaart mit einer erstaunlich derben und auch schon mal richtig vulgären Sprache. Ihm ist in Galicien ein Museum gewidmet worden: die Fundación Cela
An wen ging der Cervantes-Literaturpreis?
Den Cervantes-Literaturpreis wiederum vergibt jedes Jahr das spanische Kulturministerium. Er geht ausschließlich an spanischsprachige Literatur und existiert seit 1976. Der Gewinner bekommt 125.000 Euro. Den Preis überreicht Spaniens König jeweils am 23. April. Inzwischen gibt es allerdings auch den Planeta-Literaturpreis, benannt nach dem gleichnamigen Verlag. Der Sieger, darunter beispielsweise Javier Cercas, kassiert 1 Mio Euro, das ist Weltrekord.
Viele Cervantes-Preisgewinner stammen aus Lateinamerika, doch auch fast zwei Dutzend Spanier sind dabei, darunter so berühmte Autoren wie Cela, Umbral und Marsé. Der Cervantes-Preis ist sehr angesehen, wobei eines auffällt: Weibliche Autoren erhalten ihn fast nie. Na gut, Cervantes selbst soll ja auch ein echter Macho gewesen sein.
Die Gewinner des Cervantes-Preises aus Spanien:
Jorge Guillén (1976), Dámaso Alonso (1978), Gerardo Diego (1979), Luis Rosales (1982), Rafael Alberti (1983), Gonzalo Torrente Ballester (1985), Antonio Buero Vallejo (1986), María Zambrano (1988), Francisco Ayala (1991), Miguel Delibes (1993), Camilo José Cela (1995), José García Nieto (1996), José Hierro (1998), Francisco Umbral (2000), José Jiménez Lozano (2002)Rafael Sánchez Ferlosio (2004), Antonio Gamoneda (2006), Juan Marsé (2008), Ana María Matute (2010), José Manuel Caballero Bonald (2012), Juan Goytisolo (2014), Eduardo Mendoza (2016), Joan Margarit (2019) und Francisco Brines (2020).
Wer bekam den Premio Nacional de Narrativa?
Der Preis für den besten Roman aus Spanien ist ebenfalls sehr angesehen. Besonders erfolgreich und zweimal prämiert: Concha Espina: 1927 und 1950, Juan Antonio Zunzunegui: 1948 und 1962, José Luis Castillo-Puche: 1958 und 1982, Antonio Muñoz Molina: 1988 und 1992, Miguel Delibes: 1955 und 1999 sowie Luis Mateo Díez: 1987 und 2000, Joan Marsé (2001), Alberto Méndez (2005), Ramiro Pinilla (2006), Rafael Chirbes (2014), Cristina Fernández Cubas (2016) und Fernando Aramburu (2017) für sein Buch Patria.