Die Wahnsinnige, ein Buch von Alexa Hennig von Lange

Spanier nennen sie Juana la Loca, Johanna die Wahnsinnige. Die Autorin Alexa Hennig von Lange hat einen historischen Roman über die tragischste Figur in der Geschichte der spanischen Monarchie veröffentlicht. Zur Rezension:

von Tobias Büscher 

In "Fanny" dreht sich alles um die Welt eines kleinen Mädchens. In "Kampfsterne" widmet sie sich dem Familienleben der 80er Jahre. Und "Relax" handelt von Sex, Ecstasy und Kokain. Nun hat Alexa Hennig von Lange ihre Fans noch einmal überrascht. "Die Wahnsinnige" ist ein historischer Roman über eine Frau, die Jahrzehnte lang eingesperrrt war, obwohl sie eigentlich Königin hätte sein müssen. Juana la Loca hat schon viele fasziniert: Ölgemälde sind entstanden, feministische Dissertationen und jede Menge mehr oder weniger brillante und auch belehrende Sachbücher. Auch die renommierte spanische Redaktion von El País widmet sich dem Thema

45 Jahre Kerker

Der Grund: Johanna von Kastilien (1479-1555) verbrachte ihre letzten 45 Jahre als Gefangene. Die Frau lebte in einer Zeit, in der die Inquisition jegliches freies Denken verhinderte und Pizarros Männer tödliche Seuchen in das Land der Inkas brachten.

Zu Beginn des Romans reitet Johanna mit ihrem Gefolge auf eine Festung zu: "Sie sah hinauf in den Himmel aus rußigem Schwarz. Im Namen der katholischen Kirche ließ ihre Mutter Ungläubige auf dem Scheiterhaufen verbrennen ... Sie alle atmeten den Tod ein."

Was so grausig beginnt, zieht sich durch das ganze Buch. Die Autorin hat gut recherchiert und sich als Autorin eines anschaulichen Romans natürlich auch einige Freiheiten genommen. Die Liebe zu ihrem Mann beschreibt sie dabei so präzise und packend wie den ständigen Protest gegen ihre Bewacher. 

Die Schriftstellerin zeichnet das Bild von einer Frau, die ihrer Zeit geistig weit voraus ist. Sie glaubt an Gott, aber sicher nicht an die Beichte. Sie sieht in der Heiligen Mutter die Gnade und in der Schreckensherrschaft das genaue Gegenteil. Und der Leser zieht die Schlussfolgerungen: Nicht sie war wahnsinnig, sondern die Zeit in der sie lebte.

Im Buch kommt auch zum Ausdruck, wie die Nachwelt Johanna sehen musste. Die Protokolle über ihren Geisteszustand fertigten Kleriker an, die sie bekehren wollten. Sie, die gar nicht regieren wollte, war von der Reihenfolge eigentlich die erste allein regierende Monarchin Spaniens. Doch weil sie selbstbestimmt leben wollte, ging das gründlich schief.

So gesehen ist der Roman ziemlich zeitlos.

Wahnsinnig lebendiger Stil, gute Recherche

In dem brillant recherchierten und geschriebenen Roman geht es auch um eine drastische Mutter-Tochter-Beziehung. Die Mutter Isabel hatte mit ihrem Mann Fernando die Mauren vertrieben und eine Herrschaft des Terrors errichtet. Die Tochter dagegen wollte nicht beten, nicht beichten und nicht töten. Genau deshalb war sie für den Thron so ungeeignet, dass ihre Familie sie wegsperrte. 

Insofern wirft der Roman auch die Frage auf, wie man selbstbestimmt leben kann, wenn die Vorhersehung eine andere ist.

Heute ist das jedenfalls für Royals viel einfacher. Prinz Harry und Meghan sollten das Buch der Autorin mal lesen. Und Spaniens König Felipe, der eine TV-Journalistin geheiratet hat.

Wobei manche behaupten: Letizia lebt auch in einer Art Knast.
 

Hier der Link zum Buch:

Die Autorin

Alexa Hennig von Lange (*1973) aus Hannover ist schon mit 13 Jahren als Autorin der Kurzgeschichte "Elisabeth" berühmt geworden und schreibt inzwischen in so ziemlich jedem neuen Jahr ein neues Buch.

"Die Wahnsinnige" ist ihr erster historischer Roman. Erschienen ist er beim Kölner Verlag DuMont. Die Schriftstellerin lebt mit ihrem Mann Marcus und den Kindern Pontus, Mia, Holly, Marla und Aaron in Berlin.

Zähler