Muscheln aus Spanien

Muscheln aus Spanien sind ein echter Genuss. Vor allem im Nordwesten des Landes gibt es in Hülle und Fülle Austern, Miesmuscheln, Jakobsmuscheln, Venusmuscheln und viele andere. Und das nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über.

Die Muscheln lieben das plaktonreiche Wasser der galicischen Atlantikbuchten (Rías), wo sich das Meerwasser mit dem Flusswasser mischt und der Salzgehalt weniger stark ist.

Dort gibt es die größte Miesmuschelproduktion Europas. Die Bewohner suchen schon sehr früh am Morgen nach Herz- und Venusmuscheln und pflücken Entenmuscheln von den scharfen Felsenkanten ab.

Galiciens Muscheln sind in allen Landesteilen Spaniens beliebt und auf Mallorca so präsent wie in Madrid und auf Teneriffa, wo die Meeresfrüchte-Restaurants nicht selten Namen bekommen wie Rias Baixas oder Xacobeo. Vor Ort schmecken sie am besten.

Fans von Meeresfrüchten stehen auf die Muscheln genauso wie Liebhaber der gesunden Küche. Denn die Conchas sind reich an Vitaminen und ausgesprochen fettarm. 

Übrigens: Im Flugzeug dürfen frische Muscheln anders als Schinkenkeulen auf keinen Fall ins Handgepäck. Denn die Ware ist schnell verderblich.

Hier nun die wichtigsten Conchas de España im Überblick von der Auster bis zur Venusmuschel:

Austern

Austern (Austrea Edulis) gehören zu den ältesten Lebensmitteln der Welt. Es gibt sie bereits seit 250 Millionen Jahren. Sie sind ein sehr wertvolles Lebensmittel mit Inhaltsstoffen wie Zink, Jod und Vitamin B.

Und sie gelten als Luxus pur, wobei sie in Spanien auch günstig im Angebot sind.Spaniens Hochburg für Austern ist die Stadt Vigo. Von den Zuchtanlagen gelangen die Meeresfrüchte frisch in die Altstadtgasse Calle Pescadería, auch Calle de Ostras genannt, also Austern-Straße.

An den Ständen dort verkaufen die Frauen (Ostreras) jeden Tag in der Woche ihre Austern zu einem sagenhaften Preis: ein bis zwei Euro pro Muschel.

Und öffnen die rohe Delikatesse vorher mit einem Austernmesser, was gar nicht so leicht ist. Den bauchigeren Teil der Muschel nach unten legen, mit dem spitzen Messer seitlich eindringen und dann das Messer bewegen, was ein kleiner Kraftakt ist.

Spanien produziert über 3000 Tonnen Austern der Sorte Ostrea Edulis pro Jahr. In den Handel kommen sie, sobald sie zwei Jahre alt sind und mindestens sechs Zentimeter lang. Austern im Atlantik, die unentdeckt bleiben, erreichen schon mal das sagenhafte Alter von 30 Jahren.

Für Austern ist kein Rezept nötig. Die Delikatesse kocht kaum jemand, denn das Fleisch ist roh das Maß aller Dinge. Allenfalls ein paar Zitronentropfen gehören darauf. 

Spanier freuen sich diebisch über die alte Legende, wonach Austern wegen dem hohen Zinkgehalt schon Casanova in Schwung gebracht haben und der Muschelverzehr Sex zur Folge hat, so anregend sei das.

Alles Quatsch, sagte mir einmal Spaniens berühmteste Köchin Toñi Vicente in einem Interview: "Da müsstest Du schon 100 Stück davon essen. Eine einzige Auster reicht für den Zinkbedarf eines ganzen Tages. Aber ein Lustgewinn ist nie wissenschaftlich nachgewiesen worden".

Entenmuscheln

Entenmuscheln (Pedunculata) heißen auf Spanisch Percebes. Sie sind sehr gesund, weil reich an Vitamin E und vor allem B1 und B2. Trotz ihres Namens gehören sie allerdings zu den Krebstieren.

Sie haften an den scharfen Felsen vor allem an der sogenannten Todesküste in Galicien.

Hauptort ist das Fischerdorf Corme, dessen Bewohner fast alle als Percebeiros arbeiten. Sie kratzen mit speziellen Schabern aus Eisen die Delikatesse vom Stein. Dabei hängen sie an Seilen am Fels, mit denen sie sich ins Wasser hinab lassen. Die Arbeit ist wegen des Wellengangs sehr gefährlich.

Die Lokalregierung kontrolliert die Arbeiter scharf. Sie dürfen pro Arbeitsgang maximal 4 Kilogramm der Delikatesse sammeln und am Hafen dann abliefern.

Der Wert der Ware liegt dann bei 120 Euro. Davon erhalten die Percebeiros aber nur einen Bruchteil. Die Tageszeitung La Voz de Galicia hat ermittelt: Der Monatslohn eines Arbeiters aus Malpica oder Corme liegt bei rund 750 Euro.

Dagegen verdienen die Restaurants Spaniens bestens mit. In Corme, Fisterra und den anderen Orten kosten die Percebes pro Ration rund 15 Euro, in Madrid und Barcelona dagegen gut das Doppelte.

Und während sie in Galicien garantiert echt sind, kommen viele aus anderen Teilen Spaniens nur angeblich aus Nordwestspanien. Grund: Die Entenmuscheln aus Marokko sind erheblich günstiger im Einkauf.

Beim Essen spritzt es, denn Sie müssen den "Schlauch" von der "Kralle" abbrechen und dann aussaugen. Der jodhaltige Inhalt schmeckt nach Meer. Wie die Entenmuscheln gekocht werden, erfahren Sie in unserem Rezept Percebes

Herzmuscheln

Herzmuscheln (Cuore/Cardioidea) heißen auf Spanisch Berberechos. 200 Arten von ihnen soll es weltweit geben. Sie lieben vor allem die Schlickböden der Strände Nordspaniens.

Herzmuscheln gibt es zwar auch am spanischen Mittelmeer, doch die besten stammen von den Ufern des Atlantiks, vor allem aus den Buchten von Noia und Arousa.

Dort, wo die Flüsse ins Meer fließen, fühlen sie sich am wohlsten. Sie sind als Tapa und als Vorspeise ein Klassiker der spanischen Küche, bereichern Empanadas und Paellas ebenso wie Fischgerichte.

Doch am besten schmecken sie frisch zubereitet. Als Tapa kosten die Herzmuscheln rund 1,50 Euro. Ein Kilo mit 55 bis 60 Herzmuscheln kostet bei der Fischversteigerung am Hafen rund 10 Euro. Damit sind sie etwas teurer als die Venusmuscheln.

Nicht nur der jodhaltige Inhalt ist beliebt. Ihre Form eines Herzens haben in den 1960er Jahren Süßwarenhersteller inspiriert, die daraus Schleckmuscheln mit Bonbon-Inhalt machen.

Mit Miesmuscheln würde das auch gar nicht gehen, denn ihre Schale ist viel dünner als die der Berberechos.

Jakobsmuscheln Vieiras und Zamburiñas

Vieiras und Zamburiñas sind Kammmuscheln, Vieiras (Jakobsmuscheln) sind dabei etwas größer und bis zu 16 Zentimeter lang. Sie sind reich an Zink und Omega-3-Fettsäuren und kommen an der gesamten Atlantikküste vor.

Anders als Austern können sie sogar schwimmen. Ihren Namen haben sie von den Pilgern, die sie von ihrer Pilgerreise nach Santiago de Compostela zurückbrachten. Als Beweis ihrer Tour.

Heute sind sie schon auf dem Hinweg ein Symbol, das auch gerne Souvenirhändler verkaufen. Ein Quatsch ist das. Besser ein paar im Restaurant vor Ort essen und die Schale mitnehmen.

Auf dem Markt in Spanien gibt es die Jakobsmuscheln eher selten, dafür inzwischen aber online. Tiefgefrorene Vieiras kosten dann zwischen 55 und 65 Euro das Kilo.

Die Restaurants in Spanien sind per Gesetz verpflichtet, die Jakobsmuscheln tiefgekühlt aufzubewahren und dann erst zuzubereiten. Grund sind die durch Algen erzeugten Schadstoffe, die beim Gefrieren verschwinden.

Die Polizei greift schon mal mit Razzien und Abhörverfahren durch. Denn Köche kaufen die Vieiras gerne bei befreundeten Fischern und Muschelsammlern schwarz ein und bereiten sie frisch zu.

Unser Koch-Spezialisist Nacho vom Restaurant Eirado da Leña in Pontevedra sagt dazu: "Ich halte mich an das Gesetz, finde aber, es ist eines der dümmsten auf Erden. Von einer frischen Jakobsmuschel ist nun wirklich noch niemand gestorben."

Jakobsmuscheln haben ein angenehm festes Fleisch und einen weniger intensiven Meeresgeschmack als Entenmuscheln. Auch Verächter von Muscheln essen sie deshalb gerne. So wie sie die Feste Struktur von Tunfisch mögen, sonst aber kaum Fisch mögen.

Miesmuscheln

Miesmuscheln (Mytilidae) sind reich an Vitamin B, Kalium, Eiweiß und Jod. Die Spanier bieten sie als Tapa meist gekocht mit Meersalz und einem Lorbeerblatt an.

In einer Schüssel serviert gibt es sie im Restaurant schon ab 5 Euro. Damit ist sie landesweit eine der günstigsten Tapas überhaupt. Gambas al Ajillo beispielsweise sind gut drei Euro teurer.

Für die weltweit größte Miesmuschelzucht sorgen die Galicier in Nordwestspanien. An den südlichen Buchten Ría de Vigo und Ría de Arousa liegen Holzflöße im Wasser, an den je 500 Seile aus rissfestem Nylon hängen. Und daran wachsen die Mejillones (Miesmuscheln).

So ein Seil wird bis zu 80 Kilo schwer, daher kommen Schiffkrähne zum Einsatz bei der Ernte. Haupterntezeit bis von Oktober bis März. 180.000 Tonnen erzeugen die Galicier pro Jahr und versorgen so das ganze Land mit der Meeresfrucht.

Über 30.000 Arbeiter sind dabei im Einsatz, vom Züchter bis zum Konservenhersteller.Spanische Mejillones, auf Galicisch Mexillónes, haben eine pechschwarze Schale und weißliches (männliche Muschel) bis orangenfarbenes Fleisch (weibliche Muschel).

Eigentlich ist diese Muschelart sehr anfällig für Schadstoffe, doch am nordwestspanischen Atlantik ist das Meer intakt.

Nur einmal war die gesamte Produktion in Gefahr, als der Öltanker Prestige 2002 vor der Küste zerbrach. Die Rías sind heute aber längst wieder sauber. Miesmuscheln heißen bei uns auch Pfahlmuscheln, da sie die Franzosen und Dänen anders als die Spanier an Pfählen im Wasser züchten.

Tipp zum Kochen: Miesmuschel-Rezept

Schwertmuscheln

Schwertmuscheln (Ensis, Spanisch Navajas) heißen wegen ihrer messerförmigen länglichen Schale so. Manche nennen sie auch Schwertförmige Scheidenmuschel.

Am leckersten schmeckt die bis zu 13 Zentimeter lange Delikatesse  natürlich frisch. Und echte Fans gehen schon mal früh morgens an den Strand und essen ein bis zwei Muscheln roh.

Navajas schmecken leicht nussig und haben viel Vitamin B12. Sie kommen nicht nur aus Nordwestspanien. Auch die Chilenen exportieren sie nach Europa.

Die Dose à 115 Gramm gibt es im spanischen Handel für 5.30 Euro, damit sind sie deutlich teurer als Miesmuscheln (3,50 Euro). Auch als Rezept haben wir Schwertmuscheln für Sie.

Übrigens: Navajas sind nicht nur Molusken. In der Region um Valencia entstehen die berühmten echte Messer namens Navajas de Albacete.

Venusmuscheln

Venusmuscheln gibt es in vier Varianten: Almeja fina, Babosa, Rubia und Japónica (galicisch Xaponica). Sie sind unwesentlich teurer als Herzmuscheln und bei Spaniern vor allem in Meeresfrüchtesalaten und Empanadas ein Hit.

Eine beliebte Zubereitungsart ist Almeja a la Marinera. Venusmuscheln sind ein Klassiker in Spanien und Italien (Vongole). Ihren wunderbaren nussigen Geschmack haben die meisten Deutschen dagegen noch nie ausprobiert.

Übrigens: Wer Herz oder Venusmuscheln in Spanien am Strand findet, sollte sie vor dem Zubereiten eine gute Stunde in Wasser mit etwas Salz geben. Dadurch löst sich der Sand von der Schale.

Der Autor

Tobias Büscher ist Journalist, Dozent und Leiter von Spanien Reisemagazin. Neu in 1. Auflage von ihm erschienen: Galicien & Jakobsweg (DuMont) und der Krimi Muschelmord (Redaktion Köln).

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