Spaniens Königin Ena von Battenberg

„Sie war die schönste Königin, die Spanien je besaß“, schwärmte die spanische Tageszeitung „La Vanguardia“ 1969 nach dem Tod der spanischen Königin Ena von Battenberg. Und sie war für lange Zeit Spaniens letzte Königin.

Von Barbara Kunz

Seit mehr als 300 Jahren stellt das Haus Bourbon-Anjou die Monarchen im Land des Flamencos und der Stierkämpfe - unterbrochen wurde diese Linie lediglich während der Franco-Diktatur (1939-1975).

Mehr als 300 Jahre, in denen die Frauen hinter dem Thron mehrheitlich eine untergeordnete Rolle spielen: als Ehefrau des Herrschers, als Mutter des Thronfolgers, ein einziges Mal nur als Königin aus eigenem Recht.

Und doch sind viele dieser Königinnen in Erinnerung geblieben, haben auf ihre Art Geschichte geschrieben. Eine der interessantesten und zugleich undurchsichtigsten von ihnen ist Victoria Eugénie Julia Ena von Battenberg, genannt Ena, deutsch-britische Prinzessin, Enkelin von Queen Victoria und spätere Königin von Spanien.

Mit 18 Jahren Ehefrau von Alfons XIII

Als einzige Tochter wächst Ena (*24. Oktober 1887 auf Balmoral Castle, Schottland; †15. April 1969 in Lausanne, Schweiz) gemeinsam mit ihren drei Brüdern auf und genießt eine nicht nur für ihre Zeit sehr umfassende Bildung und Erziehung.

Bereits mit fünf Jahren liest und schreibt sie, spricht schon bald neben englisch auch deutsch und französisch, lernt Naturwissenschaften, Literatur, Latein und Geschichte.

Ihr Vater, Prinz Heinrich, unterrichtet sie in Politik und Philosophie. Victoria Eugénie ist außergewöhnlich intelligent und gilt außerdem als eine der hübschesten Prinzessinnen Europas.

Dennoch, so scheint es, ist eine standesgemäße Heirat die einzige „Karriere“, die Ena von Battenberg anstrebt oder die ihre Eltern für sie vorgesehen haben.

Denn schon mit 18 Jahren ist die junge Prinzessin als Ehefrau des Bourbonen Alfonso XIII Königin von Spanien. Dem König, der schon als Regent auf die Welt kam, weil sein Vater vor seiner Geburt starb. Dem jemand das Märchen von der Zahnmaus aufschrieb.

Und der zwar kein brillanter König war, aber immerhin die Metro in Madrid einweihte und das erste spanische Hotel mit fließendem Wasser.

Unglückliche Ehe, untreuer Gemahl

Die Ehe der beiden steht unter keinem guten Stern: Königinmutter Maria Cristina findet die Prinzessin wenig standesgemäß und macht sich Sorgen, Ena könne die in ihrer Familie verbreitete „Bluterkrankheit“ an ihre Kinder weitergeben.

Und tatsächlich: Zwei ihrer sieben Kinder erkranken an Hämophilie und sterben früh.

König Alfons wusste um das Risiko und heiratete die schöne Braut trotzdem. Nun flüchtet er wie schon sein Vater in viele Affären und zeugt mehrere uneheliche Kinder.

Soziale Unruhen, Königspaar auf der Flucht

In dieser Zeit steht Spanien bereits kurz vor einem Bürgerkrieg. Das Land hat bis auf Kuba, Puerto Rico und die Philippinen bereits fast alle Kolonien verloren. Doch auch dort ist es unruhig: Die Bewohner leiden unter der hohen Steuerlast und der mangelnden Teilhabe an Verwaltung und Politik.

Im Kampf gegen marokkanische Aufständische wird die spanische Armee zudem vernichtend geschlagen. Spanien verliert 1898 seine letzten Kolonien und steht vor dem Ruin.

Die sozialen Unruhen bekommt selbst die vorübergehende Militärdiktatur unter General Primo de Rivera nicht in den Griff. So kommt es schließlich zur Proklamation der Zweiten Spanischen Republik im April 1931.

König Alfons XIII. muss mit Ena und seiner Familie das Land verlassen, verzichtet jedoch Zeit seines Lebens nicht auf den Thron.

Nach 1941: Ena als Grande Dame im Exil

Und Königin Ena? Bilder aus dieser Zeit zeigen sie immer makellos schön, exquisit gekleidet, elegant und beherrscht. Sie ist - wie auch ihr Ehemann - eine strahlende Erscheinung der Belle Epoque, zeigt sich bei Ausstellungspremieren,

im Kreise ihrer Familie oder im Gespräch mit General de Rivera. Wie sehr sie ihre unglückliche Ehe bekümmert oder ob überhaupt, lässt sich nicht sagen.

Und als König Alfons sein Land verlassen muss und ins Exil flieht, geht sie mit ihm. Erstaunlich, so scheint es, denn das Königspaar geht schon seit langem getrennte Wege.

Erst nach Alfons‘ Tod 1941, lässt sich Königin Ena in Lausanne nieder und pflegt nun dort ihr Image als echte Diva.

Juwelen für Enkel Juan Carlos und Sofía

Haltung, Pflichtgefühl und der unbeirrbare Glaube an die Monarchie sind es wohl, die Victoria Eugénie Julia Ena von Battenberg Zeit ihres Lebens angetrieben haben.

So hat sie Teile ihres wertvollen Schmucks verkauft, um die Hochzeit ihres Enkels Juan Carlos mit der griechischen Prinzessin Sofía zu finanzieren. Jenem Juan Carlos, den General Franco zu seinem Nachfolger bestimmt und der als König Juan Carlos I.

1975 den spanischen Thron besteigt. Ein weiterer Bourbone ist König von Spanien, die Ordnung wieder hergestellt. Und auch dieser König ist ein Frauenheld, stolpert über seine Affären und bringt sich als Elefantenjäger mitten in der Wirtschaftskrise bei seinen Untertanen in Verruf.

Regiert bald wieder eine Königin?

Seine Frau, Königin Sofía, kann sich durchaus mit ihrer Schwieger-Großmutter messen: gebildet, elegant, pflichtbewusst. Auch Sofía ist die Frau hinter dem Thron, die die Liebesabenteuer ihres Mannes stoisch erträgt.

Die das Protokoll des spanischen Hofes akzeptiert, sogar befürwortet. Und die dafür sorgt, dass ein weiterer Bourbone den spanischen Thron besteigt: ihr Sohn Felipe, seit 2014 König Felipe VI.

Königin Letizia, seine Ehefrau, ist übrigens eine Bürgerliche und war ihrer blaublütigen Schwiegermutter als künftige spanische Königin gar nicht recht.

Zu schwierig, so meinte Sofia, sei die Rolle als Frau an der Seite des bourbonischen Monarchen ohne adeligen Hintergrund. Aber die schöne Letizia meistert diese Rolle mit majestätischer Disziplin, Anmut und Eleganz. Und sie hat dafür gesorgt, dass sich etwas ändern wird in der königlichen Erbfolge der Bourbonen:

Ihre Tochter, Prinzessin Leonor de Todos los Santos de Borbón y Ortiz wird, wie es aussieht, die nächste spanische Königin. Nicht als Ehefrau oder Regentin, sondern als Königin aus eigenem Recht und Anspruch. Es sei denn, sie bekommt doch noch einen Bruder…

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