Scheuer Verführer: Álvaro Morte

Dunkler Anzug. Schneeweißes Hemd. Der oberste Knopf geöffnet. Die Haare sorgfältig verwuschelt. Fünftagebart. Spaniens Schauspieler und Regisseur Álvaro Morte gibt gerne den eleganten Bad Boy. Den echten Menschen hinter dem Star-Image kennen aber nur wenige.

Ein Porträt von Florence Randrianarisoa

Álvaro Antonio García Morte (*1975), besser bekannt als El Profesor aus der spanischen Erfolgs-Serie „Haus des Geldes“, zeigt sich gerne im lässigen Hemd. Der Anzug sitzt perfekt, die Zähne sind strahlend weiß. Fehlt nur noch ein verschmitztes Lächeln, um den Look des verführerischen Bad Boys perfekt zu machen.

Doch der gebürtige Spanier hält nichts von Klischees. Sein Blick ist undurchdringlich und scheu. Ein Hauch von Melancholie umspielt die symmetrischen Gesichtszüge des heute weltweit bekannten Schauspielers.

Mit Anfang 40 plötzlich die ganz große Bühne

Eigentlich soll er Ingenieur werden. Sein Vater, selbst Unternehmer, will es so. In Algeciras, einer beschaulichen Hafenstadt in Andalusien, ist das bestimmt auch ein ehrbarer Beruf.

Doch Morte bricht mit den Konventionen, geht nach Finnland und schlägt sich dort als Lehrer durch. Bis zum berühmten Profesor ist es aber noch ein weiter Weg. Morte startet seine Karriere als Schauspieler 1998 im spanischen Fernsehen. Zu sehen ist er dort zunächst nur in kleinen Nebenrollen.

So zum Beispiel in zwei Folgen der Serie „Hospital Central“. Diese Jahre sind noch nicht von namhaftem Erfolg gekrönt. Kaum zu glauben, wenn man bedenkt, dass sein Gesicht heute dank Antena3 und Netflix buchstäblich auf der ganzen Welt bekannt ist. „Ich bin in London in Chinatown spazieren gegangen und alle zwanzig Schritte sprach mich jemand an, aus Australien, Dakar, Argentinien, Kanada, Polen.

Es ist abgefahren“, sagt er der Süddeutschen Zeitung. Dabei kommt der internationale Durchbruch erst 2017. Da ist der charismatische Schauspieler bereits Anfang 40. Ungewöhnlich „alt“, sind heutzutage doch vor allem jugendliche Gesichter auf den roten Teppichen dieser Welt zu sehen.

Zwischen Show und Schicksal

Morte weiß jedoch um die Vergänglichkeit und Schnelllebigkeit des Show-Business. Überhaupt scheint er kein Mensch zu sein, der sich allzu schnell blenden lässt. Und auch keiner, der blendet.

Hinter seiner Arbeit steckt wahres Können, tiefe Leidenschaft. Auf seinem Instagram-Profil zeigen sich nicht Glanz und Glamour des Schauspieler-Daseins, sondern ein gewöhnlicher Mann, der das Meer, andalusische Reispfanne, Ehefrau Blanca und vor allem die gemeinsamen Kinder Julieta und Leon liebt.

Diese Bodenständigkeit mag einer schweren Erkrankung geschuldet sein. Mit 30 wird bei Morte ein bösartiger Beintumor diagnostiziert. Die Ärzte geben ihm nur wenige Monate zu leben. Ein einschneidender Punkt im Leben des Morte, der fundamentale Fragen aufwirft. Doch auch dieses Mal folgt der Schauspieler und Regisseur seinen Träumen und Überzeugungen und besiegt letztlich den Krebs.

Die Krankheit habe ihn gelehrt, jeden Moment zu genießen, sagt er dem Online-Magazin El Federal. Und vielleicht ist es jener Schicksalsschlag, der seinen Charakteren die intensive Tiefe und starke Ausdruckskraft verleiht – das eigentliche Geheimnis hinter dem Bad-Boy-Image.
 

Die Autorin

Florence Randrianarisoa liebt Andalusien und tanzt leidenschaftlich gerne Flamenco. Sie hat Humanmedizin, Medienkulturwissenschaft und Medienmanagement an der Universität zu Köln und der Universität La Sapienza in Rom studiert.

Heute lebt die promovierte Ärztin in Köln, betreibt ihren YouTube-Kanal Doctor Flojo Thema Medizin und Gesundheit und gehört zum Mitarbeiterteam von Quarks (WDR).

Ihre Mission: Menschen medizinische Themen näherbringen, um deren Wissen und Entscheidungsfreiheit zu fördern.