Aus Fabrik wird Kunst: Moderne Museen in Spanien
In Spanien verwandeln sich immer mehr stillgelegte Industrieanlagen in Museen und Kulturzentren. Nach millionenschweren Umbauprojekten und den Plänen namhafter Architekten.
von Isabelle Borner
Prominente Beispiele wie das CaixaFórum in Barcelona, der Matadero in Madrid oder das Azkuna Zentroa in Bilbao beweisen, wie gut sich historische Industriearchitektur mit modernen Kunstkonzepten vereinbaren lässt.
CaixaForum Barcelona
Nur wenige Schritte vom Montjuïc-Berg entfernt, ist das ehemalige Gelände der Textilfabrik Casaramona seit 2002 nach jahrzehntelanger Schließung erstmals wieder für das Publikum zugänglich.
Das historische Werk des Architekten Josep Puig i Cadafalch, Vertreter des katalanischen Jugendstils (Modernisme) und bekannt für die Casa Amatller, gibt es schon seit 1911.
Nach nur wenigen Jahren stellte die damals hochmodern ausgestattete Textilfabrik ihre Produktion bereits 1919 wieder ein. Bis zur Entstehung des heutigen CaixaForum Barcelona sollten allerdings noch viele Jahre vergehen.
Zwischenzeitlich fungierte der Industriebau aus Backstein und gusseisernen Ornamenten als Lagerraum für die Weltausstellung von 1929, später auch als Stall und Garage für die Polizei.
1963 erwarb schließlich die Sparkasse La Caixa die frühere Fabrik. Danach war es lange Zeit still um das denkmalgeschützte Areal.
Erst 1992 gab es Pläne, aus der Fabrik einen Raum für Kunst und Kultur zu machen. In den folgenden Jahren wurde das Gelände bis zur Eröffnung 2002 nach den Plänen namhafter Architekten umgebaut und erweitert.
In den Innenräumen dominiert nun eine moderne Architektur mit klaren Linien, weiß verputzen Wänden und hohen Decken aus Glas, die sich klar vom historischen Backsteingebäude abgrenzt und dennoch harmonisch ins Gesamtbild einfügt.
Mit einer neuen unterirdischen Halle erstreckt sich die Ausstellungsfläche auf nunmehr 3000m². Die Besucher erwartet dort neben Wechselausstellungen u.a. auch Workshops, Performances und Konzerte.
Matadero Madrid
Angelegt auf ursprünglich 48 Gebäudeeinheiten auf einer Fläche von über 165.000m² war der alte Schlachthof von Madrid wie ein eigenes, kleines Dorf konzipiert.
Ursprünglich beherbergte es neben dem eigentlichen Schlachthof auch Wohnraum für das Personal, Verwaltungsbüros und einen Großmarkt inklusive eigenem Schienennetz.
Ende des 19. Jahrhunderts war die Hygiene mancher Schlachthöfe wie auf dem Rastro so miserabel, dass die Stadt hier einen neuen Standort für einen moderneren Schlachthof gesucht hatte.
1911 starteten die Bauarbeiten in Arganzuela am Ufer des Manzanares, damals noch im südwestlichen Randgebiet der Stadt. Nach Abschluss des aufwändigen Bauprojektes nach den Plänen von Luis Bellido y González nahm der Schlachthof im Jahre 1924 seinen Betrieb auf.
Ab den 1970er Jahren wurden jedoch allmählich immer mehr Gebäudeteile für andere Zwecke genutzt und teilweise umgebaut, bis der Schlachtbetrieb 1996 schließlich dicht machte.
Die Künstler der Compañía Nacionál de Danza und das Ballet Nacionál de España probten inzwischen in den ehemaligen Rinderställen und in der ehemaligen Kartoffel-Lagerhalle (nave de patatas) entstand ein Gewächshaus.
Heute heißt es Palacio de Cristal de la Arganzuela. 2005 entschied die Madrider Stadtverwaltung schließlich über die Zukunft des alten Matadero als Kulturzentrum.
Zahlreiche Gebäude und stillgelegte Lagerhallen zeigten sich bereits 2007 in neuem Gewand.
Heute vereint der Matadero Ausstellungshallen für zeitgenössische Kunst und Design, Produktionsstätten für Künstler, Theaterbühnen, ein Kino, Büroräume für Unternehmensgründer der Kreativwirtschaft und ein Literaturhaus.
Azkuna Zentroa Bilbao
Seit 2010 ist Bilbao neben dem international bekannten Guggenheim-Museum um eine Attraktion reicher. Nachdem das alte Weinlagerhaus an der Plaza Arriquíbar in den 1970er Jahren seine Aktivität in eine neue Stätte verlagerte, stand das Werk des Architekten Ricardo Bastida, eines der repräsentativsten Gebäude der Stadt, lange Zeit leer.
Für das neue Kulturzentrum Azkuna blieb die modernistische Originalfassade von 1909 vollständig erhalten, die neuen Innenräume gestaltete der französische Stararchitekt Philippe Starck.
Hinter einem großen, lichtdurchfluteten Foyer erheben sich nun drei große Gebäudeblöcke aus Backstein mit bogenförmigen Fenstern. Gestützt werden die Blöcke durch 43 verschieden gestaltete Säulen des italienischen Künstlers Lorenzo Baraldi, die die Geschichte der Menschheit nacherzählen.
In den Gebäudeblöcken befinden sich Sport- und Fitnessräume mit Schwimmbecken, eine Bibliothek, eine Mediathek und Lesesäle. Im Untergeschoss befinden sich mehrere Kinosäle, ein großer Ausstellungsraum sowie ein Auditorium.
Auch sehenswert:
La Fábrica de Luz in Ponferrada: Ehemaliges Elektrizitätswerk, heute Museum für Energie.
Tabakalera in San Sebastián: Ehemalige Tabakfabrik, heute Kulturzentrum mit Ausstellungsräumen, Bibliothek, Kino, Künstlerresidenzen und Restaurant.
CaixaForum Madrid: Ehemaliges Elektrizitätswerk, heute Kunstmuseum mit Konferenzräumen.