Álex de la Iglesia: Spaniens Regisseur im Porträt

Er gilt als enfant terrible des spanischen Films. Regisseur Álex de la Iglesia ist bekannt für seine schrägen Horrorfilme mit parodistischen Elementen und schwarzem Humor. Porträt eines vielschichtigen Mannes.

Von Sarah Brender

Markante dunkle Augen, dicke schwarze Hornbrille, Vollbart. Álex de la Iglesia kann beeindruckend düster blicken oder ansteckend breit grinsen. Beide Stimmungen fängt der Regisseur und Drehbuchautor auch in seinen Filmen ein.

Ein baskischer Comicfan

Geboren wurde er am 4. Dezember 1965 als Alejandro de la Iglesia Mendoza in der baskischen Industrie- und Hafenstadt Bilbao, Hauptstadt der Provinz Bizkaia.

Schon im Alter von zehn Jahren zeichnete er begeistert Comics. Dabei war er von seinen Vorbildern, den US-amerikanischen Comiczeichnern Alex Raymond, Stan Lee und dem Spanier Manuel Vázquez beeinflusst.

Er studierte Philosophie an der Universität von Deusto und arbeitete zunächst als Comiczeichner, Szenenbildner und Art-Director, bevor er anfing, selbst Filme zu drehen. Durch seinen ersten Kurzfilm, „Mirindas asesinas“ (1991), wurde Pedro Almodóvar auf ihn aufmerksam, der seinen ersten Langfilm produzierte.

Schräge Kult-Horrorfilme und Science-Fiction-Splatter

De la Iglesias Filme sprengen Genregrenzen, scheuen Trash nicht und brechen Konventionen. Sein Debüt-Langfilm ist der irrwitzige Science-Fiction-Splatterfilm „Aktion Mutante“ von 1992. Álex de la Iglesia übernahm bei dem Film sowohl die Regie als auch das Drehbuch.

Der anarchische Film handelt von einer Gruppe verkrüppelter Terroristen, die sich gegen die Schönen und Reichen auflehnen. Die überdrehte Körperkult-Kritik kam an, der Film erlangte in Spanien Kultstatus und gewann 1993 drei Goyas. De la Iglesias zweiter Film „El día de la bestia“ (Der Tag der Bestie) von 1995 fiel nicht weniger schräg aus.

Er erzählt die Geschichte eines baskischen Priesters (Álex Angulo), der die Wiedergeburt des Antichristen verhindern will und deshalb auch tötet. Der bizarre Film gewann 1996 sechs Goyas, einer davon ging für die beste Regie an de la Iglesia.

Nichts für schwache Nerven: Perdita Durango und La Comunidad

Das Gangster-Roadmovie „Perdita Durango“ (1997) mit der Schauspielerin Rosie Perez und Javier Bardem in seiner wohl schrägsten Rolle als Santeria-Priester zeichnet sich durch die Iglesia-typisch aberwitzige Handlung und drastische Szenen aus. Wegen der gewalttätigen Bilder wurde der Film kritisiert, erhielt aber einige Filmpreise.

Die Mischung aus schwarzhumoriger Komödie und Psychothriller, „Allein unter Nachbarn“ (La Comunidad, 2000), erhielt 15 Nominierungen für den Goya und gewann schließlich drei. Carmen Maura erhielt für den Film sowohl den Goya als beste Hauptdarstellerin als auch beim Internationalen Filmfestival von San Sebastián den Preis als beste Schauspielerin.

Es folgten Filme wie die spanisch-italienische Krimikomödie mit dem verspielten Titel „Ein ferpektes Verbrechen“ (2004) und die spanisch-französische Tragikomödie „Mad Circus - Eine Ballade von Liebe und Tod“ (2010, sichtbar auf netflix). Die Hexenhorrorkomödie „Witching & Bitching“ von 2013 setzte stark auf Klamauk und erhielt deshalb kritische Rezensionen.

Ehe mit der schönen Schauspielerin Carolina Bang

In einem Interview Ende der neunziger Jahre sagte de la Iglesia mit Blick auf seine Filme, dass er wahrscheinlich am ehesten in die Tradition des schlechten spanischen Films gehöre.

Selbstironisch ist er also in jedem Fall, und auch sonst scheint Álex de la Iglesia ein durchweg unprätentiöser Typ zu sein. Von seinem Privatleben ist wenig bekannt.

Von 1997 bis 2010 war er mit Amaya Díez verheiratet, mit der er zwei Kinder hat. 2014 heiratete er in der katalanischen Stadt Girona die rund 20 Jahre jüngere spanische Schauspielerin Carolina Bang, die in seinem Film „Mad Circus“ die weibliche Hauptrolle spielte und als eine der schönsten Frauen Spaniens gilt.

Real-Fans verletzen den Regisseur mit einer Whiskey-Flasche

Álex de la Iglesia war lange Zeit eigentlich kein Fußballfan. Und das hat wohl auch mit einem unangenehmen Vorfall beim Besuch des Stadions seiner Heimatstadt Bilbao zu tun, von dem er in einem Interview erzählte: Nach dem Besuch eines Spiels von Athletic Club Bilbao gegen Real Madrid wurde de la Iglesia von Ultras der Madrilenen mit einer zerschlagenen Whiskey-Flasche verletzt und die Wunde mit mehreren Stichen genäht. Seither hatte er wohl zunächst mit dem Thema Fußball abgeschlossen, denn er sagte 1998 im Interview mit dem Filmmagazin artechok.de: „Darum erinnere ich mich mein Leben lang an dieses Spiel, aber zugleich geht mir seitdem Fußball endgültig am Arsch vorbei.“

Film über Weltfußballer Lionel Messi

2014 ist trotzdem ein Projekt am Start, bei dem es um Fußball geht. Es klingt nach etwas komplett Neuem und Unerwartetem vom Regiemeister Álex de la Iglesia: Ein Dokumentarfilm über den Werdegang des Fußballers Lionel Messi.

Die Dreharbeiten in Rosario, wo der viermalige Weltfußballer und Spieler des Spitzen-Klubs FC Barcelona 1987 geboren wurde, fanden Anfang 2014 statt. Als Drehbuchautor des Films mit von der Partie ist der argentinische Trainer und ehemalige Fußballer Jorge Valdano. Mit Maradona, Johann Cruyff, Cesar Luis Menotti und Andres Iniesta kommen außerdem wichtige Fußballgrößen zu Wort.

Einen vielversprechenden Trailer des Films, der Spielfilmszenen mit Dokumentarszenen mixt, gibt es auf Spanisch bereits. In Rio de Janeiro hatte der Film im Juli 2014 Premiere. Die neue Regiearbeit zeigt die überraschende Wandlungsfähigkeit des Regisseurs.

Episodenfilm Words with Gods

De la Iglesia ist Teil eines weiteren neuen Projekts: „Words with Gods“ (2014) basiert auf dem Konzept des Mexikaners Guillermo Arriaga. In neun kurzen Episoden befassen sich jeweils unterschiedliche Regisseure mit verschiedenen Glaubensrichtungen, den Soundtrack lieferte Peter Gabriel.

Als Berater im kreativen Prozess mit von der Partie war auch der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa. Iglesias Filmbeitrag trägt den Titel „The Confession“ und setzt sich mit dem katholischen Glauben und der Vergebung von Sünden auseinander. Der insgesamt zweistündige Episodenfilm ist gleichzeitig der erste von vier Teilen in der geplanten Filmanthologie „Heartbeat of the World“.

Die Premiere für „Words with Gods“ ist für den 30. August 2014 beim Venice Film Festival angekündigt. Was wohl das nächste Projekt des vielseitigen de la Iglesia sein wird? Der Kult um Álex de la Iglesia ist in jedem Fall noch lange nicht vorbei, das zeigt ein Blick auf seinen seit 2009 bestehenden Twitter-Account, der rund 386 Tausend Follower zählt. Kein Wunder – der Mann traut sich etwas und wird seinen Fans hoffentlich noch viele außergewöhnliche Filme schenken.

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