Aznars kruse Thesen
José María Aznar, der ehemalige spanische Ex-Regierungschef, wollte 2012 die Geschichte umschreiben. Ihm zufolge putschte Franco nicht 1936 gegen die Zweite Republik, sondern es waren die Katalanen, die den Spanischen Bürgerkrieg schon 1934 lostraten.
von Marcos Fernández Vacas
Manch ein Politiker zeigt in Krisenzeiten seine wahre Gesinnung. Die politischen Reibereien um die vergangene Wahl in Katalonien nutzt Aznar, der von 1996 bis 2004 Ministerpräsident des demokratischen Spaniens war, um ultrarechte Positionen unters Volk zu bringen.
Öffentlich betreibt er historischen Revisionismus, indem er den Verlauf des Spanischen Bürgerkrieges ändern und den Staatsstreich Francos 1936 verklären will.
Aznar: Katalanen haben Bürgerkrieg herbeigeputscht
Aus Anlass der Veröffentlichung seiner Biographie Memoria I, hat José Maria Aznar dem Programm Herrera en la onda des Radiosenders Onda Cero ein Interview gegeben.
Er bezieht sich auf einen Artikel der digitalen Ausgabe von El País. Die Schlagzeile lautet: „Aznar nimmt den Spanischen Bürgerkrieg, um die katalanische Situation zu erklären“.
In seinen Ausführungen unterstützt er die Thesen des ultrarechten Historikers Pío Mora. Demnach habe die Generalitat de Cataluña 1934 gegen die legitime Regierung der II. Republik geputscht und nicht 1936 General Franco.
Ganz im Gegenteil: Der Caudillo ist für ihn der Retter eines von bösen Mächten bedrohten Landes.
Dumm, wenn man auf einen Redaktionsfehler reinfällt
Aznar spricht der Tageszeitung El País seinen Dank aus, denn dies „ist eine historische Neuigkeit für die traditionellen Standpunkte eines Teils der spanischen Linke“.
Dabei ist die Schlagzeile von El País nur in einer ersten Version so zu lesen gewesen, wie Aznar sie aufnimmt. Nach kurzer Zeit wurde sie geändert und der Begriff „Spanischer Bürgerkrieg“ taucht gar nicht mehr auf.
Francesco Manetto, Autor des Artikels und ledienschaftlicher Aznar-Gegner, hat offensichtlich einen Redaktionsfehler begangen und ein Zitat zu 1934 als Aussage zum Bürgerkrieg 1936 interpretiert.
Jedoch kein Problem für Aznar, der gerne den (falschen) Aufhänger nutzt, um seine Ansichten auszuplaudern.
Historiker Pío Mora leugnet Franco-Diktatur
Der Historiker Pío Mora bezichtigt die PSOE und Esquerra, 1934 den Krieg begonnen zu haben. Nicht etwa, weil die Gefahr des Faschismus bestand, „sondern weil sie von einem Sieg ausgingen“.
Mit solchen Aussagen macht er sich in der rechten Szene besonders beliebt. Seine Lieblingsbemerkung ist die Leugnung der Franco-Diktatur. Für ihn ist der Franquismus die Wiege der Demokratie – nicht der totalitäre und terroristische Anti-Franquismus.
Zwei windige Biographien
Erstaunlicherweise war dieser Mann selber Anti-Franquist, Mitglied der Kommunistischen Partei und der Terrorbande GRAPO. Aus dieser musste er 1977 ausscheiden. Aznar ist zumindest konsequenter.
Schon in frühen Jahren ist er bei den extremistischen Falangistas Independientes und in den 1970er Jahren in der faschistischen Falange Española aktiv. In dieser Zeit hat er sich öffentlich gegen den Wandel zur Demokratie ausgesprochen. Zwei erstaunlich windige Biographien.