PRISA: Spaniens Medienkonzern driftet nach rechts
Prisa heißt so viel wie schnell. Und schnell hatte sich der Medienkonzern seit seiner Gründung 1972 zur führenden Medienmacht Spaniens entwickelt. Doch in den letzten Jahren wächst die Kritik. Das traditionell linke Profil wird maroder. Inzwischen hält sogar ein Sultan aus Katar Anteile an dem einstigen Lebenswerk von Jesús Polanco.
von Tobias Büscher
Sie nannten ihn Jesús del Gran Poder, Jesus den sehr Mächtigen. Jesús Polanco (1929-2007) war einer der einflussreichsten Spanier nach Francos Tod im Jahr 1975. Er hatte bereits drei Jahre zuvor PRISA gegründet.
Und an der neuen Freiheit in Spanien verdiente er ordentlich mit. Er hielt mit 62 Prozent die Mehrheit am Medienkonzern und galt als Financier der Sozialisten unter Felipe González.
Er lenkte Zeitungen wie El País und Cinco Días genauso wie Radiosender vom Typ Los 40 Principales. Der vorübergehend reichste Mann des Landes war ein Linker mit viel Geld.
Heute müsste er sich im Grab umdrehen, denn sein Lebenswerk kriselt. PRISA schwächelt. Und die neuen Teilhaber sind jetzt so konservative Banken wie Bankia, La Caixa und Santander ... und ein Sultan aus Katar namens Ghanim al-Hodaifi al Kuwari.
Der hat über eine Internationale Mediengruppe der Süddeutschen zufolge 75 Millionen Euro in PRISA investiert. Und hält dadurch seit Februar 2015 zehn Prozent Anteile an dem Konzern. Die Folgen sind so erheblich wie unübersehbar.
Der linke Redaktionschef geht, der Ägyptenkorrespondent auch
Als 2014 der beliebte Journalist Javier Moreno seinen Chefsessel bei El País räumen musste, hatten die Banken Santander und Co ihren Einfluss bei PRISA bereits deutlich erhöht. Und die konnten viel besser mit dem Washingtonkorrespondenten von El País.
Was geschah? Der Mann namens Antonio Cano ersetzte Moreno tatsächlich. Er war lange der Chef von El País, inzwischen ersetzt durch Pepa Bueno. Ein anderer Korrespondent der Zeitung machte weniger Karriere. 2015 musste der Ägyptenreporter Ricard González plötzlich das Land verlassen und zurück nach Madrid.
Seine kritischen Texte seien für ihn zu gefährlich geworden, hieß es. Katar und Ägypten mögen sich. Der Sultan von Katar hat sich bei PRISA eingekauft. El País gehört zu PRISA.
Der regierungskritische Journalist muss Kairo verlassen. Alles klar? Das ist viel zu durchsichtig für ein intelligentes Medienunternehmen.
Der Crash kam 2008
Vielleicht hätte PRISA sich weniger verbogen, wenn es 2008 nicht zu einer heftigen Krise im Konzern gekommen wäre. Das Kapital soll damals in der Wirtschaftskrise um die Hälfte eingeschmolzen sein. Inzwischen liegen die Schulden bei drei Milliarden Euro.
Auch und gerade El País leidet darunter. Erst sank die Auflage im Print von 435.000 verkauften Exemplaren auf inzwischen 74.300 (Stand 2021), dann versuchten es die Redakteure vergeblich mit Onlineartikeln gegen Bezahlung und schließlich wurden viele von ihnen entlassen.
Vertreten in 22 Ländern, verbogen in Spanien selbst
PRISA versucht sein Glück längst im Ausland, um dem Bankrott zu entgehen. Das Unternehmen ist mit TV, Print und Radio in 22 Ländern investiert und dominiert vor allem den Zeitungsmarkt in Argentinien.
Den Spaniern nutzt das wenig. Austausch-Journalismus kennen sie schon, weil jede neue Regierung die Redakteure in den staatlichen Medien ersetzt, um eine einwandfreie Hofberichterstattung zu erleichtern.
Doch PRISA ist kein Vierjahresprojekt. Mit dem Unternehmen sind viele Spanier groß geworden, die nach der langen Franco-Diktatur ein liberales, ein linkes Land haben wollten. Es waren Anwälte, Schriftsteller, Filmemacher, die El País lasen und PRISA als Garant gegen die ewig Gestrigen wahrnahmen.
Und sich jetzt nur noch die Augen reiben können. Die politisch-kulturelle Aura der 90er Jahre ist nun endgültig vorbei. Der Medienkonzern PRISA ist heute fast schon das Gegenteil von damals: Ehemalige Fans sehen in ihm nur noch den Medienkonzern des Sultans und der Santanderbank.
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