Spaniens Musikszene

David Bisbal und Estopa, El Sueño de Morfeo und Jarabe de Palo. Das sind Stars der spanischen Musikszene. Doch einen übertreffen Sie in Sachen CD-Verkauf niemals: Spaniens Musiker und Schmachtsänger Julio Iglesias. Ganz anders agiert Manu-Chao-Freundin Amparo Sánchez. Und für immer in Erinnerung bleibt Flamenco-Star Paco de Lucía. 

Spaniens Musikerinnen Mercedes Peón und Susana Seivane mit ihrer Gaita kennen bei uns die wenigsten. Dafür einen umso mehr: Über 250 Millionen Schallplatten hat Julio Iglesias bis heute weltweit verkauft, eine Karriere, die seinesgleichen sucht. „Ich habe seit Jahrzehnten jeden Tag Sex“, verkündet er schon mal, und spricht Reporterinnen lächelnd mit „Darling“ an.

Unschlagbar! Dagegen haben es die Straßenmusiker Spaniens in vielen Gegenden schwer. In Madrid mussten sie sich von 2013 bis 2015 sogar einem Casting unterziehen.

Die Jury bestand dabei nicht etwa aus Typen wie Bohlen, sondern aus Beamten des städtischen Musikarchivs. Erst Madrids linke Bürgermeisterin Carmena machte schließlich Schluss mit der Regel.

Und eine solche hat Alvaro Soler gar nicht nötig. Der Halbspanier ist der neue Star der Popmusik. In Spanien stürmt er die Charts, in Italien auch, nur hier hat er noch nicht so viele Fans.

Noch weniger nötig übrigens hat die coole Band Nuevo Plan Hits im Internet. Die Band aus Ferrol (siehe Aufmacherbild) spielt ausschließlich live.

Las Ketchup mischten die Szene auf

Doch dann tauchten 2002 plötzlich drei Schwestern aus dem Nichts auf und stahlen dem schmachtenden Barden massiv die Show: Las Ketchup.

Im schlechtesten Englisch sangen sie den Zungenbrecher Aserejé und landeten damit einen Sommerhit, der nicht nur den alternden Ladykiller Iglesias in den Schatten stellte, sondern auch Erfolgsbands wie Gipsy Kings, Toni Zenet, Chambao, David Bisbal, Los Planetas, Joaquin Sabina und Iglesias Sohn Enrique Iglesias, der mit seinem Vater um Gottes willen nicht in einem Atemzug genannt werden will.

Alberto Iglesias und die Filmmusik

Der Baske Alberto Iglesias gehört zu den erfolgreichsten Filmkomponisten seines Landes. Er hat mehrere Goya-Preise abgeräumt und arbeitet besonders gerne mit den Regisseuren Medem und Almodóvar zusammen. Hier unser Porträt

Flamenco-Pop von Alejandro Sanz

Aserejé war die Flamenco-Pop-Ver­sion eines alten Rap-Sounds und so erfolgreich, dass bald selbst in Deutschland so lyrische Sätze mitgesungen wurden wie: „Aserejé ja de jé de jebe an de bugi an de buididipí“.

Das hübsche, bis dato völlig unbekannte Trio Lola, Pilar und Lucía war vom Erfolg ihres Stücks so überwältigt, dass die vielen anschließenden Interviews oft in Gelächter ausarteten.

Der Sommerhit beschäftigte Sprachwissenschaftler und überraschte Musikproduzenten. Dabei lebt der Sound von einer Mischform, die in Spanien schon immer gut ankam: dem Flamenco-Pop.

Der Spanier Alejandro Sanz beispielsweise räumt in Los Angeles einen Latino-Grammy nach dem anderen ab. Und inzwischen stürmt auch Melendi die Charts, der mit rau-melodischer Stimme einen eingängigen Hit nach dem anderen landet.

Cigala und seine Lagrimas Negras

Ab und an mischt sich Flamenco nicht nur mit Pop, sondern auch mit kubanischen Klängen. 2004 erschien Lagrimas Negras („Schwarze Tränen“) von Bebo y Cigala. Der 1968 in Madrid geborene Flamencosänger Diego de Cigala wurde von Bebo Valdés am Piano begleitet, der 1918, immerhin vierzig Jahre vor Cigala, zur Welt kam. Der greise, lebhafte Kubaner stammt aus der Generation von Buena Vista Social Club und war in Havanna vo­rübergehend musikalischer Direktor des berühmten Kabaretts Tropical. Die Scheibe verkaufte sich so gut, dass selbst die Raubkopien auf Madrids Gran Vía nicht schnell genug nachgeliefert werden konnten.

Estopa: die Hitband im Dauerzustand

Unter den spanischen Top Ten findet sich auch immer wieder Estopa. Die Brüder David und José Muñoz verbinden leichte Anklänge an den Flamenco mit sattem Rock und katalanischem Rumba.

Es macht Spaß, dem ungeschliffenen Sound von Estopa zuzuhören, ganz zu schweigen von den satirischen Texten, die aber nicht einfach zu verstehen sind.

Tipp: Musik kaufen in Madrid

Wer gerade in Madrid ist und sich über das neueste aus der Musikszene informieren möchte, dem bietet das Kaufhaus FNAC (Metro Callao) viel Auswahl und Kopfhörer für Hörproben.

Rumba, Flamenco, Pop

Bands mit Kultcharakter hat Spanien en masse, auch die Flamenco-Sängerin und Freundin von Manu Chao: Amparo Sánchez. Gefragt ist der Mix aus Flamenco, Rumba, Latino und Pop, wie ihn Estopa, Melendi und auch Jarabe de Palo (Foto oben) präsentieren.

Deren Hit "La Flaca" hat sogar Superstars wie Alejandro Sanz und Enrique Iglesias beeindruckt. Frontmann Pau Donés (im Bild mit Bassistin Carmen und inzwischen verstorben), der schon mit der Kubanerin Celia Cruz auftrat, tourte längst durch Europa wie ein ganz Großer, geauso wie die schwarzhäutige Flamencosängerin Buika aus Mallorca.

Doch der größte Flamenco-Star weilt nicht mehr unter uns. Paco de Lucía verstarb 2014.

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