"Architekt der Leere"

Spaniens Bildhauer Eduardo Chillida im Porträt

Eduardo Chillida ist international so berühmt wie ein Picasso, Dalí oder Gaudí. Seine massiven Skulpturen stehen auf Felsen, in Parks und vor dem Bundeskanzleramt.

von Linda Ernenputsch

Monumental erheben sich die Windkämme in der Bucht von San Sebastián. Die unförmigen Eisengebilde wirken wie zu Urzeiten aus dem Stein heraus gewachsen. Mehr noch: Sie stechen hervor und fordern den Besucher zum Dialog auf. 

Die „Windkämme“ sind die bekannteste Skulpturengruppe des Basken Eduardo Chillidas (1924-2002), der als einer der besten Bildhauer des 20. Jahrhunderts gilt.

Er selbst bezeichnete sich viel bescheidener als „Architekt der Leere“. Das entsprechende Studium brach er zwar mit 23 Jahren ab, aber räumliche Formen blieben ihm sein Leben lang wichtig. Spaniens Architektenverband nahm in 1989 sogar zu sich auf.

Berlins Eisenarme

In Deutschland rückte Chillida im Jahr 2000 durch die Skulptur „Berlin“ in den Fokus der Öffentlichkeit. Die 5,5 Meter hohen und 87,5 Tonnen schweren Eisenarme vor dem Bundeskanzleramt greifen ineinander und symbolisieren Trennung und Wiedervereinigung.

Politik allerdings war für den bekennenden Humanisten aus San Sebastián immer zweitrangig: „Mich interessieren die Menschen mehr als ihre Ideen. Ich visualisiere die Politik durch die Menschen."

Entsprechend hat er sich zu Lebzeiten sehr für das Rote Kreuz und Amnesty International eingesetzt.

Ein Haus für Bach

Politik, Kunst und Wissenschaft inspirierten ihn genauso wie die Philosophen. So illustrierte er beispielsweise Martin Heideggers Buch „Die Kunst und der Raum“.

Als Sohn einer Sopranistin liebte er aber vor allem auch die Musik. Ihr räumlicher Charakter, sagte er einmal, sei seinen Skulpturen viel ähnlicher als die Malerei. In der Skulptur „Das Haus von Johann Sebastian Bach“ (1981) wird dies deutlich.

Die geschwungenen Formen der Plastik machen die Musik des deutschen Komponisten förmlich hörbar.

Das Meer als Meister

Sein größter Lehrmeister aber war das Meer. Chillida verbrachte den Großteil seines Lebens mit Ehefrau Pilar und den acht Kindern in San Sebastián, dessen Umland die Ausläufer der Pyrenäen und die Klippen des Atlantiks prägen.

„Das Meer war mein Meister und schon als Kind habe ich über die Windkämme nachgedacht, ohne zu wissen, dass ich einmal Bildhauer werden würde“. Chillidas grobe Formen wirken wie ein Zitat und fügen sich wohl gerade deshalb so gut in diese Gegend ein.

Ein Projekt blieb dem Architekten der Leere zu Lebzeiten aber nicht mehr vergönnt. Er wollte Höhlen und Gänge in den Berg Tindaya auf Fuerteventura eingraben. Die Umweltschützer gingen auf die Barrikaden und das Projekt ist bis heute nicht bewilligt.

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