Spaniens Olivenbäume

Mythische Aura, knorrige Gestalt. Olivenbäume sind steinalt, haben eine friedliche Symbolkraft, stehen im ganzen Mittelmeerraum und sind in Nordandalusien so häufig wie sonst nirgendwo auf der Welt. Sie wachsen vor allem in der Provinz Jaén Seite an Seite, andere wiederum stehen in Naturparks und auf Dorfplätzen. Und das teils schon seit mehreren Jahrhunderten.

Von Heike Pander

Die Sonne brennt heiß im andalusischen Sommer. Im gleißenden Licht breitet sich der prächtige alte Olivenhain vor meinen Augen aus. Eine uralte und noch von Hand aufgeschichtete Mauer aus Natursteinen umgibt die Bäume – es scheint fast, als hielte sie die Familie zusammen.

Eidechsen tummeln sich auf den warmen Steinen, Insekten summen in die träge Stille. Der Schatten lädt zum Verweilen ein. Ich setze mich unter einen der Bäume. Sein Stamm ist knorrig und schief – fast so, als würde er sich um seine eigene Achse winden. Nischen und Löcher hat er in seinem Stamm – woher die stammen mögen?

Trotzdem steht er fest und lebt. Mein Blick schweift in die dicht belaubte Baumkrone. Die Bewegung im Wind lässt die sonst graugrünen Blättchen silbrig schimmern.

Symbol des Friedens

Meine Gedanken wandern – zu den Wurzeln. Nicht den Wurzeln der Bäume, vielmehr weit zurück in die Geschichte, die den Baum mit der Menschheit verbindet. Heilig war er den Griechen im antiken Griechenland, früher auch als „Ölbaum“ bekannt. Ein Kranz aus seinen Zweigen galt als höchste Auszeichnung.

Nur Sieger Olympischer Spiele und verdiente Bürger kamen in seinen Genuss. Bei den Römern und im Nahen Osten war er sehr beliebt. In der Bibel wird Olea europaea, der Ölbaum, gleich mehrfach erwähnt. Die von Noah ausgesandte Taube kehrte nach der Sintflut mit einem Ölzweig im Schnabel ans Boot zurück.

Den Schnabel einer weiteren Taube ziert ebenfalls ein Ölzweig: der Friedenstaube. Den „Bezug“ des Ölbaums zum Frieden haben sich auch die Vereinten Nationen zu nutze gemacht: Ölzweige umfangen die Weltkugel – ein kraftvolles Symbol. Im Mittelmeerraum sind Olivenbäume weit verbreitet und werden seit Jahrtausenden kultiviert. Hauptsächlich ihrer Früchte, der Oliven, wegen erfreuen sich die Bäume großer Beliebtheit.

Aus ihnen gewinnt man Olivenöl. Olivenbäume wachsen langsam. Das macht ihr Holz, das nur für kleinere Gebrauchsgegenstände oder als Feuerholz verwendet wird, sehr teuer. Die Bäume werden bis zu 15 Meter hoch, sind vor allem in Plantagen jedoch meist kleiner.

Sie werden einmal im Jahr zurück geschnitten, damit sie klein bleiben und die Oliven leichter geerntet werden können. Olivenbäume werden sehr alt – mehrere hundert Jahre sind keine Seltenheit, über tausendjährige Exemplare sind bekannt. Trotzdem können sie wie junge Bäume viele Früchte tragen.

Oliven in Andalusien: das Gold der Region

Vor 2500 Jahren brachten die Phönizier den Olivenbaum nach Spanien. Heute gilt es als eines der Länder mit den meisten Olivenbäumen. Allein in Andalusien wachsen mehr als 300 Millionen Bäume mit Ernteerträgen von etwa 900.000 Tonnen Oliven.

Die Region, vor allem die Provinz Jaén, gilt als der größte Speiseöllieferant weltweit. Ein Baum reiht sich an den anderen, prägt das Landschaftsbild und beschert der Region ihr wirtschaftliches Auskommen.

Olivenernte im Winter

Olivenbäume blühen von Ende April bis Anfang Juni. Danach bilden sich die Oliven. Die Ernte der Früchte dauert von Oktober bis März. Dabei geht es alles andere als romantisch auf den großen Plantagen zu: unter den Bäumen liegen Netze. Maschinen rütteln die knorrigen Stämme. Arbeiter sammeln die Oliven auf.

Die Verarbeitung findet in modernen Fabriken zu „Virgen Extra“ und einfachem Aceite de Oliva statt. Olivenöl ist sehr beliebt als Bestandteil von kosmetischen Produkten. Oliven werden aber nicht nur ausgepresst, sondern auch eingelegt und gerne als Tapas verzehrt.

Das spanische Olivenöl ist qualitativ so hochwertig, dass es sogar nach Italien exportiert wurde – obwohl es selbst Oivenöl herstellt. Weniger schön war allerdings, dass das spanische Olivenöl umdeklariert und als italienisches Olivenöl weiterverkauft wurde. 

Zwischen Mystik und Monokultur

Der Anbau von Olivenbäumen in Monokulturen hat seine Tücken. Damit die in Reih und Glied stehenden Bäume ökonomisch gehegt, gepflegt und genutzt werden können, gibt es kaum anderen Bewuchs. Dies führt zu starker Bodenerosion zu deren drastischen Folgen Überschwemmungen zählen.

Für andere Pflanzen und wild lebende Tiere ist kein Platz. Zum Glück gibt es immer noch zauberhafte Orte wie diesen, der mir entspannte Stunden im Schatten der Olivenbäume ermöglicht hat. Langsam holt mich ein ganz menschliches Bedürfnis ein: Ich habe Hunger. Auf Oliven.

Die Autorin

Heike Pander ist reisebegeisterte Künstlerin und Ethnologin. Sie hat viele Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet. Ihr Herz schlägt für das südliche Afrika. Dort ist sie viel mit dem Motorrad und auch alleine unterwegs.

Auf ihren Reisen entdeckt sie ihre Motive für die Malerei und Stoff für ihre Geschichten. Seit einiger Zeit beschäftigt sie sich mit den Themen Online-Redaktion und Journalismus. baobabstories.com

Weitere Links

Olivenprovinz Jaén

Rezept mit Oliven