Spaniens Stauseen: Giganten für die Energiewirtschaft
Spaniens derzeit 356 Stauseen prägen das Land seit den 1950ern. Während des Franco-Regimes entstanden die meisten von ihnen, von Andalusien bis nach Galicien am Miño. Dort ist sogar ein ganzes Dorf im angestauten Wasser versunken. Und oberhalb rechtzeitig wieder aufgebaut worden.
von Tobias Büscher
Alles unter der Sonne. So lautete in den Anfängen des Tourismus der Werbeslogan in Spanien. Sonne bedeutet Trockenheit. Vor allem der Süden des Landes bekommt wenig Regen ab, die Flüsse sind im Hochsommer teils ausgetrocknet.
Während die nordspanische Flüsse Aragón, Ebro, Miño und Sil viel Wasser führen, sind die Ríos in Andalusien und der Extremadura im Hochsommer Rinnsale. Vom Guadalquivir einmal abgesehen, auf dem sogar Hochseeschiffe unterwegs sind. Schon deshalb gibt es auf dem spanischen Festland so viele Staudämme.
Sie sorgen neben der Energie auch für bessere Wasserreserven in den Staubecken. Kein Wunder, dass vier der zwölf größten Absperrbauwerke in der staubtrockenen Extremadura westlich von Madrid liegen. Insgesamt hat diese Region 28 Talsperren.
Spaniens größter Stausee: Embalse La Serena
Der größte Staudamm des Landes ist zeitgleich auch einer der jüngsten. Seit 1989 gibt es die Talsperre in Badajoz (Extremadura). Im 140 km² großen See staut sich eine Wassermenge aus dem Fluss Zúcar von bis zu 3,12 Mrd. Kubikmetern (m³). Ein einziger m³ entspricht 1000 Litern Wasser.
Die Stauseewand des Embalse La Serena ist 91 Meter hoch und 580 Meter lang. Und er ist einer der wenigen Stauseen, die nicht Franco (gestorben 1975) höchstpersönlich einweihte, sondern der spätere König Juan Carlos. Ansonsten sind fast alle Embalses unter dem Diktator entstanden, der sich stets als ein ausgesprochener Fan dieser Energietechnik darstellte.
Zum Vergleich, was die Größe des Serena betrifft: In Europa ist nur die portugiesische Talsperre Alqueva mit 4,15 Mrd. m³ größer. Deutschlands Talsperre Foggensee kommt gerade mal auf 168 Mio m³. Doch am meisten Wasser weltweit staut sich im Victoriasee: 204.800 m³
Große Talsperren, große Unglücke
Zu den weiteren riesigen Stauseeanlagen gehören Alcántara mit 3.160 m³ (Provinz Cáceres), Almendra mit 2.586 m³ (Salamanca), Buendía mit 1.639 m³ (Guadalajara), Mequinenza mit 1.533 m³ (Zaragoza), Cijara mit 1.505 m³ (Badajoz), Villacañas mit 1.446 m³ (Cáceres), Ricobayo 1.200 m³ (Zamora) und Alarcón mit 1.112 m³ (Cuenca).
Der Bau von Staumauern ist gefährlich. Vor allem wenn sie brechen, besteht Lebensgefahr. In Spanien haben Architekten und Ingenieure gute Arbeit geleistet, dennoch gab es Unfälle. Als 4000 Arbeiter 1965 den Embalse de Torrejón de Rubio bei Plasencia errichteten, kamen durch einen Bruch bis zu 100 ums Leben.
Bereits 1959 war der Damm von Vega de Tera bei Zamora gebrochen, wodurch 144 Anwohner in den Fluten umkamen. Als Konsequenz aus solchen Katastrophen hat die spanische Regierung die Vorschriften für Bau und Sicherheit immer weiter verschärft, zuletzt 2008.
Günstiger als Entsalzungsanlagen
Die großen Unterschiede in Sachen Wasservorrat zeigen sich vor allem an der Mittelmeerküste zwischen Murcia und Almería. Der Gemüseanbau unter Plastikplanen benötigt sehr viel Wasser. Es gab schon Vorschläge, das Wasser des nördlichen Ebros hierhin durch Rohre zu leiten.
Inzwischen ist die Carboneras-Entsalzungsanlage in Südspanien in Betrieb. Doch Experten verweisen darauf: Entsalzen ist bis zu 30 Prozent teurer als das Stauen.
Das zeigt sich auch an den Kanarischen Inseln, wo inzwischen über 300 Entsalzungsanlagen in Betrieb sind. Denn von Süßwasserflüssen wie in Nordspanien können die Bewohner von Fuerteventura, Gran Canaria und Co nur träumen.
Die kuriose Geschichte des Embalse de Belesar
Weit ab von den trockenen Gebieten der Extremadura und Andalusiens liegt der Embalse de Belesar in Galicien am Rio Miño. Mit seiner maximalen Wassermenge von immerhin 655 Mio Hektar.
Das Wasser stürzt hier aus 137 Metern in die Tiefe. Für den 1963 gebauten größten Stausee Galiciens mussten die Bewohner des Dorfes Portomarín am Jakobsweg damals einiges in Kauf nehmen.
Denn durch den Rückstau versank ihr ganzes Dorf unter den Fluten. Noch heute sind einige Mauerreste im Miño sichtbar. Doch die Galegos hatten eine Idee.
Sie errichteten ihr Pueblo oberhalb einfach noch einmal. Dafür markierten sie auch alle Steine der Dorfkirche, bauten sie ab und oben Stein für Stein wieder auf, wie dieses Bild zeigt: