Warum in Spanien so viele Windräder stehen

Spanien – das Land von Sonne, Meer und Tapas? Nicht nur. Denn Wind weht dort auch mehr als genug. Und die Iberer stehen bei Windkraft in Europa ganz oben.

Von Antje Grzesik

Wer an Spanien und erneuerbare Energien denkt, vermutet wohl eher die Solarkraft an erster Stelle. Schließlich scheint in Spanien fast immer die Sonne. Doch weit gefehlt: Spanien ist Vorreiter bei der Windenergie. Die Solarenergie kommt, nach der Wasserkraft, erst an dritter Stelle.

Spanien: Land der Windenergie

Spanien ist im Windenergiesektor stark aufgestellt. Weltweit steht das Land nach China, den USA, Deutschland und Indien auf Platz fünf. In Europa liegt Spanien trotz eines Investitionsstopps nach 2012 immer noch auf dem zweiten Platz.

Nur Deutschland erzeugt  mehr Windenergie: 2015 hatten die Spanier mit 23.000 MWh etwas mehr als die Hälfte an Windenergie produziert als die Deutschen mit 43.000 MWh, was gut für die Umwelt war.

Und heute? 2023 hat die Spanische Regierung 1400 weitere Windanlagen genehmigt, was den Boom noch deutlich erhöhen wird.

Windparks in Kastilien, Offshore vor Gran Canaria

Vor allem in der Region Castilla-León im nördlichen Zentralspanien stehen viele Windräder. Die 241 Windparks generieren mit 24% fast ein Viertel der Windenenergie des Landes.

Galicien im Nordwesten liegt mit 161 auf Platz zwei, Andalusien mit 153 Windparks auf Platz 3. Diese Regionen sind nur spärlich besiedelt. Im dichter besiedelten Katalonien stehen demgegenüber nur 47 Windparks.

Im Meeresgebiet von Gran Canaria ist 2016 zudem die Installation des Offshore-Windparks genehmigt worden. Dieser soll 30 bis 50% mehr Energie generieren als die Onshore-Parks.

Spaniens Energiemix: Windkraft auf Platz drei

Im gesamten Energiemix steht die Windenergie mit einem Anteil von 18,3% an dritter Stelle, nach Kohle und Atomkraft mit je 21%. Zum Vergleich: Deutschlands Windkraft hat gerade einmal einen Anteil von 8% am der gesamten Energieproduktion.

Schaut man sich nur die erneuerbaren Energien an, dann macht Windenergie in Spanien knapp die Hälfte der erneuerbaren Energien aus, also etwa doppelt so viel im Vergleich zu Deutschland.

Spanien spielt auch bei den Windturbinenherstellern in der oberen Liga mit: Die spanische Gamesa war 2015 Spitzenreiter mit über 52% der Neuinstallationen auf der iberischen Halbinsel und auch international erfolgreich. Vestas mit Sitz in Kopenhagen stellte knapp 18% der spanischen Neuanlagen her, die französische Alstom 8%.

Energía Eólica: Positive Bilanz bis 2012

Spaniens nationale Industrie- und Energiepolitik unterstützte schon früh massiv die Entwicklung der erneuerbaren Energien. Bereits 1997 trat das „Gesetz des Stromsektors“ in Kraft. Das Ziel: mehr nachhaltige Energieproduktion.

Seit 2009 muss Spanien seine nationalen Vorschriften auf Basis der „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“ der EU verfassen, also den Anteil der erneuerbaren Energien in der bis 2020 auf 20% erhöhen.

Spanien hat dies 2010 in den  „Aktionsplan für erneuerbare Energien 2011 - 2020“ eingebracht. Das aktuelle Ziel: Eine Kapazität von 38.000 MW bis 2020. Der Boom in den Jahren von 2007 bis 2011 hatte einen guten Grund.

Für Windenergie gab es feste Einspeisetarife. Dadurch konnten die Investoren sicher planen. Doch dem spanischen Staat kam das teuer zu stehen. Es  wuchs ein Tarifdefizit in Höhe von 35 Milliarden Euro an.

Stagnation und Investitionsstopp

Spaniens Regierung will seither die Kosten senken. 2012 kommt es zu einem Fördermoratorium. Die Folge: Stagnation, Rechtsunsicherheit und Investitionsstopp im gesamten Sektor der erneuerbaren Energien.

Vor allem die Windenergie hat darunter gelitten. So wurden 2015 keine neuen Kapazitäten in der Windenergie errichtet, was Spaniens international führende Position gefährdet.

Neuer Gigant: Siemens Fusion mit Gamesa

Seit 2016 gibt es wieder neuen Rückenwind: Der Staat hat Anfang des Jahres das Fördermoratorium auf neue Kapazitäten aufgehoben und das System auf Ausschreibungen umgestellt. Problematisch daran ist allerdings: Es gibt keine Festpreise mehr. Gleichzeitig konzentriert sich der Markt weiter. Siemens hat sich im Juni 2016 mit Gamesa zusammengetan. Das neue Gemeinschaftsunternehmen ist dadurch führend in der Welt.

Die Spanier halten zwar mit 41% einen Minderheitsanteil, die Konzernzentrale verbleibt aber in Spanien und ist weiterhin an der spanischen Börse notiert.

Auch Spaniens damaliger Regierungschef Rajoy (PP) setzte sich mit seiner Minderheitsregierung wieder verstärkt für Erneuerbare Energien ein. Neu im Team war Álvaro Nadal, Minister für Energie, Tourismus und Digitale Agenda. Der meinte: „Wir brauchen wieder Fortschritte bei den erneuerbaren Energien, und zwar in allen Technologiebereichen.“

Aufwind in Spanien

Die EU will einen Anteil von 20% von erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch. Und Spanien hat bereits einen Anteil von zuletzt 16,2% (EU-Durchschnitt: 16%, Deutschland 13,8%), mit steigender Tendenz.

Die Zahlen sehen also gut aus. Wenn Spaniens Sektor der erneuerbaren Energien wieder Schwung bekommt, wird das Land auch seine Spitzenposition in der Windenergie weiter ausbauen. Nebenbei will Spanien vor allem auch die Solarkraft weiter voranbringen. Ein Land der Sonne eben.

Die Autorin

Antje Grzesik ist internationale Sprachexpertin und Infoscout. Sie recherchiert Informationen in sechs Sprachen und bereitet sie redaktionell und in Analysen auf.  Besonders gern reist sie nach Spanien, Portugal und Lateinamerika.

Quellen zur Recherche

Spanischer Verband der Windenergie AEE, Spanische Stromnetzgesellschaft REE, Spanisches Ministerium für Energie, Tourismus und Digitale Agenda Minetad, Eurostat, GTAI, REN21, Umweltbundesamt, Bundesregierung, El Diario, Expansión, Energia Diario …

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