Carme Chacón im Porträt
Sie hatte Biss, Disziplin und viel Ehrgeiz. Die blonde katalanische Politikerin Carme Chacón (1971-2017) liebte Poesie und machte Furore als erste Verteidigungsministerin Spaniens. Mit 46 Jahren verstarb sie an einem Herzversagen. Ein Porträt über sie, das zu Lebzeiten entstand.
Die außergewöhnliche Sozialistin bringt die spanische bieder-graue Welt der Parlamentarier durcheinander und hat schon jetzt einen durchaus beachtlichen Lebensweg hinter sich.
Steile Politkarriere
Den Grundstein für ihr politisches Treiben legt die toughe Spanierin bereits mit 18, als sie der sozialistischen Partei Kataloniens (PsE) beitritt und ihren Weg ebnet: sie wird stellvertretende Bürgermeisterin ihrer Heimatstadt, Parteisekretärin und Vizepräsidentin des spanischen Parlaments.
Schwangere Chefin der Generäle
Unter der Regierung Zapatero steigt die Sozialistin sogar in die politische Spitzenriege auf, wird Ministerin für Wohnungsbau und kurze Zeit später Verteidigungsministerin. Damit bekleidet sie als erste Frau der spanischen Demokratie dieses Amt. Und eine gute Figur macht sie dabei auch: Bei ihrem Amtsantritt schreitet sie mit Babybauch die Ehrenformation der Soldaten ab. Die Bilder gehen um die Welt, die Generäle schicken nach der Geburt ihres Sohnes Miquel Plüschtiere und ihr Mann Miguel Barroso, einst Regierungssprecher unter Zapatero, ist natürlich auch begeistert.
Der Großvater war Anarchist
Chacón wächst in Espulgas de Llobregat bei Barcelona in einfachen Verhältnissen auf. Ihr Großvater, ein Anarchist, engagiert sich im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) gegen die Franco-Truppen und prägt ihr politisches Grundverständnis.
Seinetwegen sei immer klar gewesen, „dass ich zum Lager der Verlierer gehörte“, soll sie einmal gesagt haben. Trotzdem entscheidet sich Chacón zunächst für die Uni, absolviert ein Jurastudium in Barcelona, Manchester und Toronto. Bevor sie das Politikgeschäft aufwirbelt, unterrichtet sie bereits mit 23 als Professorin für Verfassungsrecht an der katalanischen Universität von Girona nördlich von Barcelona.
Neue Rollen in der Opposition Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) muss bei vorgezogenen Parlamentswahlen 2011 gegen die konservative Partido Popular (PP) eine Wahlniederlage einstecken. Parteichef Zapatero, gebeutelt von der schlechten wirtschaftlichen Lage Spaniens, entscheidet sich gegen ein weiteres Mandat.
Chacón, von politischen Gegnern etwas abwertend als „Zapatero im Rock“ bezeichnet, bewirbt sich kurz darauf um das Amt der Parteiführung. Die Chancen stehen gut: nur knapp unterliegt sie bei den innerparteilichen Wahlen Anfang Februar 2012 ihrem Mitkonkurrenten Alfredo Pérez Rubalcaba. Und so sehen ihre Parteifreunde auch weiterhin beste Zukunftschancen für die Vorzeigefrau der spanischen Sozialisten.