Von Isidoro zu Señor Presidente: Felipe González
Felipe González (geb. 1942) regierte in Spanien 14 Jahre. Der Untergrundaktivist „Isidoro“ stieg zum Ministerpräsidenten auf und führte sein Land in eine moderne, fest in die internationale Gemeinschaft verankerte Demokratie.
von Sabrina Bersheim
Der junge González war überzeugter Sozialist und Untergrundaktivist. Sein Vater, ein linksgerichteter Republikaner, hat ihn politisch stark geprägt. Felipe wuchs am Rande der andalusischen Stadt Sevilla auf einem Bauernhof auf.
Da sich in der Nähe ein Arbeitslager befand, erfuhr er schon früh von den Machenschaften des Franco-Regimes. Einen Teil seines Jurastudiums verbrachte er in Belgien und hatte dort Zugang zu Büchern der europäischen Linken, die in seiner Heimat auf dem Index standen.
Als Sozialrechtler setzte er sich nach seinem Studium für die Rechte Lohnabhängiger ein. González trat früh der damals noch illegalen Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE bei, nahm als Untergrundaktivist den Decknamen Isidoro an und kam mehrfach ins Gefängnis.
Pragmatischer Realpolitiker
1982 wurde González Spaniens erster sozialistischer Ministerpräsident nach Francos Tod. Innenpolitisch sorgte er vor allem für die Einführung der Schulpflicht und der kostenfreien Schulbildung, das Recht auf Abtreibung und die Reform der Sozialversicherung. Pragmatismus, daraus hat er nie einen Hehl gemacht, war ihm immer wichtiger als Ideologie.
Bereits in der Oppositionszeit bereitete er seine Partei auf die Post-Franco-Zeit vor, indem er deren Modernisierung in Richtung politische Mitte vorantrieb. Sein „Felipismo“ hatte deutlich konservative Züge und war vor allem eins: Mittel zum Zweck, um Spanien politisch zu stabilisieren und das Land fest in der europäischen und internationalen Gemeinschaft zu verankern.
Auch sein Äußeres hat Felipe bald diesem Pragmatismus unterworfen: Die wilden schwarzen Locken des jungen Revolutionärs wichen einem pragmatischen Business-Haarschnitt, und statt zerfranster Jeans und offener Hemdkrägen trug er nun gebügelte Anzüge.
Everybody’s Darling
Was blieb, war das ungezwungene, offene Auftreten des attraktiven Spaniers. Er war brillant darin, Menschen für sich einzunehmen. "Jeder nennt mich Felipe, überall", sagt González über sich. Und mit „jeder“ meint er auch politische Schwergewichte wie Willy Brandt und François Mitterrand, mit denen er befreundet war.
Selbst die eiserne Lady Margaret Thatcher soll von ihm entzückt gewesen sein, heißt es. Felipe González hatte erstaunlich wenige Feinde. Er war bestimmend, aber nie aggressiv und trug in seiner Amtszeit maßgeblich dazu bei, Frankisten und Antifrankisten auszusöhnen.
Gerne erzählt er die Anekdote von seinem ersten Besuch als Regierungschef in Sevilla, bei dem ihn ausgerechnet der Polizist schützen sollte, der ihn als Untergrundpolitiker mehrfach inhaftiert hatte. González ließ ihn einfach seinen Job machen. Selbst politische Skandale rund um Korruptionsvorwürfe und illegale Polizeiaktionen gegen die ETA, die schließlich zur Wahlniederlage führten, haben am positiven Image des Vollblutpolitikers bis heute kaum etwas geändert.
Politiker mit Leib und Seele
Über ein Ende seiner politischen Karriere sagte González während seiner Amtszeit einmal: “Ich bin in der Politik, weil es mir Spaß macht. An dem Tag, an dem es mir keinen Spaß mehr macht, höre ich auf.“
Politisch aktiv ist González inzwischen nicht mehr, aber er hält Vorträge über die internationalen Beziehungen und vertritt aktiv den europäischen Gedanken.
2009 war er sogar für den Prestigejob des ersten EU-Präsidenten im Gespräch und hat vor kurzem den den Point-Alpha-Preis für seine Verdienste um die Einheit Deutschlands und Europas erhalten.
Vor Jahrzehnten, im Oktober 1982, wurde Felipe González Regierungschef. Und 40 Jahre später ist er laut Correo bei den Spaniern so beliebt wie nie zuvor.