Orcas in spanischer Gefangenschaft
Weltweit leben 52 Schwertwale (Orcinus orca) in Gefangenschaft, die meisten in den USA, Japan und Spanien. Dort ist nun der Dokumentalfilm Blackfish angelaufen und hat die Debatte um Orca-Shows neu angeheizt.
von Tobias Büscher
Von wegen Free Willy. Der Film Blackfish von Regisseurin Gabriela Cowperthwaite handelt vom Leiden der dressierten Wale und dem finanziellen Nutzen für die Tierparks. Und von der Unberechenbarkeit der Säuger. Im Mittelpunkt steht der sogenannte Killerwal Tilikum. Der geriet 1983 vor Island in Gefangenschaft und hat danach im US-Vergnügungspark SeaWorld drei Trainer getötet.
Der Film, der seit November 2013 in Spaniens Kinos lief, analysierte diese und weitere Unfälle, auch in Spanien selbst. Und dort fragt das Internetportal von El Mundo nun: gehören Orcas in Gefangenschaft abgeschafft?
Der Tod des 29jährigen Spaniers Alexis Martínez
Sechs Wale leben im Loro Parque auf Teneriffa und sind für das Publikum offensichtlich ein echtes Highlight. Und eine Gefahr für die Trainer. Im Dezember 2009 zerquetschte der 4000 Kilo schwere Orca Ketto den Spanier Alexis Martínez an der Beckenwand.
Und dessen damalige Freudin stellt im Doku-Film Blackfish die Sicherheitsbestimmungen der Parkbetreiber in Frage. Wenige Jahre zuvor hatte der Orca Tekoa der deutschen Trainierin Claudia Vollhardt den Arm gebrochen. Das Ex-Model kam also mit einem riesen Schreck davon. Auch diesen Vorfall stellte Loro Parque als Unfall, nicht als Attacke dar.
50 Kilo Fisch pro Tag, 1000 Quadratmeter Gefängnisbecken
Die Bedingungen für die Wale im Loro Parque auf Teneriffa sehen so aus: Sie leben in drei großen, bis zu zwölf Meter tiefen Becken in insgesamt 22 Millionen Liter Wasser und bekommen täglich je 50 Kilo Fisch. Wissenschaftler, Tierpfleger und Ärzte kümmern sich rund um die Uhr um die Tiere. Und eben auch die Trainer.
Jennifer Berengueras von SOS Delfine stellt der guten Betreuung nicht nur das Thema Freiheit entgegen. Denn erst vor kurzem lag im Loro Parque das 15 Monate junge Orca-Weibchen Vicky leblos im Becken. Sie war an einer Infektion gestorben.
Teneriffas Touristenmagnet opfert niemand
Die Regierung der Kanarischen Inseln hat schon vor Jahren den Stierkampf verboten. Doch Orca-Haltung steht sicher nicht zur Debatte. Denn der Loro Parque im Besitz eines Deutschen ist die größte touristische Einnahmequelle ganz Spaniens. Dass Teneriffa den höchsten Berg des Landes hat, geht da fast unter. 1,2 Millionen Besucher kommen pro Jahr nicht auf den Teide, sondern zu den Orca-Shows.
Jeder Erwachsene zahlt 33 Euro Eintritt und bekommt auch Papageien und Affen zu sehen. Es geht ums Geld. Daher wird auch ein kritischer Dokumentarfilm wie Blackfish ganz sicher kein Umdenken herbeiführen. Doch selbst wenn die Shows aufhören, wohin dann mit den Tieren? Laut SOS Delfine ist fraglich, ob über Jahre gefangene Wale im Ozean überleben würden.
Spanien und der Tierschutz
Spanien hat ein uneinheitliches Verhältnis zu Tieren. Walewatching-Touren mit lärmenden Motoren sind an Teneriffas Küste sehr beliebt. Stierkampfzüchter aus Andalusien verdienen bestens mitten in der Wirtschaftskrise.
Mancherorts in Kastilien rennen aufgewühlte Stiere mit brennendem Wachs an den Hörnern durch die Gassen. Deutsche retten immer wieder Straßenhunde an der Mittelmeerküste. Und die Katalanen haben jetzt mit einem Paukenschlag das Recht von Zirkustieren durchgesetzt.
Deren Dressur ist seit 2014 verboten (zur News). Und so werden dort keine Elefanten mehr auf den Hinterläufen stehen, die Orcas aber weiter auf Kommando die Flosse im Gefangenenbecken heben.