Tiere der Pyrenäen
Die Fauna der Pyrenäen ist vielfältig, auch wenn einige Tiere – wie die Bären – durch Eingriffe der Menschen in die Natur vom Aussterben bedroht sind. Doch viele überleben in den Schutzgebieten, und besonders auffällig sind die vielen Geier, Adler, Murmeltiere und der berühmte Pyrenäenmolch.
von Tobias Büscher
Vor allem Nationalparks bieten Lebensraum für zahlreiche Insekten, Schlangen, Säugetiere und Vögel.
Geierparadies Pyrenäen
Greifvögel zu beobachten ist in den Pyrenäen ein Highlight. Über den Tälern Ansó und Hecho schweben Gänse- und Schmutzgeier sowie die seltenen Habichtsadler, die eine Taube noch aus 1,5 km Entfernung erspähen.
Die Vögel nisten hier und auch im Ordesa-Nationalpark in hohen Steilhängen. Im Ossau-Tal wurde in einem Geier-Schutzgebiet eine Kamera installiert, die Bilder live auf eine Leinwand überträgt.
Ein Adlerhorst ist südlich von Lourdes in einer alten Burgruine eingerichtet. Doch auch in der freien Natur sind die Raubvögel gut zu sehen.
Eine Kuh verwandeln 70 Gänsegeier in 3,5 Stunden zum Skelett
Die bis zu 8 kg schweren Gänsegeier kreisen mit einer Flügelspannweite von 2,70 m in nahezu bewegungslosem Suchflug am Himmel. Im Gegensatz zum dunkelgefiederten Mönchsgeier haben sie eine helle Flügeldecke und schwarze Schwungfedern, die im Flug leicht nach oben zeigen. Auch der fahlweiße Kopf ist charakteristisch.
Gänsegeier ernähren sich von den Eingeweiden und dem Muskelfleisch toter Kühe und Schafe. Sie arbeiten im Team, auf Weiden und in Felsspalten, unablässig auf der Suche nach Aas.
Sorgfältig und schnell werden alle Reste beseitigt. Damit helfen die ›Müllmänner der Berge‹, das ökologische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Eine in den Hochlagen verstorbene Kuh können 70 Gänsegeier in gut 3,5 Stunden in ein Skelett verwandeln.
Bartgeier, die Künstler des Knochenmarks
Die eleganten Bartgeier sind an keilförmigen Schwänzen, langen spitzen Flügeln und pechschwarzen, bartartigen Borstenfedern seitlich des geschwungenen Schnabels zu erkennen.
Sie werden auch ›Knochenbrecher‹ genannt, weil sie ihre Beute aus Höhen bis zu 80 m fallen lassen, damit die Knochen zersplittern. So kommen die Bartgeier an das wertvolle Mark heran, ihre Hauptnahrung.
Den etwas kleineren Schmutzgeier erkennt man im Flug am weißen Kopf, dem weißen Körper und dem kahlen gelben Gesicht. Mit seinem spitzen gelblichen Schnabel pickt er vorwiegend in Aas und Abfällen herum.
Geier leben in Dauerehe und werden bis zu 30 Jahre alt. Vor allem die Schafzucht in den Pyrenäen sorgt für eine beständige Futterquelle.
Habicht- und Steinadler
Habichtsadler und die majestätischen Steinadler halten weniger von totem Fleisch. Sie bevorzugen frische Dohlen, Rothühner, Kaninchen und auch seltene Salamander.
Diese Adler verfügen über ein unglaublich gutes Sehvermögen und kreisen in einem Jagdgebiet von jeweils 90 km2.
Murmeltiere - ein Import aus den Alpen
Um seltene Beutetiere dieser Raubtiere besser zu schützen, führten französische Umweltschützer 1948 Murmeltiere aus den Alpen als zusätzliche ›Adlernahrung‹ ein. In der Nähe des Bergkessels Cirque de Troumouse wurde gerade einmal ein halbes Dutzend der pfeifenden Nager ausgesetzt.
Den Adlern schmeckten sie von Beginn an, dennoch haben sich die Murmeltiere inzwischen stattlich vermehrt. Sie haben sich sehr schnell an die neue Umgebung gewöhnt und sofort begonnen, ein Verteidigungssystem aus komplizierten Bauten und einfachen Schlupflöchern zu bauen.
Vielfraß für den Winterschlaf
Mit Pfiffen und Trommelschlägen des buschigen Schwanzes warnen sie sich gegenseitig vor drohender Gefahr, ob aus der Luft oder am Boden. Murmeltiere müssen sich innerhalb von sechs Monaten soviel Fett wie möglich anfressen, denn während des Winterschlafs verlieren sie ein Viertel ihres Körpergewichts.
Anders als viele andere Säugetiere liegen sie gern in der Sonne und trinken nie Wasser. Flüssigkeit gelangt durch den Tau auf den Pflanzen in die Körper der Säuger.
Pyrenäen-Kulttier Trompetenratte
Zu den ungewöhnlichsten Tieren gehört der einzigartige Pyrenäen-Desman aus der Familie der Maulwürfe. Mit seinem Rüssel erinnert er entfernt an ein Fantasiegebilde des Kabarettisten Otto, den Ottifanten. Der Volksmund gab ihm den treffenderen, weniger freundlichen Namen ›Trompetenratte‹.
Der 25 cm lange Insektenfresser lebt in Höhen von bis zu 3000 m vor allem an und in Bergseen. Den Desman bekommt man so gut wie nie zu Gesicht, denn er wird als geschickter und ausdauernder Schwimmer mit Schwimmhäuten an den Pfoten vor allem nachts aktiv.
Pyrenäenmolch und Salamandra Fastuosa
Ebenfalls nur hier gibt es den Pyrenäen-Molch, der unter den zahlreichen Amphibienarten wegen seiner olivbräunlichen Farbe eine Sonderstellung einnimmt. Endemisch ist auch der salamandra fastuosa aus der Familie der Feuersalamander, den außer Eidechsen und Blindschleichen auch Schlangen verschlingen.
Eidechsennatter, Vipernatter und Gelbgrüne Zornnatter gehören zu den hiesigen Schlangenarten. Gefährlich für Menschen ist einzig die Aspisviper. Der Biss dieser 70 cm langen Schlange führt schneller zum Tod als der einer Kreuzotter.
Doch die wendige Viper mit einem schwarzen, gezackten Band auf dem gelben Rücken ist viel zu scheu, um sich in der Nähe von Menschen aufzuhalten. Dennoch, festes Schuhwerk bietet Schutz.
Wildkatzen, Fledermäuse und Schmetterlinge
Weitere Vertreter der Fauna sind Wildkatzen, Füchse, Fledermäuse, Auerhühner und das Alpenschneehuhn, dessen Federn sich geschickterweise je nach Jahreszeit der Natur anpassen: weiß im Winter, braun im Sommer. Heuschrecken, Käfer, Insekten und über 300 Schmetterlingsarten sorgen für Farbenpracht.
Auch Gämsen sieht man häufig in den Nationalparks. Sie sind nicht ganz so gelenkig wie Steinböcke, von deren Temperament scheinbar waghalsige Sprünge und Drehungen in der Luft zeugen. Den Weibchen begegnen die Böcke nur während der Paarungszeit, ansonsten führen sie ein regelrechtes Junggesellendasein.
Ihre bis zu 1,5 m langen Hörner benötigen sie nicht nur während der Balzzeit, um sich bei der Konkurrenz Respekt zu verschaffen. Vielmehr müssen sie sich mit dem geriffelten Kopfschmuck auch immer wieder kratzen, denn in ihrem Fell leben zahlreiche Parasiten.
Steinböcke in Gefahr
Der Bestand der Steinböcke ist gesunken, auch weil Jäger die Hörner der Tiere lange Zeit als Trophäe bevorzugten, was inzwischen verboten ist.
Alles andere als bedroht sind die Flussforellen und vor allem die schon zu Obelix Zeiten so beliebten Wildschweine, obwohl sie auf jeder guten Speisekarte zu finden sind.
Wildpferde gibt es in den Pyrenäen zwar nicht, doch bewegen sich die kleinen schwarzen Mérens aus der Ariège und die gutmütigen, braunweiß gefleckten Pottock aus dem Baskenland häufig in freier Natur.
Das gilt auch für die Kühe, die Wanderern ab und zu behäbig den Weg versperren, sich aber nach einem Klaps mit ihren gut 700 kg zur Seite bewegen.
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