Hórreos: Galiciens Maisspeicher
Sie stehen als graue Kästen auf Stelzen, sind sehr verbreitet und tragen auf dem Dach neben dem Kreuz oft eine Pyramidenform. Hórreos heißen diese Maisspeicher, die im nordwestspanischen Galicien sehr oft vorkommen.
von Tobias Büscher
30 000 Hórreos gibt es inzwischen. Sie sehen aus wie Särge aus Stelzen, sind bis heute als Lagerplätze für Mais sowie Getreide gefragt und gleichzeitig ein Symbol für Nordwestspanien.
Nur im benachbarten Asturien lieben die Bewohner ihre Maisspeicher so sehr. Doch es gibt um längen weniger. Und die Hórreos sind nicht länglich sondern quadratisch.
Speicher aus Granit und auch Holz
Der klassische Maisspeicher besteht aus reinem Granit. So ist er stabil für sehr lange Zeit. Andere stehen zwar auf Steinfüßen, sind aber teils oder ganz aus Holz, vorwiegend Kastanie.
Die Variante ist längst nicht so verbreitet, denn durch das feuchte Klima in Galicien hält Holz nicht so lange. Und außerdem verfügen die Galicier über derart viel Granitstein, dass all sie auch all ihre Kirchen, viele Häuser und sogar die Viehzäune aus dem Material entwickelt haben.
Es gibt sie also als längliche Behälter für Mais und andere Feldfrüchte. Die Galicier mögen es übrigens gar nicht, wenn irgendjemand die traditionellen Bauten auf seine Weise verziert.
Etwa mit Sonnenkollektoren oder Straßenlampen. Dann gilt das sofort als Feismo und wird der Lokalzeitung gemeldet.
Glaubensdualismus auf dem Dach
Die Dächer der Maisspeicher sind traditionell aus roten Ziegeln, die ab und zu ausgetauscht werden müssen. Vor allem aber sind die beiden Aufsätze auf dem Dach beachtlich: Entweder zwei Kreuze an den jeweiligen Dachenden.
Oder eben ein Kreuz und ein pyramidenartiges Symbol. Es repräsentiert die Fica, das Fruchtbarkeitssymbol der Kelten. Und die waren hier heimisch, bevor die Römer kamen, was auch die vielen Castro-Rundbauten der Region beweisen.
Dachschmuck mal anders
Das Kreuz ist auf den Dächern der Hórreos am häufigsten zu finden. Die Fica auch sehr oft. Manchmal sind es aber auch mehrere Granitsteine, die nach oben spitz zulaufen, Remates Piramidales.
Oder auch Spitzen mit kleiner Kugel, Pináculos, wie am hinteren Teil des Dachs im Bild. Diese Verzierung ist in Südgalicien beliebt, wie hier in Allariz südlich von Ourense.
Tipp: Viele weitere Infos zu den Hórreos auf spanisch bietet das Portal horreosdegalicia
Kult um den Hórreo
Nun hat der Kult um den Maisspeicher längst zu wissenschaftlichen Studien geführt, zu Gedichten, eigenen Spezialwebseiten und Souvenirs.
Wer durch Galicien fährt, erhält in jedem gut sortierten Kitschladen Plastik-Hórreos als Andenken, ob als Schlüsselanhänger oder Vitrinen-Zierde.
Auch die örtliche Fabrik für Sargadelos-Keramik bedient sich des Motivs. Und ab und zu sehen sie auch aus wie gemalt.
Hier in dem Landhaus (Foto rechts) nahe Pontevedra beispielsweise dient der Speicher als Wanddeko.
Auf dem Feld, neben der Kirche
Seit 1604 gibt es in Galicien Mais. Und seither haben die Bewohner sich um die Lagerung gekümmert. Die Stelzen halten Nagetiere ab, die Luftschlitze sorgen für Frischluft.
Und so ist der Hórreo zunächst ein Bau der nordwestspanischen Landwirtschaft gewesen. Doch spätestens seit den ersten Dosenfabriken rund um Vigo hat der Bedarf an den Hórreos stark nachgelassen.
So zieren sie nicht mehr nur Felder, sondern stehen auch als Schmuckstück vor Weinbodegas oder direkt am Kirchplatz der Dörfer.
Hórreo XXL
Selten sind die Maisspeicher länger als sechs Meter. Doch die drei in Lira (36,5 Meter), Araño (37,05 Meter) und Carnota (siehe Bild) toppen die Maßstäbe.
So steht der besonders berühmte Carnota-Maisspeicher auf 22 Stelzenpaaren und ist 35 Meter lang und damit der drittlängste der Region.
Hier auf dem Foto steht er neben einem historischen Taubenhaus. In Funktion ist er natürlich nicht mehr, doch Carnota hegt und pflegt den Speicher, den damals die Bewohner aus einer Schnapsidee heraus bauten.
Das war im 18. Jahrhundert.
Maisspeicher mit Meerblick
Einen ganz bunten Mix von Hórreos aber bietet Combarro weiter südlich am Atlantik. der kleine Fischerort hat als einziger in Spanien die Maisspeicher aus Stein und Holz direkt ans Meer gebaut: