Lalín: Galiciens kuriose Stadt in Nordspanien
Lalín liegt im Zentrum der nordwestspanischen Region Galicien und hat gerade einmal 20.000 Einwohner. Dafür ist das kulinarische Fest Cocido de Lalín im ganzen Land so berühmt wie das ungewöhnliche Bürgermeisteramt.
von Tobias Büscher
Am Kilometerstein 0 steht ein Schwein aus Bronze. Dort, das hat ein örtlicher Geograph behauptet, liegt genau der Mittelpunkt von Galicien. Die kleine Stadt ist entsprechend weit weg vom Atlantik (90 km bis Catoira), weit weg auch von der regionalen Haupstadt Santiago und von der Hafenmetropole A Coruña.
Vereinzelt soll mal ein Tourist gesichtet worden sein. Doch ansonsten ist Lalín international die wahrscheinlich unbekannteste Stadt Spaniens. In den meisten Reiseführern über Nordspanien ist sie nicht einmal erwähnt und hübsch ist sie auch nicht gerade. Doch genau das macht sie aus.
Tipp: Lalín lässt sich wunderbar bei einer Rundreise durch Südgalicien mit einplanen.
Cocido, Castros und Castaños
Warum aber kennt ganz Spanien den kleinen Ort? Der Bürgermeister regiert in einem skurrilen Amt mit dem Grundriss einer Keltensiedlung. Diese Castros sind in der Gegend zahlreich. Entsprechend entsteht hier gerade ein Kelten-Forschungszentrum, in dem Wissenschaftler aus Pontevedra arbeiten.
Und auch die Natur hat einiges zu bieten, darunter steinalte Kastanienbäume (Castaños) und Eichen unter Naturschutz und ein wunderbares Puppenmuseum (derzeit nicht in Betrieb). Vor allem aber ist Lalín bekannt für sein Stadtfest Cocido de Lalín rund um ein lokales Cocido-Gericht auf der Basis von Schweinefleisch, Grelos-Grünzeug und Kichererbsen.
Kuriositäten aus der Kleinstadt
Lalíns Bürgermeister Pepe Crespo (*1959) war bis 2015 ein Vierteljahrhundert im Amt. Er war einst der jüngste Alcalde Nordspaniens und regierte in seiner Amtszeit durchgehend in absoluter Mehrheit.
Bis 2019 ersetzte ihn Rafael Cuíña als Bürgermeister von Lalín. Doch Crespo ist seit dem 15.6.2019 wieder im Amt.Das Rathaus von Lalín hat das berühmte Madrider Architekturbüro Mansilla+Tuñón entworfen. Alles im Gebäude ist rund, sogar die Aufzüge.
Beim lokalen Fest Feria del Cocido schlachten die Bewohner über 1500 Schweine.Lalín gehört zur Provinz Pontevedra. Doch nach Pontevedra sind es 68,5 km, nach Santiago de Compostela nur 52,9 km. Zum Einkaufen fahren die Bewohner daher nach Santiago, doch administrativer Kleinkram wie Passerneuerungen müssen in der Provinzhauptstadt laufen.
Zur Feria kommen Minister und Industriebosse
Lalín bekommt vereinzelt Besuch von Pilgern auf der Silberroute nach Santiago de Compostela. Auch Händler lieben die Stadt, vor allem wegen ihren landwirtschaftlichen Produkten wie Käse, Fleisch und Gemüse. Doch sobald die Stadt im Frühjahr kurz vor Karneval ihre Feria del Cocido einläutet, staut sich der Verkehr.
Dann dreht das galicische Fernsehen live in der Mehrzweckhalle, lokale Musikstars wie Susana Seivane und Mercedes Peón treten auf und in den Restaurants gibt es fast ausschließlich Cocido-Essen.
Gerne lädt der Bürgermeister dann auch Minister aus Madrid und Automobilbosse aus Vigo ein. Und veranstaltet Straßenumzüge mit Samba und Salsa-Sound, als wäre er der Chef einer Großstadt.
Ein Koch, berühmter als der Schneider
Einen Parador gibt es in Lalín nicht, Landhäuser für Gäste wie sonst in Galicien sind sehr selten. Ein vegetarisches Restaurant hat hier auch noch nie aufgemacht.
der örtliche Schneider namens Florentino, einst ein Mitstreiter des legendären Zara-Gründers Amancio Ortega, kleidet weit weniger Menschen ein. Einer aber ist 2014 ganz groß rausgekommen. Der Koch Diego López aus dem Restaurant La Molinera im Altstadtkern.
Den haben die Galicier in einer Internetwahl zum besten Nachwuchskoch ernannt. Nicht etwa für sein Standardgericht auf Basis von Schweinefleisch, sondern für das ziemlich eigenwillige Rezept: Austern mit Rinderbrühe.
Webseite von Lalín