An Nordspaniens Atlantikküste bis nach Santiago
Der Hauptweg Camino de Santiago durch Nordspanien ist sehr gut besucht. Als Alternative bietet sich ein schöner Weg an der nordspanischen Atlantikküste an, um das Ziel Santiago de Compostela zu erreichen. Das ist nichts für Kerkelinge, wohl aber für alle, die statt trockener Wege das Wasser lieben und die gute Küche der Basken, Asturier und Galicier.
von Tobias Büscher
Vor allem in den Sommermonaten ist diese Variante des Jakobswegs erfrischender und angenehmer zu laufen, denn auf der Kastilischen Hochebene kann es sehr heiß werden.
Selbst die Unesco hat den Camino 2015 endlich zum Weltkulturerbe ernannt. An den Stränden lässt sich wunderbar baden und auch die vielen Leuchttürme sind klasse.
Schon im Mittelalter war die Küstenvariante bei Pilgern aus den skandinavischen Ländern beliebt, die per Schiff im Baskenland oder den Häfen Kantabriens oder Asturiens ankamen.
Sie gingen diese Route entlang der Kantabrischen Küste bis Galicien. Grund war vor allem, dass man auf diese Weise die von den Mauren besetzten Gebiete umging.
Nach der Rückeroberung waren es die spanischen Könige, die den Französischen Weg als Hauptroute förderten, um die nach der Reconquista neu gewonnenen Gebiete miteinander zu verbinden und zu beleben.
Einer der berühmtesten Pilger auf der Nordroute war im Jahr 1214 der Heilige Franz von Assisi.
Startpunkt Irún im Baskenland
Heute beginnt der Nördliche Jakobsweg im Baskenland an der Überquerung der Puente de Santiago, der Jakobsbrücke in Irún und führt von dort an der mittelalterlichen Altstadt des Fischerortes Hondarribia vorbei.
In der kleinen Stadt mit ihren Adelshäusern und Barockpalästen lohnt es sich bereits, die leckere baskische Küche auszuprobieren, und zwar in seinen typischen Fischrestaurants im Stadtteil La Marina.
Beim weiteren Verlauf durch das Baskenland geht es in die schöne Stadt San Sebastián mit ihrem Traumstrand La Concha und zum Guggenheim Museum in Bilbao.
Zwischen den beiden Städten liegen Küstenorte wie Zarautz, Deba oder Getaria, eingebettet in die Klippen der Biskaya-Küste.
An den Hängen in Küstennähe ziehen sich Weinberge entlang, an denen die Trauben angebaut werden für den berühmten fruchtigen Weißwein der Region, den Txakolí.
Sechseckige Einsiedelei
Auf diesem ersten Abschnitt muss man auch einige steiler ansteigende Strecken bewältigen. Nach Bilbao erwartet einen Portugalete mit der von der UNESCO zum Kulturdenkmal der Menschheit erklärten Hängebrücke aus Eisen, die Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde.
Neben den Badestränden sind auch die kleinen Dörfer entlang des Wegs interessant, etwa die sechseckige Einsiedelei San Miguel de Arretxinaga, deren Altar von einem mächtigen Megalith-Monument gekrönt ist.
Von Portugalete aus geht es auf 11 bequemen Kilometern hinunter zur Playa de la Arena, bevor man über eine Treppe mit herrlichen Ausblicken wieder auf den Weg oberhalb der Küste gelangt.
Vom Baskenland nach Kantabrien
An Steineichen und Stechpalmen entlang führt der Weg über den Bergrücken Haya del Ontón aus dem Baskenland hinaus nach Kantabrien. Nächster Ort ist Castro Urdiales mit seiner Burg, dem Leuchtturm und der gotischen Kirche Santa María.
Am Hafen lohnt ein Blick in die Tavernen. Der östliche Küstenabschnitt Kantabriens, dem die Jakobspilger nun folgen, erstreckt sich bis zur Bucht von Santander. Großartige, weite Strände wechseln ab mit Felsenbuchten.
Es gibt Altstädte wie die von Laredo und Santoña. Laredo wird gekrönt von seiner gotischen Pfarrkirche Santa María, während in Santoña die romanische Kirche Santa María del Puerto aus dem 14. Jh. und die wuchtigen Festungsanlagen den kleinen Hafen überragen.
Löffler, Möwen, Kormorane und auch Graureiher sind hier unterwegs.
Über Somo erreicht man schließlich die regionale Hauptstadt Santander, wo früher die spanischen Könige Urlaub machten.
Mit den Parkanlagen, weiten Stränden, traditionellen Hotels, Strandpromenade und Kasino strahlt sie noch immer etwas von der Belle Epoque ab.
Weiter geht es über die Ferienorte Santillana del Mar und Comillas nach San Vicente de la Barquera, einen weiteren idyllisch gelegenen Fischerort mit seinem alten „Pilgertor“, der „Puerta del Pelegrino“, aus dem 13. Jahrhundert.
Durch Asturien und Galicien
Der nächste Ort, Llanes, liegt bereits in Asturien. Die Landschaft hier ist saftig grün. Die Ausläufer der mächtigen Gebirgskette Picos de Europa reichen an der asturischen Küste fast bis ans Meer.
Dazwischen liegen kleine rotgedeckte Dörfer und immer wieder tauchen schöne Sandstrände auf. Typisch sind die vielen „Hórreos“, Getreidespeicher.
Auf den grünen Weiden grasen neben Pferden und Schafen vor allem Kühe, denn aus der Gegend kommt der wichtige Milchproduzent Leche Pascual.
Über Ribadasella und Colunga mit seinem relativ flachen Küstenabschnitt führt der Weg dann ein Stück durch das Hinterland, um in Gijón die Küste wieder zu erreichen.
Eine Alternative und wohl schon im Mittelalter viel genutzte Variante ist der Weg über Oviedo, die Hauptstadt Asturiens und einer der historisch wichtigsten Pilgerorte der iberischen Halbinsel.
Küstenweg nach Gijón
Über den Küstenweg geht es nach Gijón und von dort aus durch eine von zahlreichen Kanälen durchzogene flache Landschaft über Avilés und den malerischen Küstenort Cudillero entlang bis an den Fluss Eo, der die Grenze zu Galicien markiert.
Von Ribadeo, dem ersten Ort der Autonomen Region aus, führt der weitere Weg in den nun noch verbleibenden Etappen am historisch bedeutenden Kloster Vilanova de Lourenzó vorbei und durch die alte Bischofsstadt Mondoñedo bis Arzúa.
Hier trifft man auf die letzten Etappen des Hauptweges und erreicht schließlich das große Ziel aller Jakobswege, Santiago de Compostela.
39 Etappen und keine Kerkelinge
Insgesamt besteht der Nördliche Jakobsweg aus 39 Etappen von einer Länge zwischen 12 und 25 Kilometern.
Es gibt zwar weniger Pilgerherbergen als auf dem Hauptweg, doch ein Bett findet sich immer.