Teneriffa - heiße Playas, luftige Höhen
Was für Superlative: der höchste Berg Spaniens, der wildeste Karneval jenseits von Río, der größte Papageienpark der Welt. Tatsächlich ist Teneriffa spektakulär, vor allem wegen seiner Klimazonen. Während wir den nasskalten Wintermonaten des Jahres entfliehen, um die kanarische Wärme am Meer zu genießen, frieren den Forschern des Observatoriums am Teide schon mal bei Minus 15 Grad die Fenster ein.
Der Clown vom Loro Parque
Der Clown guckt ernst. Die Kinder brüllen vor Vergnügen. Wir sind im Loro Parque, dem Mega-Freizeitpark von Teneriffa. Delfinshow. Gleich geht es los.
Am ovalen Becken ist kaum noch Platz, als plötzlich zwei Riesen dazukommen. Der Clown tapst mit angeschwollener Brust hinter ihnen her, reckt sich, stellt sich auf die Fußspitzen. Einer der Hünen dreht sich um, der Clown versteckt sich hinter einem Kinderwagen, die Menge quietscht.
Der Mann aus Russland guckt betont ernst, muss aber dann doch lachen. Was keiner weiß: der Clown ist taubstumm. Und hat in dem Park seine erste richtige Festanstellung bekommen.
Bei der täglichen Delfinshow darf er seither nicht fehlen, wenn die Meeressäuger ihre artistischen Sprünge vorführen.
Guanchen, Lava, Tintenfische
Im Nordwesten von Teneriffa liegt dieser Freizeitpark, hat viele Arbeitsplätze geschaffen und ist ein Magnet für die Besucher. Neben über 300 Papageienarten (Loros) gibt es Seelöwen, Schimpansen, Flamingos, Tiger und sogar Pinguine.- Und Rummel, Touristenbusse, Schlangen vor der Kasse.
Wenige Stunden später im Kern von Garachico, einem kleinen Ort am Meer. Die Luft ist abgekühlt, die Besucher sind fast alle weg, der Hauptplatz füllt sich mit Bewohnern.
Nachdem 1706 ein Lavafluss das Hafenviertel unter sich begrub, hat man den Ort liebevoll wieder aufgebaut. Und abends sind die Garachicos unter sich, plauschen auf der Caféterrasse, essen als Tapas ein paar eingelegte Tintenfische und genießen die laue Abendstimmung.
In solchen Momenten kann man kaum glauben, dass die Insel Teneriffa von jährlich fünf Millionen Touristen besucht wird und den Ruf einer dröhnenden Discoinsel einfach nicht los wird. Tatsächlich aber ist sie viel mehr als das.
Halb Teneriffa unter Naturschutz
Über 350 Kilometer erstreckt sich die Küste, reich an dem, was alle Kanareninseln anziehend macht: Playas. Las Teresitas nahe der Hauptstadt Santa Cruz ist Teneriffas Strand par excellence, palmengeschmückt, brandungssicher und mit feinem weißen Sand ausgestattet.
Im wahrsten Sinne des Wortes ausgestattet. Denn er stammt keineswegs von der Insel selber, sondern ist Sahara-Sand, aus Afrika eingeschifft und mit Palmen bepflanzt. Von Haus aus ist der Sand der Vulkaninsel nämlich pechschwarz, wie etwa die attraktive Playa de Bollullo in Puerto de la Cruz.
Weniger für Sonnenanbeter als für erfahrene Windsurfer eignet sich die Playa de Médano, wo der beständige Wind den Surfern zu waghalsigen Sprüngen verhilft.
Vamos a la playa, das hört man auf Fuerteventura öfter als hier. Auf Teneriffa heißt es auch schon mal vamos al interior (gehen wir ins Inselinnere).
Im östlichen Anaga-Gebirge
Wer sich von der Küste in das Landesinnere locken lässt, erlebt ein ganz anderes Teneriffa. Im östlichen Anaga-Gebirge schweift der Blick über Bergerücken und Küste bis nach Gran Canaria – wenn die Passatwolken es zulassen.
Rund um den Aussichtspunkt Mirador del Inglés sieht man noch die Höhlen der Guanchen, die hier ursprünglich lebten. Weiter in der Inselmitte erstreckt sich die Paisaje Lunár, eine bizarre Mondlandschaft aus erodierten Tuffsteingebilden, die schon für manchen Science-Fiction-Film als Kulisse dienten.
Nach Westen hin liegt der Barranco del Infierno, die Höllenschlucht, die bei Wanderern so beliebt ist wie der Teide. Mit 3718 Metern ist er der geografische Höhepunkt, nicht nur der Insel, sondern ganz Spaniens.
Mit einem Durchmesser von gut 16 Kilometern und einer Landschaft aus erkalteten Lavaströmen, großen Brocken und bizarren Formen 1799 begeisterte er Alexander von Humboldt.
Den deutschen Pflanzenforscher erstaunte vor allem die Vielfalt auf so engem Raum: Drachenbäume, Bananen und schlanke Palmen in den Küstenlagen, darüber Lorbeerwälder, ab 1000 Meter Höhe Kiefern, aus denen hier die Balkone gemacht sind, und die ohne das Nass der Passatwinde nicht überleben könnten.
Ab 2000 Meter Höhe gedeihen einige Moose und Flechten sowie der Ginster, der ab Ende April sattgelb blüht.
Wem nach so beindruckendem Naturschauspiel nach urbanem Leben ist, der findet am Südzipfel der Insel Highlife pur: Los Cristianos und Playa de las Américas heißen die Urlaubszentren, prall gefüllt mit Casinos, Spielhöllen und Bühnenshows. Ist man hier rundum auf Service, internationalen Geschmack und deutschen Filterkaffee eingestellt, sieht es in der Inselhauptstadt Santa Cruz de Tenerife ganz anders aus.
Teneriffas Salsa, Rumba, Merengue
Die Hafenmetropole Santa Cruz bekommt im Grunde nur an Karneval viele Gäste, dann aber platzt die Stadt aus den Nähten. Salsa, Rumba und Merengue übertönen den Stadtverkehr, brasilianische Komparsen und karibische Kostüme begleiten die kunterbunten Züge.
Zwei Wochen vor Aschermittwoch treten die Inselbewohner zum Faschings-Marathon an, küren die Schönste aus Tenerife und verulken die Karnevalsprinzessin der Nachbarinsel Gran Canaria, gerne schon mal dargestellt als dralles Schweinchen.
Calatravas Konzerthaus
Wie wenig die Stadt sonst nach wie vor auf Tourismus eingestellt ist, sieht man an den wenigen Hotels. Dabei hat sie mit Calatravas Konzerthaus ein nahezu so effektives Facelifting erhalten, wie es dem Guggenheim-Museum mit Bilbao auf dem spanischen Festland gelang.
Wie eine überdimensionale Möwe liegt der Bau am Meer, bekrönt von einem waghalsig geschwungenen Dach und zieht so bewundernde Blicke auf sich (siehe Kasten).
La Orotava
Die Stadt lohnt den Besuch, denn an der zentralen Plaza de España gibt es oft Open-Air-Festivals, in der Fußgängerzone gehen Stickereien und Keramik aus dem Künstlerort La Orotava über den Ladentisch und die Marktstände biegen sich mit kleinen, schmackhaften Bananen, Mangos und Papaya, Weintrauben und Tomaten.
Von den roten Staudengewächsen exportiert die Insel jährlich 120 Millionen Tonnen, hauptsächlich nach Europa.
Teneriffa kulinarisch
Die Hauptstädter gehen gerne im Zentrum und im angrenzenden Städtchen La Laguna essen, und lieben es hausgemacht: etwa den „Puchero Canario“, ein klassischer Eintopf aus Fleisch und knackigem Saisongemüse, Mais-Gofios, würzigen Käse, Kaninchen oder frischem Fisch wie Meeräsche oder Zahnbrasse.
Dazu trinken sie gerne einen leichten Inselwein oder auch Dorada, das Lokalbier, das selbstverständlich mit dem klaren Quellwasser des Teide gebraut ist.
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