Vitoria: Die Hauptstadt der Basken

Vitoria-Gasteiz ist die Hauptstadt der Provinz Álava und seit 1980 des Baskenlands. Die 250.000 Einwohner leben in einer der grünsten Metropolen der iberischen Halbinsel. Allein in den Parks Florida und Arriaga gibt es von der Amsel bis zur Zwergohreule über 200 Vogelarten. Und auch wenn sie deutlich im Schatten berühmter Metropolen wie Bilbao und San Sebastián steht, einen Besuch ist sie wert.

von Tobias Büscher

Als die Europäische Kommission Vitoria Gasteiz im Jahr 2012 zur "Grünen Hauptstadt Europas" ernannte, stand sie plötzlich in einer Reihe mit Stockholm, Kopenhagen und Lissabon. Fünf Parks, 32 Kilometer Grünfläche rund um die Baskenstadt und ein Artenvielfalt seinesgleichen überzeugen natürlich. Doch selbst eingefleischte Spanienfans wissen oft nicht, wo die Metropole überhaupt liegt.

Und das, obwohl der National Geographic die Stadt zu den 25 sehenswertesten Metropolen der Welt zählt. Wegen der umweltfreundlichen Urbanität, dem Internationalen Jazzfestival im Juli, der legendären Celedón Figur mit Baskenmütze und Regenschirm und natürlich auch wegen den bezahlbaren, leckeren Pintxos, wie die Tapas hier heißen. 

 

Veni, Vidi, Vito

Vitoria liegt fern ab vom Meer, vom Jakobsweg, vom Tourismus. Doch politisch und wirtschaftlich hat die Metropole einiges erlebt. Ein Westgotenkönig namens Leovigild nannte sie "Die Siegreiche", nachdem er im sechsten Jahrhundert eine Schlacht gegen baskische Truppen gewonnen hatte. Viele Jahrhunderte später siegte Wellington über Napoleons Truppen in der "Schlacht von Vitoria", die heute jedes spanische Schulkind kennt.

Und auch wenn die Metropole in 500 Meter Höhe kaum in Reportagen und Reisebüchern auftaucht, so sind große Unternehmen auf sie aufmerksam geworden. El Coto de Rioja produziert hier Wein, Michelin Reifen und Daimler den Kastenwagen Vito. Der Name ist eine Abkürzung der Stadt.

Besuch mit Bauhelm

Vitorias Altstadtplätze sind die Wohnzimmer der Stadt, die Museen wie das Artium und das Armería auf fremdsprachige Besucher kaum eingestellt, die Restaurants ein Ziel der Nachbarn.

Und dann gibt es noch die Catedral Viejo, die alte Katherale mit Namen Santa María. Schon allein sie ist einen Besuch wert. Warum? Das steht prominent am Eingang: "Betreten wegen Restaurationsarbeiten erlaubt".

Ab dem 13. Jahrhundert haben die Baumeister die gotische Kirche auf leicht abschüssigen Grund errichtet. Und dabei einen Fehler begangen, wie er bei keiner anderen Kathedrale Spaniens passiert ist. Sie integrierten einen Teil der Stadtmauer in die Planung mit ein.

Dann bauten sie die gotische Kathedrale himmelstürmend nach oben, denn sie wussten ja: Spitzbögen wirken entlastend. Was sie allerdings nicht bedachten: Die Stadtmauer selbst hatte nur ein Fundament von einem halben Meter unter dem Boden. Das Ergebnis heute: Risse in den Wänden, Stahlseile als Stabilisator, und im Fundament knallhartes Granit aus der Extremadura. 

Heute muss man sich keine Sorgen mehr machen: Die Mauern halten. Doch weil die Bauarbeiten anhalten, ist der Besuch mit Bauhelm Pflicht.

Sicher ist: Was riskant begann, wurde zur Herausforderung namhafter Statiker. Selbst Fachleute aus León sind schon angereist, um das Gotteshaus endgütig vor dem Einsturz zu bewahren.

Eine Markthalle als Highlight

Ein weiteres Highlight ist die Abastos-Markthalle mitten im Zentrum. Der ursprüngliche Markt hat eine schicke Hülle aus Glas bekommen. Die Stände bieten alle kulinarischen Highlights der Region vom Idiazabal-Schafskäse bis zum Lammfleisch, vom Weißwein Txacolí über Craft-Bier bis zur Paprika. Und oben gibt es eine Sonnenterasse und eine riesige Halle für Kochkurse (auch auf Englisch). 

Ausgehen in Vitoria

Tagsüber treffen sich die Anwohner vor dem eigentlichen Essen gerne auf ein paar Tapas auf den Pläten wie der Plaza de la Virgen Blanca

Das Nachtleben der Unistadt ist an den Wochenenden vor allem in den Altstadtgassen Cuesta, Cuchilleria und Zapatería ziemlich lebhaft.

"txikiteo" ist dann angesagt, mit Freunden vor den Bars stehen und kleine Gläser Bier oder Wein trinken.

Wobei als Wein vor allem der leichte Txacolí gefragt ist, und als Bier Craft-Bier aus der Gegend, das in letzter Zeit immer beliebter wird.

Ausflüge ab Vitoria

Ausflüge bieten sich zu den Naturparks der Umgebung mit ihren dichten Steineichenwäldern an: In Gorbea, Itzki und Aizkorri-Aratz sind die Wanderwege und Vogelbeobachtungsstationen auch für Familien geeignet, siehe Parques Naturales.

Für Weinliebhaber gibt es Winzerorte wie Laguardia sowie Bodegas wie Riscal mit seinem Gebäude von Frank Ghery. Und Honigfans kommen in Orbiso auf ihre Kosten.

Eine Kuriosität wiederum ist die 30 km entfernte Salzanlage im Valle Salado de Añana, wo bis heute ein besonders reines Salz gewonnen wird.

Anreise per Flugzeug

Der Flughafen von Vitoria bietet vor allem Inlandsflüge an, wobei Ryanair direkt von Köln in die baskische Hauptstadt fliegt.