Crowdfarming: Mein adoptiertes Schaf Roquel

Orangensaft und Olivenöl vom eigenen Baum. Wissen, woher das Produkt kommt. Und das alles ohne lange Lieferketten und Lebensmitteln im Müll. Crowdfarming ist voll im Trend. Doch klappt das auch einwandfrei? Wir haben es ausprobiert, im Internet das kleine kastilische Schaf Roquel adoptiert, das Futter bezahlt und dann fünf Monate auf die Käselieferung gewartet.

von Tobias Büscher

Supermärkte bieten Produkte aus regionalem Anbau an, stellen Bio ins Regal und achten auf Gütesiegel. Wir Deutsche werfen allerdings pro Kopf 80 Kilo Lebensmittel weg. Im Jahr. So landen laut Plusminus über 18 Mio. Tonnen Lebensmittel im Müll. Auch deshalb liegt Crowdfarming immer mehr im Trend: Olivenbauern bezahlen und dafür Olivenöl bekommen. Das ist eine Art Landwirtschaft 2.0. Es unterstützt die Kleinbauern und verhindert Verschwendung.

Crowdfarming Step by Step

Wer über so etwas schreibt, sollte es testen. Und da mein Lieblingsland Spanien ist, habe ich einen Landwirt in Kastilien gesucht, der Schafskäse produziert.

User sucht Bauer

Auf crowdfarming.com/de habe ich zunächst nach dem passenden Produkt gesucht. Da gibt es eine Menge: Kaffee aus Kolumbien, Balsamessig aus Italien oder eben auch Schafskäse aus Spanien.

Der Klick ging auf den Bauern Antonio Marqués Martin umringt von seinen Ovejas (Schafen). Seine Finca liegt in Ciempozuelos, einem Kaff südlich von Madrid. Dort, wo besonders viele Merino-Schafe leben.

Antonio erklärt mir online: „Adoptiere ein Schaf aus unserer Herde und erhalte deine Ernte in Form von handgefertigtem Käse direkt zu dir nach Hause.“ Meine Wahl fällt auf das Schaf Roquel.

Ein halbes Jahr später sei der Käse dann fertig. In der Zwischenzeit liefert Roquel ihrem Bauern rund 150 Liter Milch. Und ich bekomme dann Anfang April 3 kg. Schafkäse: reiner Käse sowie ein halbes Kilo in Olivenöl eingelegt.

Manchego, kaum teurer als beim Rewe

Ich bezahle per VISA und bekomme auch sofort, am 11.11.2018, die korrekt verfasste Rechnung als PDF.Der Kilopreis für den Käse meines adoptierten Schafs liegt mit 27 Euro deutlich über einem Fetakäse bei Aldi, für den ich am selben Tag pro Kilo 8,45 Euro bezahlt hätte. Ganz ohne Wartezeit. Und, zugegeben, auch ohne lange Lieferwege.

Vergleicht man aber den Manchego von Rewe mit dem von Antonio, wird es spannend: Ein etwa gleichwertiger Schafskäse Semi Curado bei Rewe kostet mit 25 Euro pro Kilo kaum weniger. Der kastilische Bauer bietet mir seinen Manchego-Schafskäse also fast genauso günstig an wie die riesige Supermarktkette. 

Klar ist: Den Bauer Antonio aus Kastilien bezahle ich jedenfalls lieber als einem Konzern, der über seine Einkäufer auf brutale Art die Preise drückt. Und außerdem habe ich Roquel ja adoptiert. Wirklich wahr. Sogar eine Adoptionsurkunde habe ich bekommen, geiler als jeder Kassenzettel, oder? Gucken Sie mal:

So ein Käse: Lieferung kommt

Am 8. April 2019 kommt der Käse bei mir fast auf den Tag genau an wie angekündigt. Verpackt in Plastik, wegen der Lieferzeit. Der geschmackliche Test fällt hervorragend aus. Der Semi Curado vor allem, aber auch der in Olivenöl eingelegte.

Ein Brief von Antonio liegt auch bei. Er sagt, wie er das intensive Aroma hinbekommen hat: "Während der gesamten Reifezeit haben wir den Käse monatlich von Hand abgebürstet und zwischen zwei und neun Mal mit Olivenöl eingerieben". Und er gibt mir den Tipp: Nach dem Öffnen 15 Minuten ruhen lassen. Damit sich die Aromen voll entfalten.

Fazit: Lieferung einwandfrei. Qualität in Ordnung. Preis unter sozialen Gesichtspunkten ok. Lieferung aus dem fernen Kastilien dauert länger als Kauf beim Käseproduzenten vor Ort. Aber ich liebe Spanien nun mal. Nur eine Hoffnung hat sich bei mir nicht erfüllt. Hatte das Tier ja am 11.11. 2018 adoptiert, als der Karneval begann. Und hatte gehofft, er kommt schon am 1. April. Als Pointe. Die Ware kann ich übrigens zurücksenden. Wörtlich „Retoure Sheep“. Aber das tue ich natürlich nicht.

Ausblick: Mal Shaun, ob ich von meinem Schaf noch mehr Käse bekomme ... Jetzt werde ich erst mal meine Freunde zum Blindverkosten einladen. Und den Schafskäse vom Supermarkt gegen den von Antonio antreten lassen. Roquel und ich wissen schon, wer gewinnt.

Über den Autor

Tobias Büscher ist Journalist und Autor. Mit seiner Tochter guckt er Shaun das Schaf. Und für seine Recherchen ist er oft in Spanien. Crowdfarming hat er aber von Köln aus recherchiert.

Zähler