Pablo Picasso – Genie & Leidenschaft

Es gibt kaum einen Künstler, dessen Werk so vielfältig und so bekannt ist wie das von Pablo Picasso (1881-1973). Seine Bilder sind reich an geometrischen Formen und Perspektiven. Und 2023 ist dem Künstler, der den Krieg so hasste wie die Dikatur, eine ganze Reihe an Ausstellungen gewidmet. Zum 50. Todestag in Zeiten von Ukrainekrieg und krassen Ego-Herrschern.

von Melanie Geiser

Paris im Sommer 1907, Rue de Ravignan 13. Im Korridor eines schmutzigen Ateliers arbeitet ein zierlicher junger Mann mit markanter Nase und pechschwarzem Haar.

Nur ein Tuch bedeckt seine Lenden. Die Türen zu dem Raum, in dem die Papiertapete in Fetzen von den Bretterwänden hängt, sind sperrangelweit geöffnet.

Friedlich liegt sein großer Hund Frika vor dem Diwan, der wie alle Zeichnungen und aufgerollten Leinwände von einer dicken Staubschicht überdeckt ist.

Auffällig ist das riesige Bild, das im Atelier steht: „Les Demoiselles d'Avignon“. Aus einer Reihe unterschiedlicher Blickwinkel zeigt es fünf fast unbekleidete Frauen, in eckigen Formen abstrahiert und zum Teil deformiert. Der Künstler: Pablo Picasso.

Blaue Periode und Harlekinmotiv

Der junge Picasso bewohnt das Bateau-Lavoir von 1904 bis 1909. Es ist ein verwahrlostes Haus auf dem Pariser Montmartre, das vor allem Künstler nutzen.

Zu Beginn dieser Zeit vollzieht er den Übergang von der Blauen Periode (1901 bis 1904) zur wesentlich fröhlicheren Rosa Periode (1905 bis 1907).

In der Blauen Periode malt er traurige Figuren, Außenseiter und Kranke in Blau und Grün, in der Rosa Periode dagegen häufig Gaukler, Akrobaten und Harlekins in Rosa und Orange.

Den Zirkus und besonders den Harlekin malt Picasso immer wieder, denn die Artisten stehen für ihn stellvertretend für ein freies Leben ohne Konventionen.

Charakteristisch für Picassos Werk ist auch, dass er Farben und Formen auf ein Minimum reduziert. Dieses Merkmal seiner Kunst springt bereits in den Gemälden seiner Blauen Periode ins Auge, in der der junge Picasso seinen eigenen Stil findet.

Wenige Jahre später löst das weltbekannte Ölgemälde Les Demoiselles d’Avignon, das im Anschluss an die Rosa Periode entstanden ist, bei Picassos Zeitgenossen einen Schock aus:

Er reduziert die Bildfiguren nicht nur auf ihre einfachen geometrischen Grundformen, sondern stellt Teile der Körper sowie der Gesichter mancher Figuren gleichzeitig in mehreren Perspektiven dar.

Analytischer Kubismus

Die "Demoiselles d'Avignon" sind ein Schlüsselwerk der Kunstgeschichte, das die Stilrichtung des analytischen Kubismus einleitet: In dieser Phase, die bis ungefähr 1911 andauert, werden die Elemente Raum und Bildgegenstand in ihre einfachen geometrischen Grundformen zerlegt und bei spärlicher Farbgebung dargestellt.

Charakteristisch ist auch die Simultanansicht, bei der die Körper menschlicher Figuren sowie andere Bildgegenstände gleichzeitig in allen Perspektiven gezeigt werden.

Teil 2: Picasso: Politik, Guernica und die Frauen

*Info zum Bild "Bañista" (Die Badende)

Pablo Picassos malte das Ölgemälde "Bañista" (Baigneuse/Badende, 96,7 x 130 cm) am 5. Juli 1971 im französischen Mougins bei Nizza. Es hängt heute im Museo Picasso in der andalusischen Stadt Málaga.