Der Tod wohnt nebenan

Der Kriminalroman von Francisco González Ledesma spannt einen weiten Bogen von Francos Spanien bis zur Gegenwart, ist bissig geschrieben, jedoch aus einer liebevollen Perspektive heraus. Vor allem der klassisch-kauzige Inspektor macht ihn lesenswert.

eine Rezension von Christian Beck

Ein Mann wird ermordet, der vor 30 Jahren an einem Bankraub beteiligt war, bei dem ein Kind starb. Sofort steht der Vater dieses Kindes unter Verdacht.

Inspektor Méndez soll Beweise für den vermutlichen Racheakt finden, sieht zeitgleich aber auch das Leben des einstigen Komplizen des Bankräubers in Gefahr - und auch der scheint wahrlich kein Unschuldslamm zu sein.

Die Figur des Inspektors

Inspektor Méndez steht kurz vor dem Ruhestand. Beruflich hat es der Mann nicht weit gebracht. Sein Handy benutzt er fast nie, sondern ruft lieber aus Bars an, in denen er mittags und abends isst.

Die Berichte verfasst er, wenn überhaupt, auf der einzigen Schreibmaschine des Reviers.

Milieu pur

Der Roman ändert häufig seine Perspektive. Wohin die Reise geht, ist aber gleich zu Beginn absehbar. Da ist von „fettarmen Joghurts für die Mütter“ die Rede , die Diät machen sollten, „damit sie in die winzigen Wohnungen passten, in denen sie jetzt hausten“.

Oft lässt der Erzähler auch den Inspektor selbst zu Wort kommen. Er unterhält sich mit Leuten, die viel über Aktuelles und die immer noch allgegenwärtige franquistische Vergangenheit reden und hämisch kommentieren.

Gerade Kennern Spaniens wird es Spaß machen, dabei zwischen den Zeilen zu lesen. Der Autor spart nicht mit bissigen politischen Seitenhieben und schildert ein derart schmutziges Barcelona voller Gangster und Huren, dass die Angestellten des örtlichen Infoamts beim Lesen sicher vom Stuhl fallen.

Doch das kann einem Krimi ja nur guttun. Fast unnötig zu erwähnen, dass Ledesma als Autor unter Franco Publikationsverbot hatte.

Fazit: ein lesenswertes, sehr gut geschriebenes Buch, bei dem man nebenbei einiges über Barcelona (und die Welt) erfährt, wenn auch nicht so sehr über die schönen Seiten.

Der Krimi ist hart, witzig und manchmal sentimental und die Lösung des Falles etwas überraschend, wenn auch nur für diejenigen, die den Roman nicht als Ratekrimi gelesen haben. Er ist aber ohnehin viel mehr als das.

Infos zum Buch:

 Francisco González Ledesma, Der Tod wohnt nebenan. Originaltitel: Una Novela de Barrio (2007). Bastei Lübbe, 2. Auflage 2010, als Taschenbuch 12,82 € bei amazon:

Francisco González Ledesma (1927), Jurist und später Chefredakteur der Tageszeitung La Vanguardia, wurde häufig ausgezeichnet, unter anderem für diesen Kriminalroman.

 

 

 

 

Weiterführende Links:

 

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