Genial und rätselhaft: Las Meninas
Ein Bild, so berühmt wie kein anderes im Prado Museum von Madrid. Ein Meisterwerk von Diego Velázquez und rätselhaft zugleich. Die Kunsthistorikerin Andrea Hobusch beschreibt die Geschichte und interpretiert das Werk des spanischen Hofmalers.
Maler: Diego de Velázquez (1599-1660)
Bildtitel: Las Meninas (Die Hoffräulein)
Jahr: um 1656
Format: 318cm x 276cm
Material: Öl auf Leinwand
Ort: Prado-Museum, Madrid, Saal 12
Diego de Velázquez
Velázquez gehört zu den bedeutendesten spanischen Malern. 1599 in Sevilla geboren, trat er 1610 eine Ausbildung in der Werkstatt von Francisco Pacheco an. 1623 wurde er Hofmaler am spanischen Königshof. Er lebte bis zu seinem Tod im August 1660 in Madrid.
Las Meninas - eine erste Annäherung
Velázquez´ Gemälde „Las Meninas“ ist nicht nur ein Königsporträt, sondern gleichzeitig auch ein Selbstporträt des Malers. Zu sehen ist ein großer, abgedunkelter Atelierraum, wahrscheinlich sein eigenes Studio in der königlichen Alcázar-Festung in Madrid, in dem Gemälde eines spanischen Malers nach Vorbildern der großen flämischen Meister Rubens und Jordaens hängen.
Von der Infantin bis zu den Hofnarren
Im ansonsten dunklen Raum sieht man hell erleuchtet in weißem Spitzenkleid mit ausgestelltem Rock die fünfjährige Infantin Margarita (1651-1673), einzige Tochter des spanischen Königs Philipp IV. (1605-1665), umringt von ihren beiden Hoffräulein María Augustina de Sarmiento (links, knieend mit rotem Kännchen) und Isabel de Velasco (rechts, mit leichtem Knicks).
Im rechten Bildvordergrund sind die beiden Hofzwerge María Bárbola und Nicolasito Pertusato, der seinen Fuß auf den schlafenden Hofhund setzt, als wolle er ihn aufwecken.
Etwas weiter hinten stehen die Hofgouvernante Marcela de Ulloa und ein Hofbeamter. Weit im Bildhintergrund verharrt in der geöffneten Tür der Hofmeister José Nieto und aus dem neben der Tür aufgehängten Spiegel blickt uns das Königspaar entgegen: Philipp IV. und María Anna von Österreich (1634-1696).
Und schließlich im linken Bildbereich Velázquez in vornehmer Kleidung, mit Pinsel und Palette, den Blick auf den Betrachter gerichtet.
Ein Bild, ein Rätsel, eine Wurf für die Ewigkeit
Las Meninas gehört zu den meistinterpretierten Gemälden der Kunstgeschichte und hat viele Maler inspiriert. Allein Pablo Picasso fertigte vierzig eigene abstrakte Versionen des Gemäldes an. Faszinierend an dem fast 9 m² großen Bild sind die lebensnahe Darstellung der Personen und die räumliche Perspektive.
Sobald man sich auf das Gemälde einlässt, kommen Fragen auf: Was ist eigentlich auf der Leinwand zu sehen, an der der Maler arbeitet? Malt Velázquez gerade an dem Porträt des Königspaares, das man im Spiegelbild an der hinteren Wand erkennt, oder blickt er selbst in einen Spiegel, sodass er sich selbst gerade an seinem eigenen Porträt und dem der Königsfamilie zeigt?
Sehen wir etwa heute in Gesamtansicht das Gemälde von vorne, das wir im Bild nur angeschnitten von der Rückseite sehen? Sind wir Betrachter also an der Stelle des einstigen Spiegels, der Spiegel als Gedachtes außerhalb der bildlichen Welt?
Wie aber kommt dann das Königspaar als Spiegelung in den Bildraum? Fragen über Fragen ...
Las Meninas im Spiegel seiner Zeit
Das Bild ist auch eine anspruchsvolle Reflexion des Künstlers Velázquez über das Wesen und den Wert der Malerei.
Es entstand im 17. Jahrhundert, als sich die Malerei noch nicht überall als sogenannte „freie Kunst“ etabliert hatte. Anders als die Poesie und die Musik galt sie oft noch als bloßes „Handwerk“.
Um dagegen zu halten, stellten viele Maler ihre Kunst in den Vordergrund und malten sich als noble Herren gleich mit in die Gemälde hinein. In kunstvollen Atelierbildern, Selbstporträts und auch oft verrätselten Gemälden mit Spiegeln stellten sie demonstrativ ihr Können unter Beweis.
Santiago-Kreuz statt Malerkittel
Velázquez demonstriert dies auf ganz besondere Weise: Er präsentiert sich hier mit dem Kreuz der Santiago-Ritter auf der Brust – tatsächlich wurde er aber erst drei Jahre später Mitglied dieses aristokratischen Ordens!
Es war eine außerordentlich hohe Auszeichnung für einen Maler und wurde ihm nur unter der Voraussetzung zuerkannt, dass 100 Zeugen bestätigten, Velázquez übe die Kunst der Malerei nicht als reines Handwerk um des Geldes Willen aus, sondern zum Gefallen des Königs.
Velázquez adelt sich in diesem Gemälde gewissermaßen vorzeitig selbst – und damit zugleich auch die Malerei als eine noble, edle Kunst.
Allerdings: Glaubt man dem Kunsttheoretiker Antonio Palomino, der 1724 die erste schriftliche Abhandlung über „Las Meninas“ verfasste, so wurde das Kreuz erst nachträglich, nach Velázquez´ Tod, auf Wunsch des Königs in das Bild gemalt.
Las Meninas im Prado
Das Bild Las Meninas hängt im Prado und lässt sich auch in sehr guter Qualität auf der Homepage des Museo del Prado online ansehen. Brillant: Die Bilder sind mit 14 Gigapixeln aufgenommen und können detailgenau herangezoomt werden, bis hin zum Wimpernschlag von Isabella! Solche Details erschließen sich einem nicht einmal vor Ort, geschweige denn anhand eines Bildkatalogs.
Ausstellungsort:
Museo del Prado, Paseo del Prado, s/n28014 Madrid, museodelprado.es, geöffnet: Mo-Sa 10-20, So bis 19 Uhr
Eintrittspreise
Genereller Eintritt: 15 €, freier Eintritt: Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, Senioren ab 65 Jahre, Arbeitslose der EU, Studenten der EU unter 25 J.