Literatur-Farce in Spanien
2022 ist Spanien Gastland der Frankfurter Buchmesse. „Sprühende Kreativität“ lautet das Motto. Doch das Land des Cervantes erlebt derzeit einen handfesten Skandal. Der lukrative Premio Planeta ging am 15. Oktober 2021 an eine Hardcore-Krimi-Autorin namens Carmen Mola. Die aber gibt es gar nicht, es ist das Pseudonym eines Männer-Trios. Nun ist die Kulturszene im Aufruhr.
von Marcos Fernández Vacas
Name der Schreiber: Antonio Mercero, Jorge Díaz und Agustín Martínez: Eigentlicher Beruf: Drehbuchschreiber für Film und Fernsehen. Bizarrer Titel des Gewinner-Buches: La Bestia. Eine Geschichte voller brutaler Gewalt im Madrid des Jahres 1834. Das war bereits das Erfolgsrezept der Autoren in der Trilogie 'La novia gitana', 'La red púrpura' und 'La nena'.
Eine Million für viele Morde
Die Romane sind seit 2018 erschienen und ein Sensationserfolg. Die Geschichten drehen sich rund um die grappa-süchtige und karaoke-singende Kriminalkommissarin Elena Blanco.
Morde, Vergewaltigungen und psychische Abstürze begeistern das Publikum. Weit über 400.000 verkaufte Exemplare sind ein Spitzenwert. Im prämierten La Bestia geht es jungen Mädchen an den Kragen. Die Karlistenkriege, die grassierende Cholera und finstere Friedhofsszenarien runden das makabre Spektakel ab.
Im November 2021 erscheint der Roman in die Buchläden. Doch bereits im Vorfeld verzeichnete der Gigant unter den spanischen Buchhändlern namens Casa del Libro die meisten Vorbestellungen überhaupt, noch vor dem Roman von Pérez Reverte, El Italiano.
1 Million Euro Prämiengeld erfreuen die Autoren jetzt schon. Denn seit diesem Jahr ist der Premio Planeta der höchstdotierte Literaturpreis der Welt.
Sexismus turnt nicht alle an
Im Ausland findet die Farce wenig Widerhall. In Deutschland berichteten Spiegel und SZ zeitnah. Doch in Spanien geht es in der Literaturbranche seitdem hoch her. Denn der Verlag Alfaguara selbst hat den Mythos über die fiktive Autorin Carmen Mola entfacht. Sie sei eine einfache Institutslehrerin mit drei Kindern, die sich abends schreibend den Hardcore-Krimis widmet.
Für viele ist dies ein geschmackloser Marketing-Trick. Die schreibende Frau diene als Deckmantel für Perversionen gegen Frauen in einem Roman.
Wohl besonders niveaulos ist dabei: Mola heißt auf Spanisch „turnt an“.