Studenten in Salamanca feiern heute Silvester
Heute endet in Salamanca das Studienjahr. Und weil die vielen Studenten aus allen Regionen des Landes nicht gemeinsam Silvester feiern können, steigt in dieser Nacht die größte Uniparty ganz Spaniens: die Nochevieja Universitaria.
von Roberto Di Bella
In der altehrwürdigen Universitätsstadt Salamanca am Río Tormes gehen heute Nacht die Böller hoch, bildlich gesprochen. In der Stadt mit einer der ältesten Universitäten der Welt feiern neben den 30 000 Studenten auch viele Freunde aus dem In- und Ausland mit. Und so wird die verschlafene, UNESCO-geschützte Altstadt zur gigantischen Party-Plattform.
Silvester schon vor Weihnachten
Begonnen hat alles im Jahr 2005, mit einem Treffen unter Studenten. Da jeder von ihnen aus einer anderen Stadt stammte, konnten sie Silvester nicht zusammen feiern. Denn dem Ruf der Familie entzieht man sich in Spanien nicht so leicht. Also beschlossen sie, die Party einfach vorzuziehen und trafen sich dafür auf der Plaza Mayor, dem Rathausplatz. Zwei der damaligen Studenten, José Gutiérrez und Carlos Mateos gründeten zu diesem Zweck sogar eine eigene Firma namens Nuve Events Groups SL. Und so findet in Salamanca der gute Rutsch ins neue Jahr einfach zweimal statt. Die Party steigt immer am letzten Donnerstag vor den Weihnachtsferien. Der Donnerstag ist unter spanischen Studenten generell ein beliebter Tag zum Ausgehen. Die „Nochevieja Universitaria“ (NU) getaufte Veranstaltung beendet das Unijahr und zieht Studenten aus ganz Spanien an, aber auch aus Portugal, Frankreich, Großbritannien und Italien. Viele sind ohnehin gerade zu Gast an spanischen Universitäten. So kommt allein aus Alcalá de Henares (bei Madrid) eine Gruppe von fast 350 chinesischen Studenten, die sich diesen Abend nicht entgehen lassen wollen.
Eine Auszeit von der Krise
Das akademische Jahr in Spanien dauert neun Monate und wird in drei Trimester Vorlesungszeit eingeteilt, zwischen denen die Ferien liegen. Nuve Events vermarktet deshalb mittlerweile zwei weitere Veranstaltungen, die im Frühjahr und Sommer laufen. Die drei Partys laufen unter dem etwas pathetischen Gesamtlabel „El Curso de Tu Vida“ („Der Lauf deines Lebens“). Die NU bleibt mit Abstand die publikumsstärkste, mit Beteiligung namhafter Sponsoren und großer Medienresonanz. Vor einem Jahr kamen nach Angaben der Veranstalter fast 45.000 Teilnehmer. Es werden dieses Mal nicht weniger sein. Gerade in Zeiten, in denen es wenig zu lachen gibt für Spaniens Jugend, wollen viele für eine Nacht die Krise vergessen. Dabei ist das Ganze stramm organisiert. Um die Sicherheit zu gewährleisten, arbeiten die Organisatoren eng mit der örtlichen Stadtverwaltung und Polizei zusammen. Nach Angaben der Stadt beteiligt sich die Eventfirma auch mit 13.000 € an den Zusatzkosten. 90 Polizisten achten darauf, dass z.B. keine Glasflaschen auf die Plaza Mayor gelangen. Insgesamt 200 Sicherheitsbeamte sind im Stadtgebiet im Einsatz, dazu zahlreiche Erste-Hilfe-Kräfte. Es bleibt eine Riesen-Herausforderung. Man erwartet allein 104 Fernbusse aus ganz Spanien. Zwischen 16 und 40 € kostet das Ticket für die Hin- und Rückreise bei den eigenen Tour-Operatoren. In der Stadt wie auf den Zufahrtsstraßen führt man bei An- wie Abreise der Feierlustigen zahlreiche Alkoholtests und Drogenkontrollen durch. Diese werden bis morgen Mittag fortgesetzt.
Feiern mit Schwiegermuttermördern
Das Herz der Veranstaltung schlägt auf der Plaza Mayor. Der von Arkaden gesäumte Platz zählt zu den schönsten des Landes. Vor dieser stimmungsvollen Kulisse startet ab 19 Uhr das Rahmenprogramm, u.a. mit Acts von House-Geiger Miguel Lara und DJ Javi Reina. Drumherum gibt es weitere „fun areas“. Auf die Plaza Mayor werden maximal 23.000 Menschen gelassen, aus Sicherheitsgründen. Wer sich hier ins Getümmel stürzt, sollte trotzdem nicht an Platzangst leiden. Und sich warm anziehen. Die Stadt liegt 800 Meter hoch und in der Nacht auf Freitag fällt das Thermometer auf bis zu -4 °C. Um Mitternacht ertönen dann die „campanadas“ im Rathaus. Wie in Spanien zu Silvester üblich, kommen nun auch hier die zwölf Glückstrauben zum Einsatz, die „Uvas de la Suerte“. Damit der Brauch auch wirklich wirkt, müssen bekanntlich bis zum letzten Glockenschlag alle Früchtchen verputzt worden sein. 20.000 Tüten mit roten Trauben werden dank eines lokalen Sponsoren gratis verteilt. Dazu gibt es noch eine lustige Weihnachtsmütze und eine noch lustigere Tröte, auf Spanisch „matasuegras“ (wörtlich: „Schwiegermuttermörder“) genannt. Das ist der „kit de cotillón“, also die Feiertüte zur vorgezogenen Silvesterparty.
Salamanca, die Partystadt?
Nach den Glockenschlägen geht die natürlich weiter. Gegen 1 Uhr ziehen die Leute weiter. Z.B. in eine der insgesamt 58 Bars und Kneipen, die offizielle Partner der Veranstaltung sind. Hier kriegt nur der was zu trinken, der vorher an einem der Organisationsstände Verzehrbons zu je 3 Euro gekauft hat. Über 150 Studierende können sich dabei als kleine Eventmanager betätigen. Denn die Helfer erhalten keinen Stundenlohn, sondern werden prozentual am Umsatz beteiligt.Auch wenn es keine Zusammenarbeit mit der Universität gibt: der Stadtverwaltung liegt die Party sehr am Herzen. Dank des Events kann sich die kastilische Metropole erfolgreich als Partystadt vermarkten. Das ist wichtig in Zeiten knapper Kassen. Eine halbe Million Euro zusätzliche Einnahmen hat die NU der lokalen Wirtschaft beim letzten Mal eingebracht. Übrigens, man kann das bunte Treiben dieses Jahr auch live miterleben. Zum ersten Mal wird der Abend bei der Plattform wouzee als Livestream im Internet übertragen.