Winter-Jakobsweg nach Santiago
Er dürfte der unbekannteste aller Jakobswege sein. Und war früher dennoch ein sehr nützlicher für die Pilger nach Santiago de Compostela. Sie liefen diesen Umweg zum Ziel, weil sie dadurch einen verschneiten, sehr anstrengenden Pass umgingen.
Von Tobias Büscher
Der Winterweg ist kein eigenständiger Jakobsweg. So wie der Camino de la Plata (Silberweg) oder der Camino Primitivo von Asturien nach Galicien.
Er ist einfach nur ein kleiner Umweg. Von Ponferrada aus verläuft der Winterweg südlich des Hauptwegs nach Santiago.
Mit ihm vermeiden die Pilger den bei Schnee schwer zu laufenden Cebreiro-Pass. Und laufen ab Ponferrada 263 km. Auf dem Hauptweg wären es noch 200 km bis zum Ziel Santiago de Compostela.
Von Ponferrada aus nehmen die Pilger also einen Umweg von rund 63 km in Kauf. Und haben auch im Sommer einen Vorteil:
Der Camino del Invierno ist viel weniger gut besucht als der Hauptweg Camino Francés. Auch deshalb, weil die Pilgerurkunde bekommt, wer 200 km mit dem Rad fährt (für Wanderer gilt: 100 km).
Deshalb sind auf dem Hauptweg ab Ponferrada auch besonders viele Radfahrer unterwegs auf der letzten Etappe nach Santiago de Compostela zum Pilgerbüro.
Verlauf des Winterwegs: Galiciens Hinterland
Von Ponferrada aus geht es über die einstige Römermine Las Médulas und über Chantada nach Lalín, wo der Winterweg sich mit dem berühmteren Silberweg Ruta de la Plana vereint, der von Andalusien aus startet.
Der Winterweg ist vor allem dann interessant, wenn es auf dem Jakobsweg richtig voll wird. Beim Heiligen Jahr nämlich, wenn der 25. Juli als Tag des Apostels auf einen Sonntag fällt.
Es werden 350.000 Pilger in der Hauptstadt Galiciens erwartet. Angesichts solcher Massen ist dann wohl jeder Umweg mit weniger Gedrängel an den Herbergen eine Erholung.
Und man kommt in eine Gegend, die bei uns kaum einer kennt.
Im Land der Kelten
Dazu gehört die Kleinstadt Lalín als geografisches Zentrum der Region Galicien. Mit einem kuriosen Rathaus, kreisrund wie eine Keltensiedlung. Das ist kein Zufall.
Architekt Emilio Tuñón hat es so entworfen, weil in der Gegend rund um Santiago nicht nur Katholisches eine Rolle spielt.
Dort lebten lange vor dem Kult um den Jakobsweg die Kelten vom Stamm Galaicos. Die Anwohner damals sind der Grund für den heutigen Namen der Region: Galicien.