Jakobsweg: Spaniens Pilgerroute Camino Francés
Die beliebteste Wanderroute der Iberischen Halbinsel ist eine Schatztruhe romanischer Baukunst. Sein Ziel Santiago de Compostela ist entsprechend im Juli und August heillos überfüllt, wobei derzeit wegen Covid19 das Pilgern nicht stattfinden kann. Hier erfahren Sie, wann es auf dem Camino am schönsten ist, was Wanderer für die Reise brauchen und welche die Highlights am Weg sind. Und welche Gefahren es gibt, beispielsweise die Pilgerwanze.
Entlang des Jakobswegs fahren, laufen und reiten seit Jahrhunderten Neugierige, Abenteurer und Pilger bis zur monumentalen Granitstadt Santiago de Compostela, dem Pilgerziel und gleichzeitig der Hauptstadt der autonomen Region Galicien.
Zunächst einmal: Hier zeigen wir Ihnen den Hauptweg, genannt Camino Francés, also Franzsösischer Weg. Er führt von den Pyrenäen über Burgos und León nach Santiago de Compostela.
Doch Spanier erreichen Santiago gerne auch über ganz andere Wege wie dem Camino Primitivo nach Santiago. Hier zuvor also kurz ein Überblick:
Jakobswege innerhalb Spaniens
Camino Francés: Der hier beschriebene Hauptweg von den Pyrenäen durch Kastilien nach Santiago.
Camino de Fisterra-Muxia: Weg von der Todesküste am Atlantik über Negreira nach Santiago.
Camino Inglés: Weg von A Coruña im Norden Galiciens nach Santiago, benant nach den Engländern (Inglés). Mein Kollege Cristobál Ramírez hat darüber kürzlich ein Buch geschrieben.
Camino del Norte: Weg von Ribadeo in Nordost-Galicien durch das Landesinnere nach Santiago.
Camino Portugués: Portugiesischer Weg vom südlichen Tui bis Santiago.
Camino Primitivo: Ältester Jakobsweg vom asturischen Oviedo bis Santiago.
Vía de la Plata: Jakobsweg von Andalusien bis Astorga und dann weiter auf dem Camino Francés.
Camino del Invierno: Die Strecke verläuft südlich des Hauptweges nach Santiago.
Via Künig: Führ von Cebreiro über Lugo und von dort entlang des Camino Primitivo nach Santiago.
Wie lang ist der Jakobsweg?
Von den Pyrenäen bis nach Santiago de Compostela sind es rund 800 Kilometer auf dem Hauptweg, dem Camino Francés.
Dabei führt der Weg durch verschiedene Regionen, darunter Navarra mit der Hauptstadt Pamplona, La Rioja mit dem Weinbrunnen, Kastilien-Leon mit den Weizenfeldern und Schäfern und schließlich Galicien mit der Hauptstadt Santiago de Compostela.
Wann am Jakobsweg wandern?
Klimatisch beste Reisemonate sind Ende Mai bis Ende September, wobei es im Hochsommer in der Weite der Meseta sehr heiß werden kann und der Jakobsweg vor allem im Juli/August normalerweise sehr gut besucht ist.
Für Wanderer empfiehlt sich Ende Mai, Anfang Juni besonders. Dann ist es auf dem Weg am schönsten. Auch wer von Südfrankreich aus über die Pyrenäen nach Santiago de Compostela läuft, sollte erst im Mai losziehen, sonst ist es in den Höhenlagen noch zu kühl.
Während der Pandemie hat sich coronabedingt am Jakobsweg einiges geändert. Auch ist der Weg durch die Ansteckungsgefahr weit weniger gefragt als früher.
Die Herbergen halten Hygiene-Regeln ein und lassen weniger Pilger übernachten. Auch ist der Pilgerausweis digital verfügbar, damit man sich das Stempeln spart und den Kontakt verringert.
Was auf dem Jakobsweg anziehen?
Nicht nur für Wanderer gilt: Ein warmer Pullover und ein Regencape sind auch im Sommer besser mit im Gepäck. Was für Wanderer auf dem Camino de Santiago wichtig ist: möglichst wenig Gepäck!
Frauen 8 Kilo, Männer 10 Kilo, mehr sollte es nicht sein. Daher gut prüfen, ob statt Kulturbeutel nicht auch die leichtere Plastiktüte geht, statt schweren Baumwollhemden leichte Sport-Shirts.
Vor allem aber auf gute Schuhe achten. Wer 800 km läuft, sollte Turnschuhe vergessen, und stattdessen Geld in leichte Thermo-Gore-Tex-Wanderschuhe investieren.
Das spart dann den Kauf der vielen Wundsalben und Pflaster. Auch wichtig: Die bereits eingelaufenen Schuhe sollten zur Stabilität über die Knöchel reichen. Hier drei Produkte, die besonders gut im Internet bewertet sind:
Wo liegen die Pilgerherbergen?
Das Netz der Pilgerherbergen ist heute so gut, dass Wanderer nach rund fünf Stunden schon auf die nächste Albergue de Peregrions stoßen. Den Komfort eines guten Hotels haben sie nicht, die Sanitäranlagen sind mal so mal so. Manche Herbergen sind privat betrieben, andere wieder unter staatlicher Obhut, etwa in Galicien.
Der Komfort ist extrem unterschiedlich. Herbergen wie die Albergue Domus Dei in Foncebadón etwa verlangen nur eine Spende und es gibt einen Gemeinschaftsessraum und ganz gute Duschen.
Andere werden von Freiwilligen betreut, etwa die Albergue Isaac Santiago in Los Arcos, wo auch ein Masseur arbeitet. Der Preis für eine Herberge liegt zwischen einer Spende und rund 5 bis 7 Euro.
Was brauche ich für die Pilgerherbergen?
Sinnvoll ist ein leichter Schlafsack (außer im Winter), um das Gepäckgewicht zu reduzieren. Wenn es etwas kühl ist in den Herbergen, lieber Socken tragen.
Die Schlafsäle der Pilgerherbergen haben oft keine Heizung, was im Hochsommer natürlich kein Problem ist. Auch gut: Leichte Sandalen (für die Duschen) und Ohrenstöpsel.
Denn das Schnarchen kann nerven. Wer Schlafsäle für Männer und Frauen gemixt nicht mag, dem stehen in der Nähe auch einfache Hostals oder gut eingerichtete Hotels zu Verfügung.
Corona verhindert Pilgerboom im Heiligen Jahr
Wer in der Nebensaison unterwegs ist, umgeht ein derzeit erhebliches Problem: es gibt durch den Boom des Camino weniger Betten in den Pilgerherbergen als Pilger, die dort übernachten wollen.
Und so kommt es in Hochphasen schon mal, dass Herbert an einem Freitag im Juli schnell losläuft, um noch als einer der ersten 30 an der nächsten Station zu sein. Käffchen zwischendurch? Besinnliches Laufen?
Nix, es könnte genau in dem Moment einer an einem vorbeilaufen und den letzten Platz in der Herberge reservieren.
Zahlen aus den vergangenen Jahren: im Januar sind knapp 40 deutsche Pilger auf dem Jakobsweg unterwegs, im Mai schon fast 4000. Wegen dem Heiligen Jahr hatten die Organisatoren mit Millionen Pilgern gerechnet. Doch dann kam die Pandemie. Der Papst ließ das Heilige Jahr (wenn der 25. Juli als Tag des Apostels auf einen Sonntag fällt) sogar bis 2022 verlängern. Doch die Corona-Lage hat fast alle Veranstaltungen unmöglich gemacht.
Kritiker halten das sogar für einen "Reinigungsprozess". Denn vor Corona war der Hype um den Camino in ihren Augen fast schon unerträglich. Vor allem Geistliche aus Galicien hatten sich über den anhaltenden Boom beschwert.
Pilgerpass für den Jakobsweg beantragen
Wer den digitalen Pilgerpass nicht möchte: Einen Pilgerausweis aus Papier kann man schriftlich bei der Fränkische Sankt-Jakobusgesellschaft beantragen:
Haus Hirsch
97769 Bad Brückenau
Den Pilgerpass bekommen Fans des Jakobswegs auch bei der Sankt Jakobusbruderschaft Düsseldorf
Pilgerausweis für Schweizer: www.pilgern.ch
Pilgerausweis für Österreicher: radolf.at
Pamplona: Hauptstadt Navarras
Hemingway-Leser und Stierkampfbegeisterte verbinden die Hauptstadt der Region Navarra (knapp 200 000 Einw.) vor allem mit den Sanfermines.
Zwischen dem 6. und 14. Juli treiben tollkühne, weißgekleidete Männer mit roten Halstüchern um Punkt acht Uhr morgens panische Kampfstiere durch die Altstadtgassen. Kein spanisches Fest wird so häufig von ausländischen Gästen besucht, wie das Stiertreiben in Pamplona.
Dafür geht es außerhalb der “Fiesta” eher beschaulich zu. Die Stadt am Westrand der Pyrenäen lässt sich am besten vom Parkplatz beim Parque de la Ciudad erkunden.
Zentrum ist die arkadengesäumte Plaza de Castillo, von wo die Sehenswürdigkeiten der Altstadt schnell erreicht sind.
Goya, Hirsche, Pfauen ...
Gleich an der Stadtmauer liegt das Museo de Navarra, in dem ein arabisches Elfenbein-Schmuckkästchen aus Córdoba, römische Mosaike und das Portät des Marques de San Adrián von Goya ausgestellt sind.
Wenige Schritte weiter westlich sind im grünen Parque de la Taconera Hirsche und Pfauen in einem Gehege nahe der einstigen Befestigungsmauer untergebracht. Hier verleitet ein Terrassencafé zu einer Pause.
Nach wenigen Gehminuten erreicht man die Kathedrale. Hinter der eher eintönigen klassizistischen Fassade von Rodríguez Ventura (1783) befindet sich außer einem gotischen Kreuzgang auch das Diözesanmuseum, in dem die Bischöfe seit dem 6. Jh. sakrale Kostbarkeiten in Hülle und Fülle anhäuften.
Beachtlich ist die Klosterküche mit einem immerhin 27 m hohen Rauchabzug. Eine genaue Beschreibung liefert der Reiseführer Galicien & Jakobsweg aus unserer Redaktion.
Gruselig dagegen wird es im Jakobsweg-Krimi Muschelmord:
Weizenfelder & Weinberge am Jakobsweg
In Puente la Reina treffen die Jakobswege aus Frankreich zusammen. Wer hier die sechsbogige, romanische Puente la Reina (“Brücke der Königin”) aus dem 11. Jh. überquert, hat noch gut 800 km bis Santiago vor sich.
Kurz vor dieser Ortschaft mit der quirligen Calle Mayor zeigt ein Hinweisschild zur rätselhaften Grabeskirche Ermita de Eunate(12. Jh.).
Inmitten von Kornfelder umgibt ein Arkadengang den harmonischen achteckigen Bau mit nur 11 m Durchmesser. “Estella die Schöne” (“Estella la Bella”) heißt es in den Tourismusbroschüren des nächsten Ortes gar nicht zu unrecht.
Estella(13 000 Einw.) zeigt sich auf den Anhöhen beiderseits des Ega-Flusses als mittelalterliche Kleinstadt mit einigen Kirchen und Klöstern.
An der Fassade des Palacio de los Reyes ist auf einem der Kapitelle der legendäre Kampf Rolands mit dem Riesen Ferragut inszeniert.
Logroño (110 000 Einw.) ist die Hauptstadt der Region La Rioja, höchst bekannt für den gleichnamigen roten Tropfen. Über der charmanten Altstadt mit ihrer barocken Kathedrale kreisen im Frühsommer die Störche, während in den Bars der schmalen Gasse Laurel (Lorbeer) jede Menge Tapa-Spezialitäten zum vino tinto angeboten werden.
Lesetipp: Interview mit dem spanischen Weinpapst José Penin
Santo Domingo de la Calzada verdankt seinen Namen dem Heiligen Domingo (1019-1109), der half, die Brücke über dem Oja zu bauen und die Straße (calzada) zu pflastern.
Noch zu seinen Lebzeiten wurde mit dem Bau der Kathedrale begonnen. Neben einer Alabasterskulptur des Heiligen und dem Hochaltar Retabel von Damian Forment (um 1540), fallen im Innern vor allem zwei lebende Hühner in einem Käfig auf.
Wer sie gackern hört, heißt es, habe in naher Zukunft sehr viel Glück in der Liebe.
Burgos - die Wiege Kastiliens
Unterhalb einer Burgruine strahlt die kastilische Stadt am Río Arlanzón im Zentrum noch heute eine gewisse Mantel- und Degen-Romantik aus.
Hier kam 1043 El Cid zur Welt, der Maurenbezwinger und gewiefte Taktiker, der seine Feinde bis in den andalusischen Raum verdrängte.Stadtbesichtigung von Burgos
El Cid ist mit seiner Ehefrau Doña Jimena direkt unter der Kuppel der Catedral Santa María bestattet.
Das Bauwerk ist nach Sevilla und Toledo die drittgrößte Kathedrale Spaniens und gehört mit seinen zahlreichen Türmen, hohen Strebepfeilern, skulpturgeschmücktem Kreuzgang, Spitzenornamenten und Figuren an den Fassaden zum Besten, was gotische Architektur im Land zu bieten hat.
Im westlichen Stadtbereich liegt das Zisterzienserkloster Monasterio de las Huelgas Reales.
Man erreicht es entweder zu Fuß am Fluss entlang in 15 Minuten nach Westen, oder über die Ausfallstraße nach León (ausgeschildert). 1187 gegründet, diente es den ersten kastilischen Königen als Alterssitz und Grablege.
4 km östlich von Burgos liegt das Kartäuserkloster La Cartuja de Miraflores auf einer bewaldeten Kuppe (Di-Sa 10.30-13.15, 15.30-17.54, So 10.30-14.15 Uhr).
Am Hauptaltar kam 1498 erstmals erbeutetes Gold aus Amerika zum Einsatz, dass Christoph Kolumbus nach Spanien gebracht hatte.
Recherchenotiz aus León
Bei meiner Recherche in León habe ich Evi und Antonio kennengelernt (Bild unten).
Während sie als Fremdenführerin der Stadt ein echter Gewinn ist, stellt er als gelernter Kunsthistoriker (auch als Auftragsarbeit) sehr erfolgreich mittelalterliche Bilder und Schriftzüge auf Pergament her.
Praktische Infos:
Evi Miguelez, lizensierte Stadtführerin, guiaslegio@hotmail.com
Antonio Suárez Gordón, Künstler.
León - die Filigrane
Obwohl er sogar im Stadtwappen verewigt ist, ein Löwe (león) hat der alten Römerstadt nicht ihren Namen gegeben, sondern die VII Legion des Servicius Sulpicius Galba, die hier 68 nach Chr. eine Lagerstadt errichtete.
Im Barrio Humedo (“feuchtem Viertel”) südlich der Plaza Mayor liegen erstaunlich viele Terrassencafés, Bars und Tavernen, die der Universitätsstadt eine junges Ambiente vermitteln.
Jahrhunderte alt dagegen ist die gotische Kathedrale Santa María de Regla, deren 60 m hohe Zwillingstürme schon von weitem sichtbar sind.
Nordwestlich davon schließt sich an die Stiftskirche San Isidro das Panteón de los Reyes an. Hier ruhen elf Könige, zwölf Gemahlinnen und mehrere Infantinnen.
Gewaltige Pracht: San Marcos
Eine Viertel Stunde Fußweg sind es von hier zum Hostal de San Marcos (16. Jh.) am Ufer des Bernesga. Hinter der 100 m breiten Hauptfassade schliefen einst erschöpfte Pilger auf Holzpritschen.
Heute ist hier ein luxuriöser Fünf-Sterne-Parador. Auch wer nicht Gast ist, kann sich problemlos die überreiche Ausstattung und den Kreuzgang der San Marcos-Kirche ansehen.
Pilgerwanzen am Jakobsweg
Vorsicht vor der Pilgerwanze "Chinche del Peregrino". Ab und zu taucht sie am Jakobsweg in Pilgerherbergen und Hotelbetten auf, um böse Ausschläge zu provozieren.
Wichtig: bei starken Errötungen auf der Haut, Fieber und Mattigkeit sofort zum Arzt.
Richtung Galicien über Astorga
Einst transportierten Römer von Astorga aus Edelmetalle auf der “Silberstraße” (Ruta de la Plata) zu den andalusischen Häfen, später dann verweilten die Pilger in der Kleinstadt (12 000 Einw.), wo sie sich in einst 22 Hospizen eine Verschnaufpause gönnten.
Denn ab hier ging es über den beschwerlichen Rabanalpass weiter nach Santiago.
Die Sehenswürdigkeiten liegen unmittelbar beieinander. An das römische Asturica Augusta erinnert die restaurierte Stadtmauer, dahinter liegt die gotische Kathedrale (15. Jh.) und Astorgas Glanzstück, der von dem katalanischen Meisterarchitekt Antoni Gaudí erschaffene Palacio Episcopal.
Der neogotische Bischofspalast (1893) aus weißem Granit, Buntglas und kleinen Erkern hat Ähnlichkeiten mit einem Märchenschloss. Im Innern lebte nie ein Bischof, dafür zeigt ein kleines Pilgermuseum alte Urkunden, Gemälde und Tagebücher zum Jakobsweg (10-14, 16-20 Uhr). Mehr zu Astorga
Villafranca de Bierzo
Der letzte größere Ort vor Galicien (4000 Einw.) besticht durch sein wuchtiges Kastell, die lebhafte Plaza Mayor und die hochgelegene romanische Santiago-Kirche.
Kranken Pilgern war sie im Mittelalter ein Segen, denn wer es nicht mehr bis Santiago schaffte, konnte sich schon an der Puerta del Perdón (Pforte der Vergebung) Absolution erteilen lassen. Berühmt ist Villafranca für seinen Rotwein und eine kuriose Delikatesse: in Likör eingelegte Kastanien.
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