Covarrubias: die Wiege Kastiliens
Covarrubias ist eine Art Toledo in klein. Den wappengeschmückten Ort südöstlich von Burgos kennt bei uns fast niemand. Dabei ist er historisch hochinteressant. Im Mittelalter überwachten hier die Grafen von Kastilien ein gewaltiges Gebiet mit 60 Dörfern, 20 Klöstern und mehreren Hundert Ländereien. Und dann gibt es noch die traurige Geschichte einer früh verstorbenen norwegischen Prinzessin.
Ein lauer Samstagmorgen im September. Die örtliche Apotheke hat noch zu, auf dem Marktplatz ist noch nichts los und die spanischen Wochenend-Touristen frühstücken noch im Parador des nahegelegenen Palasts von Lerma.
Ein paar Katzen schleichen über die Plastersteine der Gassen vorbei an der schmale Statue der norwegischen Prinzessin Kristin Håkonsdatter. Im Hintergrund glitzert das Wasser des Río Arlanza und auf dem Hauptplatz stellen die Shop-Besitzer schon mal die ersten Holzschwerter nach draußen.
Es ist still hier. Nur der bunte Spielautomat in dem Café an der Plaza macht ordentlich Lärm. Covarrubias. Ein verschlafenes Nest, und doch jedem Spanier bekannt. Denn hier, sagen Historiker, liegt die Wiege Kastiliens.
Vor 1000 Jahren: Ein Epizentrum der Macht
Covarrubias bedeutet so viel wie rote Höhlen. Dort lebten die Turmogos, dann kamen die Kelten, die Römer und im 7. Jh. der Westgote Chindasvinto.
300 Jahre später ließ hier der Adelige Fernán Gómez Mauern errichten und kurz nach seinem Tod gründete dessen Sohn García Fernández am 24. November 978 die Grafschaft Kastilien. Und schuf so das erste einheitliche Machtgebiet der historischen Kernregion Spaniens.
Das kurze Leben der Norwegerin Kristin
Im 13. Jh. war Covarrubias auch in Norwegen eine feste Größe. Die Beziehungen entwickelten sich bis hin zum Anbändeln der jeweiligen Königshäuser.
Und das ging so: Norwegens Prinzessin Kristin (1234-1262), kam 1256 als 22-Jährige von Tønsberg nahe Oslo nach Kastilien, um König Alfons den Weisen von Kastilien zu ehelichen.
Die über 2800 km lange Strecke fuhr sie teils mit einem Langschiff übers Meer. Weiter ging es auf dem Landweg über Narbonne und Barcelona bis nach Valladolid.
Doch kaum hatte die zierliche Frau ihr Ziel erreicht, stellte sie fest: Alfons war bereits verheiratet und dessen Frau hochschwanger.
Also heiratete sie auf Drängen der Eltern den Bruder des Königs, Felipe. Das norwegische Königshaus wollte die Handelsbeziehungen zu Spanien umbedingt verbessern und auch der neue Gemahl war ganz angetan.
Denn für ihn war eigentlich eine Karriere als Bischof von Sevilla geplant. Nur vier Jahre nach der Hochzeit starb die Norwegerin aus ungeklärten Gründen mit nur 28 Jahren.
Sie hatte zuvor mit Felipe in Sevilla gelebt und Zeitzeugen zufolge furchtbar an Heimweh gelitten. Kristin ist in der Klosterkirche von Covarrubias beigesetzt.
Stadtbild wie vor 500 Jahren
Covarrubias steht unter Denkmalschutz. Kein Wunder, denn die historischen Bauten haben es in sich. Das Stadttor (siehe Bild rechts) ist ein typischer kastilischer Bau aus dem Jahr 1600, ebenso wie die Gerichtssäule.
Die Kirchen stammen aus dem Mittelalter und das gesamte Zentrum ist seit Jahrhunderten unverändert, vom Bischofssitz bis zum Palast des Fernán González und der gut erhaltenen Stadtmauer.
So wird der Besuch fast schon zu einer Zeitreise in die Geschichte Spaniens, wären da nicht die Bewohner und Besucher aus der Jetztzeit.
Aber die können auch auf Alt machen und feiern ihr Fest Fiesta Medieval de la Cereza mit mittelalterlichen Kostümen und Musik. Infos dazu und zu den aktuellen Events in der Stadt.
Übrigens: 1769 war es mit der Machtposition des Orts vorbei. Die Grafschaft verlor ihre Rechte und stand nur noch im Schatten des inzwischen zum kastilischen Machtzentrum aufgestiegenen Toledo und dem Königssitz Madrid. Doch als Wiege Kastiliens bleibt sie in Erinnerung.
Anfahrt und Umgebung von Covarrubias
Covarrubias liegt 40 km südlich der Stadt Burgos am Jakobsweg. Mit dem Auto dauert die Tour eine halbe Stunde über die Autobahn (kostenfrei). Covarrubias ist Teil eines historischen Dreiecks, das die Besucher Kastiliens gerne ganz ansteuern.
18 km südwestlich des Ortes liegt das Kloster Santo Domingo de Silos mit seinen berühmten singenden Mönchen, die es mit dem gregorianischen Sound schon in die spanischen Charts geschafft haben.
23 km westlich wiederum liegt Lerma, ebenfalls ein historischer Ort mit einem Palast, in dem ein Parador untergebracht ist.