Fahrrad-Boom in Spanien

Spanier kaufen inzwischen pro Jahr über eine Million Fahrräder, Autos dagegen nur knapp 723 000. Das haben jüngste Umfragen im Land ergeben. Der Trend hält an, weil immer mehr Städter den günstigen Drahtesel bevorzugen und Autos in der anhaltenden Krise teuer sind.

1989 in Madrid. Das Land Spanien boomt. Der Baubranche geht es bestens. Und wer kann, fährt auf der Castellana und der Gran Vía einen kultigen Sportwagen aus Bayern. Mit durchschnittlich kaum 24 km/h, so dicht ist der Verkehr. Ein Fahrradgeschäft gibt es im ganzen Zentrum der Hauptstadt Spaniens nicht. Einzige Radfahrer sind ausländische Studenten mit ihren Bikes aus dem Heimatland, die aus Angst vor einer Lungenvergiftung und ramponierten Knochen dann aber schnell auf die Metro umsteigen. 25 Jahre ist das jetzt her und keiner ahnt, dass der Kultautor Rafael Chirbes eines Tages den Literaturpreis für den Sozialroman Am Ufer erhält. Ein Buch über die neue Armut und Arbeitslosigkeit im Land, in dem viele nur noch ein Auto teilen oder wegen dem teuren Benzin gleich aufs Rad umsteigen. Keiner ahnt das damals, keiner fährt Rad, bis auf echte Profis bei den Touren.

Damals: Räder für Radprofis

Denn Miguel Indurain aus dem nordspanischen Navarra macht gerade Schlagzeilen. Und steht kurz vor seinen fünf Siegen bei der Tour de France Anfang der 90er Jahre. Er ist vorübergehend der Vorzeigestar des spanischen Sports. Doch selbst das ändert nichts. Fahrräder für den Privatgebrauch will keiner. Lieber einen BMW oder ein Rassepferd.

Heute: Radplatz statt Parkplatz

Im Jahr 2014 gibt es in Madrid Fahrradshops überall im Zentrum. Im Angebot sind städtische Leihräder und mancher Parkplatz mutiert zum Radplatz. Auch die Stadtoberen kümmern sich um bessere Wege und saubere Stadtluft. Am Ufer des Manzanares sind Mountainbiker auf den neuen Fahrradwegen unterwegs und im Zentrum Banker mit Straßenrädern.

14 000 Jobs in der spanischen Radbranche

Im ganzen Land arbeiten laut El País bereits 14 000 Fahrradhersteller und Reparateure in 3000 Unternehmen und stellen ein Drittel der jährlich verkauften Fahrräder selber her, der Rest ist ein Import unter anderem aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland. Beachtlich ist aber auch der Preis für die Räder in Spanien. Im Durchschnitt kostet ein Mountainbike 210 Euro, ein Stadtrad sogar nur 170 Euro. Zum Vergleich: Deutsche zahlen pro Rad im Schnitt zwischen 400 und 500 Euro. Und Niederländer legen für ein Hollandrad sogar durchschnittlich 700 Euro hin, so viel wie niemand sonst in Europa. (tb)

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