Jaume Cabré – stolzer Katalane
Auf den ersten Blick erinnert er an Günter Grass: der mächtige Schnauzbart, die buschigen Augenbrauen, die Brille, die Vorliebe für karierte Hemden, nicht zu vergessen die untersetzte Statur.
Von Ingrid Spicker
Schon wieder ein Katalane, könnte man denken. Nach Carlos Rui Zafón und Albert Sánchez Piñol betritt mit Jaume Cabré i Fabré, wie er mit vollem Namen heißt, ein weiterer katalanischer Autor den deutschen Buchmarkt.
Vom Lehrer zum gefeierten Autor
So arbeitete er mehrere Jahre an verschiedenen Schulen als Gymnasiallehrer und schriftstellerte nebenher.
Die Notwendigkeit, Geld zu verdienen und seine Familie zu ernähren, sei vorrangig gewesen, sagt Jaume Cabré, er habe sich aber immer eher als Schriftsteller gefühlt.
Sieben Jahre für ein Buch
Nichts in seinen Werken ist dem Zufall überlassen, alles ausgefeilt und mehrmals überarbeitet. An seinen Roman „Die Stimmen des Flusses“ hat er sieben Jahre gearbeitet.Seine Sprache ist Catalá. Seine Werke sind auf katalanisch geschrieben.
In Katalonien spielen seine Geschichten: ein Dorf in den Pyrenäen in „Die Stimmen des Flusses“, ein wohlhabendes Viertel in Barcelona in „Senyoria“.
Cabré ist kein Landschaftsmaler. Sein Anliegen ist es, Vergangenes aufzudecken und bloßzulegen.
Die Auseinandersetzung mit der Franco-Ära und ihre Aufarbeitung stehen dabei im Mittelpunkt. Rechtsbeugung, Korruption und Machtmissbrauch sind seine Themen.
Leseprobe aus "Senyoria"
Hier eine Leseprobe aus Cabrés Buch: „Ja, Don Rafel war wie Jupiter: zu groß, zu ehrgeizig, zu massig für einen festen Planeten; zu klein und zu schwach für einen feurigen, kraftvollen Stern, der sein eigenes Licht verstrahlt. Doch genau wie Jupiter hatte er Trabanten, die ihn umkreisten ...“
Jaume Cabré kritisiert Samaranch
Er will seine Leser sensibilisieren, nicht das Vergangene zu vergessen. So machte er sich wenig beliebt, als er in einer Rede vor „kollektiven Amnesien“ warnte.
Er bezog sich damit auf die in seinen Augen „unkritische Würdigung“ von Juan Antonio Samaranch. Der ehemalige Vorsitzende des Olympischen Komitees war während der Franco-Diktatur ein aktives Mitglied der faschistischen Falange gewesen.
Cabré selbst sieht in seinem Werk eine historische Reflektion darüber, dass stets der Sieger die Geschichte schreibt und dies stets im eigenen Interesse.
Weiterführende Links
Im Dezember 2011 im Verlag Insel neu erschienen: "Das Schweigen des Sammlers" von Jaume Cabré: zur Rezension
Mercè Rodoreda im Porträt
Die Autorin
Ingrid Spicker hat Romanistik und Geschichte in Bonn studiert. Danach war sie im Bereich Printmedien als Korrektorin beschäftigt und ist heute leidenschaftliche Autorin.