Jordi Savall lehnt Nationalpreis für Musik ab

Der weltweit renommierte Musiker Jordi Savall lehnt den spanischen Nationalpreis für Musik ab. Offen protestiert der Experte für Alte Musik damit gegen die Kulturpolitik der konservativen Regierung.

von Marcos Fernández Vacas

Das Ministerium für Erziehung, Kultur und Sport hat dem 1941 nahe Barcelona geborenen Jordi Savall den Nationalpreis für Musik in der Kategorie Interpretation zugesprochen. Mit dieser Ehre geht auch ein Preisgeld von 30 000 Euro einher. Doch der Katalane lehnt das ab. Erst vor zwei Wochen hat der Musiker dagegen die Goldmedaille des Parlaments von Katalonien voller Stolz angenommen.

Die Kultur ist in Spanien in Gefahr

Laut der Tageszeitung El País hat Jordi Savall einen offenen Brief geschrieben. In diesem bedankt er sich für den Preis, erklärt aber den Verzicht der Annahme. Er könne „seine Prinzipien und tiefste Überzeugungen nicht verraten“. In seinen Augen  zeigt das Kultusministerium unter dem verantwortlichen Politiker José Ignacio Wert ein dramatisches Desinteresse an jeglicher Art von Kultur. Savall geht sogar so weit, der Politik totale Inkompetenz zu bescheinigen. In Spanien besteht eine latente Gefahr für den Bestand der Kultur und der Existenz der Künstler.

Musiktradition geraät in Vergessenheit

Völlig ungenügend ist für Savall die Subventionspolitik der Regierung. Seiner Ansicht nach, geht das Wissen um die Musiktradition Spaniens komplett verloren. Besonders  die Erforschung und Aufführungspraxis der Alten Musik steht mittelfristig vor dem Aus. In diesem Bereich sieht er sich selbst als letzten Bewahrer und Mahner. Auch wenn seine Kinder Ariana und Ferran Savall noch ein wenig Kontinuität garantieren können, die Situation ist viel schlechter als vergleichsweise in Deutschland oder England. Das Ministerium teilte in einem Kommuniqué seinen „Respekt“ gegenüber der Entscheidung des Künstlers mit.

Die Medien spekulieren

Savall kritischer Entschluss hat hohe Wellen im spanischen Blätterwald zu einem Zeitpunkt geschlagen, in dem die Wirtschaftskrise und der Separatismus auf der nationalen Agenda stehen. Die rechtsorientierte Tageszeitung ABC unterstellt dem überzeugten Katalanen in einem Kommentar sogar perfide rein ökonomische Interessen, die der Musiker in Katalonien angeblich besser gewahrt sieht als im zentralistischen Spanien. Aber schon im Jahr 2012 hat der separatistisch unverdächtige Romancier Javier Marías den Nationalpreis in der Sparte Literatur für das Buch Die sterblich Verliebten aus ähnlichen Gründen abgelehnt. Den Preis einer Regierungsinstanz zu akzeptieren wäre für den Literaten in dessen Worten eine „Frechheit“ gewesen, ganz gleich welche Partei an der Macht wäre.

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