Rayo Vallecano: Madrids Fußballverein und Arbeiterclub

Ein Verein wie aus einer anderen Zeit. Der Madrider Arbeiterklub gilt in Spanien als Gegenmodell zu den großen, glamourösen Vereinen wie Real Madrid oder den FC Barcelona.  Mit seinem Mini-Budget und mutigem, attraktivem Offensivfußball ist Rayo Vallecano zum absoluten Kult-Club in Spanien avanciert. Ähnlich wie es der FC St.Pauli in Deutschland ist. 

Von Lamin Heinisch 

Der Klub aus dem südlichen Madrider Vorort Vallecas versprüht einen ganz besonderen Charme. Angepasst an das raue Klima des Arbeiterviertels steht er im krassen Gegenteil zu der sonst so glamourösen Fußballwelt Spaniens. Hier scheint sie sich noch auf Grundwerte zu besinnen: gegen das große Geldausgeben spanischer Clubs. Trotzdem ist der Verein durch einige Managementfehler in eine notorische finanzielle Schieflage geraten und muss jedes Jahr um seine Existenz in der Primera División bangen. 

Arm aber sexy - Und Toni Polster war auch schon im Kader

Für Transfers hat der Verein kaum Geld und schafft es trotzdem jedes Jahr eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen. Das Kollektiv steht hierbei im Vordergrund und nicht der einzelne Spieler. Das ist für Rayo Vallecano zur Überlebensstrategie geworden, da sie mit einer Summe um die acht Millionen Euros eines der geringsten Budgets der Primera División besitzen. Talentierte Spieler müssen meist gewinnbringend weiterverkauft werden, um die Existenz des Vereins zu sichern. Neuzugänge dürfen hingegen kaum etwas kosten und müssen bereit sein, Abstriche in Kauf zu nehmen. Die Auszahlung der Gehälter ist nicht immer gesichert. Schon der ein oder andere Spieler musste sein Auto verkaufen, weil er kein Geld für Benzin mehr hatte und das obligatorische Trikottauschen nach dem Spiel wurde auch eingeschränkt, um Kosten zu sparen. Berühmte Kicker wie bei Real oder Barca? Fehlanzeige! Immerhin spielte hier von 1992 bis 1993 ein gewisser Toni Polster, bevor er zum 1. FC Köln kam.

Como un Rayo: Der Fan-Gesang ist harter Punk

Bekannt ist der Klub auch durch seine Fans, die Bukaneros, welche dem linken politischen Lager zuzuordnen sind und viele antifaschistische Gruppierung in sich vereinen. Mit großen Spruchbändern, Fahnen und zu den Klängen der Vereinshymne Como un rayo, kompontiert von der spanischen Punkband Ska-P, vertreten sie lautstark ihre Meinungen und Anliegen in der Kurve. Sie prägen den Verein in seinen antikapitalistischen Grundzügen und greifen auch gerne mit eigenen Aktionen aktiv ins Geschehen ein. So sabotierten sie 2012 gegen Real Madrid die Flutlichtanlage, des 15.000 Zuschauer fassenden Stadion Campo de Futbol de Vallecas von Rayo: aus Protest gegen die angesetzten Montagsspiele in der Primera División. Und 2014 half der Verein einer steinalten Anwohnerin, die aus ihrer Wohnung getrieben worden war:  mehr

Offensive Spielweise der Franjirojos

Die Franjirojos, die Rotgestreiften, haben seit 1924 nur 14 Saisons in Liga 1 gespielt. Viele Auf- und Abstiege begleiteten den Verein durch seine Historie. Doch seit der Saison 2011/12 spielt der Rayo durchgehend in der Primera División, was vor allem der mutigen Taktik des Trainers Paco Jémez geschuldet ist. Der einstige Kicker von Rayo und Depor bevorzugt ein offensiv, dynamisches Kurzpassspiel gepaart mit einem aggressiven Pressing. Gerade dieser moderne Fußball mit limitierten Möglichkeiten macht den Klub so attraktiv und zuweilen auch sehr erfolgreich. So qualifizierte sich der Verein 2013 sportlich für die Europa League. Nur am „lieben“ Geld scheiterte es letztlich: Der Verein durfte daher am Wettbewerb nicht teilnehmen. Er passt halt nicht in die heutige Hochglanz-Fußballwelt. 

 

Der Autor

Lamin Heinisch ist Journalist und Hobbykicker. Er hat lange in Spanien gelebt, darunter auf Mallorca.