Thunfische und Fischindustrie in Spanien

Am südlichen Ende von Spanien wird seit Jahrhunderten Thunfisch gefangen. Die kunstvolle Fangmethode aus der Region heißt Almadraba und ist von viel Körpereinsatz geprägt. Unsere Autorin war selbst vor Ort und hat sich ein Bild davon gemacht, wie sich der Fischfang in Andalusien verändert und damit auch die Stimmung derer, die an den spanischen Küsten von eben diesem leben.

von Luise Winkler 

Der Blauflossenthunfisch, auch roter Thun genannt, ist eine schwimmende Meisterleistung der Evolution: Er erreicht eine Länge von 4,5 Metern, ein Gewicht bis zu 700 kg und besteht fast ausschließlich aus Muskeln. Der Thunfisch taucht bis zu 1000 m tief und kann dabei seine Körpertemperatur selbst regulieren.

In Spanien wie überall auf der Welt gilt das dunkelrote Fleisch des Thuns als Delikatesse. Wandert der imposante Fisch im Frühjahr in Schwärmen vom Atlantik in das Mittelmeer, ändern andalusische Restaurants vielerorts ihre Speisekarten, auf den Märkten sind sie ein Hit, Touristen grillen an den Stränden das köstliche Fleisch. 

Und die Fischer? Sie haben weniger von all dem als man denkt: Denn die Nachfrage aus Japan und der industrielle Fischfang sind überwältigend.

Im Reich der Wellen und Winde

Es ist Mai und durch die Straßen der andalusischen Kleinstadt Tarifa in der Provinz Cádiz weht ein kräftiger warmer Wind aus Südwest. Viele Wind- und Kitesurfer werden in diesen Monaten von dem milden Klima und dem stetigen Wind an die Costa de la Luz gezogen. An den Stränden herrscht reger Betrieb.

Tarifa hingegen, die südlichst gelegene Stadt Europas, ist an den Nachmittagen eher ausgestorben. Das klare Licht der Costa de la Luz beschert an dieser Stelle heute eine Aussicht über die Straße von Gibraltar bis nach Marokko.

Die Frühlingssonne hat bereits eine beachtliche Intensität erlangt, die ein paar Fischer am Hafen von Tarifa im Windschatten der Castillo de Guzmán el Bueno, der Burg am Hafen, genießen.

„Liebe den Thun mehr als dich selbst“

Almadrababeros nennen sie sich, die Fischer aus Spanien, die seit Generationen den traditionellen Thunfischfang Almadraba ausüben. Über 3000 Jahre alt ist diese Fangmethode.

Das arabische Wort bedeutet „Ort des Kampfes“. „Die Methode ist nachhaltig. Almadraba ist die Kunst der Erstellung eines komplizierten Netzlabyrinths, das in Ufernähe aufgestellt wird, dort wo die Wanderroute der Atunes verläuft.“ versichern die Fischer in Tarifa. „Unser Grundsatz ist: Liebe den Thun mehr als dich selbst!“

Doch die wenigen Fischer, die sich nicht dem industriellen Fischfang verpflichten, der auf den großen Booten, unter der Aufsicht von Japanern stattfindet, die sterben nach und nach aus.

Tokio bestimmt den Thunfischmarkt fast vollständig. Und der rote Thun wird weniger. Der „Ort des Kampfes“ ist in diesen Tagen und Wochen die Straße von Gibraltar. Es wird nicht nur mit Netzen gefischt. Die Schwärme werden gejagt und Satellitentechnik und Helikopter zur Ortung genutzt. „Sie töten alles was sie in die Finger kriegen“ sagt der alte Fischer am Hafen von Tarifa.

Die Anzahl der Fische sinkt drastisch

Die schweizer Stiftung firmm erforscht von ihrem Standort im Hafen von Tarifa aus den Lebensraum der Wale und Delfine in der Straße von Gibraltar. „Der Blauflossenthunfisch wandert im Mai vom Atlantik in das ruhige Mittelmeer um dort zu laichen. Danach wandert er vereinzelt zurück. Die Ausbeute der Fischer ist natürlich größer, wenn die Schwärme vor dem Laichen hier an der Meeresenge abgefangen werden.

Und die meisten Fänge finden illegal statt, um die gesetzliche Quote zu umgehen. Sie glauben ja nicht was die Tage hier los ist“, so eine Mitarbeiterin der Stiftung. Zählungen zeigen: Die  Anzahl der zeugungsfähigen großen Raubfische ist in den letzten Jahren um 80% gesunken ist.

Überfischung: Keine Zeit für Wunder

In den Häfen der Küstenorte bekreuzigen sich die Fischer vor der heiligen Jungfrau. Die kleine Statue in Tarifa ist aus weißem und blauem Gips, der von Salzwasser, Wind und Sonne ganz ausgeblichen und rau ist.

Jahrelang hat sie den Fischern volle Netze beschert. Ein Plan zur Erholung müsste her und augenblicklich umgesetzt werden, damit die Fischer in den kleinen Städten wieder Thunfisch in ihren eigenen Netzen finden können.

Ein Plan muss es sein, da hilft kein Beten. Es ist eine traurige Zeit, nicht die Zeit für Wunder.

Weiterführende Links

Spaniens Meeresfrüchte

Rezept Empanada mit Thunfisch

Fischzucht in Spanien

Die Autorin

Luise Winkler ist Naturwissenschaftlerin. 2013 hat sie ihren Master in Molecular Cell Biology an der Uni Bielefeld abgeschlossen. Seit einigen Monaten widmet sie sich den Themen Online-Journalismus und Onlineredaktion.