Solarkraftwerk Andasol
Planta Termosolar Andasol, das erste Parabolrinnen-Kraftwerk Europas, verwandelt in Andalusien Sonne in Strom und versorgt damit 0,5 Mio Menschen.
von Daniel Koch (Text & Bilder)
Schweiß tropft mir von der Stirn, meine Sonnenbrille ist zu schwach. Die Luft flimmert über dem trockenen Boden, keine Menschenseele ist zu sehen. Zwischen zwei riesigen Parabolspiegelwänden schaue ich in einen schnurgeraden, scheinbar endlosen Korridor. Die Dimension dieser Anlage lässt sich nur erahnen. Mein geographisches Interesse und mein Faible für Kraftwerke haben mich hierher nach Andalusien geführt, zur Planta Termosolar Andasol.
Aus Sonne wird Strom
Ein Kraftwerk, das die regenerative Energie der Sonne nutzt, braucht Hitze. Und die Wüste von Tabernas in der Provinz der gleichnamigen Stadt Granada ist genau der richtige Ort dafür. Die feuchten Westwinde des Mittelmeers gelangen nur selten in diese Hochebene im Regenschatten der Sierra Nevada. Und so ist die Region mit 3000 Sonnenstunden im Jahr die sonnenreichste der Iberischen Halbinsel.
Groß wie 210 Fußballfelder
Diese günstige Lage erkannte auch das deutsche Unternehmen Solar Millennium. In Zusammenarbeit mit spanischen Firmen installierte der fränkische Betrieb in den letzten sechs Jahren tausende Parabolspiegel in der Einöde – insgesamt haben sie eine Fläche von 210 Fußballfeldern. Die Anlage nahe der Kleinstadt Gaudix ist damit nicht nur das erste Parabolrinnen-Kraftwerk Europas, sondern auch das größte der Welt. Im Herbst letzten Jahres ging der letzte der drei Teilabschnitte des Kraftwerks ans Netz.
Präzise gebogene Parabolspiegel
Ich sehe mich genauer auf dem riesigen Gelände um und erkenne: ein solarthermisches Kraftwerk funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie ein Kohle- oder Atomkraftwerk. Ein mit Wasserdampf angetriebener Generator erzeugt Strom.
Doch am Anfang steht das Einfangen der Sonnenenergie: Sechs Meter hohe und mehrere hundert Meter lange Reihen motorisierter Parabolspiegel folgen dem Verlauf der Sonne. Die gebogenen Spiegelflächen reflektieren mit einer Genauigkeit von über 98 Prozent die einfallenden Strahlen auf ein Rohr in der Mitte des Kollektors.
In diesem Rohr absorbiert ein synthetisches Öl das gebündelte Sonnenlicht – dabei steigt die Temperatur des Öls auf bis zu 400 Grad Celsius an. Es folgt die Abgabe der Energie in Wärmetauschern. Der dort erzeugte Dampf treibt eine Turbine an, die Elektrizität generiert.
Planbare Stromversorgung
Jedes der drei Teilkraftwerke von Andasol verfügt über eine elektrische Leistung von 50 Megawatt. Die Ingenieure dachten überdies an „Batterien“, damit auch nach Sonnenuntergang oder bei Bewölkung das Licht in Andalusien nicht ausgeht. Große Flüssigsalztanks mit einer Höhe von 14 Metern und einem Durchmesser von 36 Metern speichern die gewonnene Energie und können die Turbinen bis zu 7,5 Stunden weiter betreiben.
Das Solarkraftwerk produziert allerdings nur etwa ein Drittel des Stroms eines kleinen Steinkohlekraftwerks. Dafür unterstützt es die Versorgungssicherheit im touristisch geprägten Süden des Landes, besonders in den Sommermonaten.
Hoher Wasserverbrauch im Wüstenklima
Die großen Sonnenspiegel werfen indes auch ihre Schatten: Das subtropische Wüstenklima bedingt einen erhöhten Wasserverbrauch, der etwa dreimal so hoch ist wie bei einem Atomkraftwerk in Mitteleuropa.
Zwar speist der Regen in der Sierra Nevada das von Andasol angezapfte Grundwasser, doch in Andalusien ist Wasser ein begrenztes Gut und für Menschen und Landwirtschaft von großer Bedeutung.
Nicht zu vernachlässigen ist auch der geringe Wirkungsgrad eines Solarkraftwerks. Von der ursprünglichen Sonnenenergie können die Parabolspiegel-Anlagen von Andasol im Jahresmittel nur etwa 15 Prozent in Strom umwandeln.
Ein modernes Steinkohlekraftwerk ist da dreimal effektiver. Dazu kommt der immense Flächenverbrauch.
Blick in die Zukunft
In den 80er Jahren gingen die ersten solarthermischen Kraftwerke in Kalifornien ans Netz. Wegen des Klimawandels und dem wachsenden Energiehunger sind diese regenerativen Energiegewinner heute besonders wichtig.
Die CO2-Bilanz, also alle Kohlendioxid-Emissionen, die bei Herstellung, Aufbau und Betrieb sowie Abbau und Entsorgung einer Energieerzeugungstechnologie entstehen, ist bei Parabolrinnen-Kraftwerken zirka 20 mal kleiner als bei Steinkohlekraftwerken.
Neben anderen deutschen Unternehmen haben sich auch die Stadtwerke München (SWM) am rund 2000 Kilometer entfernten Zukunftsprojekt in der Wüste beteiligt: „Andasol ist das beste Beispiel dafür, dass wir die Energiewende auf europäischer Ebene verwirklichen müssen.
Sie kann nur dann gelingen, wenn alle Akteure – auch Andasol – an einem Strang ziehen und die politischen Rahmenbedingungen stimmen“, erklärt Dr. Kurt Mühlhäuser, Vorsitzender der SWM Geschäftsführung.
Die Effizienz muss sich verbessern
Während ich das Gelände von Andasol verlasse, freue ich mich über diese technische Innovation. Sie ist ein Schritt in die richtige Richtung, in eine nachhaltigere Welt. Weniger als 5 % der Fläche der Sahara würden ausreichen, um mit der Kraft der Sonne den Weltstrombedarf zu decken.
Ob der Wasserverbrauch von Parabolrinnen-Kraftwerken durch Trockenkühlung verringert werden kann und wie sich der Strom letztendlich am effektivsten transportieren lässt, bleiben wichtige offene Fragen. In ihrer Beantwortung liegt der Fortschritt.
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Der Autor
Daniel Koch ist Diplom-Geograph und lebt in Köln. Der angehende Online-Redakteur beschreibt gerne in Wort und Bild Mensch und Natur.