Karneval in Galicien, Nordwestspanien
Entroido de Verín
Die Holzmasken beim Karneval von Verín sind berühmt. Und die Cigarróns im galicischen Verín tragen sie voller Stolz. Doch wehe ein Besucher kommt ihnen zu nahe. Dann schlagen sie mit ihren leichten Holzprügeln auf die Beine des Übermütigen.
von Silke Büscher (Text & Bilder)
Noch liegt eine ahnungsvolle Ruhe über den Straßen von Verín, einem kleinen Ort in der Region Ourense. Gegen zwölf Uhr startet hier der berühmte Karnevalsumzug mit traditionellen Maskenträgern in leuchtenden Uniformen, bunt kostümierten Menschen am Straßenrand und jeder Menge Lärm.
Gleich versteht hier keiner mehr sein eigenes Wort, so laut scheppern hunderte von Kuhglocken an den Gürteln der vorbeilaufenden Cigaróns.Die besten Fotos vom Karneval in Verín
Dröhende Kuhglocken, grimmige Wölfe
Entfernt klingt ein erstes rhythmisches Rasseln. Schnell kommt das Geräusch näher. Der Verursacher ist rot-weiß gekleidet, die kurzen Hosen schmücken zahlreiche Pompoms. Auf dem Kopf trägt der Cigarrón eine Holzmaske mit rot aufgemalten Wangen und einem halbrunden Aufsatz, den ein grimmig dreinblickender Wolf ziert. Acht schwere Kuhglocken hat der Läufer auf den Rücken geschnallt, die jede seiner Bewegungen lautstark unterstreichen.
Jetzt gehts richtig los
Immer häufiger laufen jetzt einzelne Cigarróns und kleine Gruppen durch die Straßen. Plötzlich kommen Sie in Massen. Hin und wieder bleiben sie stehen, ziehen die Maske über den Kopf und wischen sich den Schweiß von der Stirn – die Februarsonne brennt bei 17 °C im Schatten schon frühlingshaft warm.
Auspeitschen erlaubt, berühren verboten
Stolz tragen die Cigarróns ihre Uniformen, die liebevoll von Hand gefertigt sind und die sie von Generation zu Generation weitergeben. Sie bewegen sich schnell und niemand wagt es, sich ihnen in den Weg zu stellen. Gut so, denn mit ihren Peitschen treiben Sie nicht nur die Geister des Winters aus, sondern schlagen gezielt auf die Beine von übermütigen Passanten. Wehe wenn die protestieren oder sich gar wehren: ein absolutes Tabu. Selbst das Berühren der Uniform oder der Maske führt zu harscher Zurückweisung und ehe sich der Unbedarfte versieht, schlägt der Cigarrón erneut mit seiner Peitsche beherzt in die Waden.
Wilde Tiere, kleine Löwen
In früheren Tagen war es den Männern vorbehalten, die Uniform des Cigarróns zu tragen. Damals waren die Masken noch durch und durch aus Holz geschnitzt, verziert mit echtem Fell und dem Schweif von Wildpferden. Traditionell trägt jeder Maskierte acht Glocken auf dem Rücken - davon wiegt jede zischen einem und eineinhalb Kilogramm. Heute besteht nur noch der untere Teil der Maske aus Holz – die Mitra wird aus Blech gefertigt, um das Gewicht zu reduzieren. Auch die Glocken variieren in Zahl und Größe. Geblieben sind die farbenprächtigen Bemalungen. Jede Maske schmückt ein wildes Tier – von Hand gezeichnet, versteht sich. Mal ist es ein zorniger Wolf, mal ein stolzer Adler und bei den ganz kleinen Cigarróns ist es auch schon mal Simba aus König der Löwen.
Auch Frauen tragen Masken
Verín ist nicht der einzige Ort in Galicien mit einer regen Karnevalstradition. Maskenträger ziehen auch durch andere Orte in der Umgebung. Die Farben der Uniformen und die Art der Masken sind jedoch unterschiedlich – genau wie die Namen der Träger. In Laza ziehen die Peliqueiros durch das Dorf, in Xinzo de Lima sind es Pantallas. Längst sind es nicht mehr nur Männer, die die Tradition pflegen. Unter so mancher Maske versteckt sich eine Frau, aber auch die verstehen es, ihre Peitschen kräftig zu schwingen.
Schweinekeule statt Kamelle
In Verín fliegen keine Kamelle von den Prunkwagen. Aber immerhin landen ganze Schweinekeulen in luftiger Höhe auf den Grill. Statt Flitter quellen Rauchschwaden durch die Luft und der eine oder andere Zuschauer bekommt sogar ein Stück Grillfleisch herunter gereicht. Am Ende treffen sich alle Akteure auf einem großen Platz mitten im Ort. Hier spielen Musikgruppen, die Menschen tanzen und lachen. Natürlich trinkt der eine oder andere auch in der winzigen Kneipe mal ein Bier. Bierseelig ist der Entroido in Verín aber nicht. Es geht um gelebte Tradition und Lebensfreude, um das Ende des Winters und das Wiedererwachen des Lebens.
Live dabei
Für alle, die das sehenswerte Spektakel einmal live erleben wollen und keine Angst vor den Schlägen der Cigarróns haben: Jedes Jahr am Karnevalssonntag startet der farbenprächtige Umzug gegen zwölf Uhr – oft auch ein wenig später. Wenn die ersten größeren Gruppen Cigarróns durch den Ort laufen, sperrt die Polizei die Straßen teilweise für den Autoverkehr. Wer in vorderster Reihe stehen will, sollte sich rechtzeitig einen Platz sichern, denn es wird garantiert voll.
Anfahrt: vom Flughafen Lavacolla in Santiago de Compostela etwa zwei Autostunden.
Weiterführende Links
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