Karneval in Galicien
Wer meint, die großen Jecken Spaniens leben nur auf Teneriffa und in Cádiz, der irrt gewaltig. Toll sind die Kostüme der Galicier im Nordwesten Spaniens. Und tollkühn die Wurfgeschosse: Mehl, Schmutzlappen und Ameisen. Wer vor Ort südlich der Provinzstadt Ourense mitfeiert, erlebt Humor pur.
von Silke Büscher
Ihren Entroido lieben die Galicier über alles. In Xinzo de Lima steht ein überlebensgroßer Pantalla aus Stein und in so manchem Wohnzimmer hängt ein Bild des regionalen Maskenträgers an der Wand. Detailgetreu nähen die Anwohner die Uniformen der Cigarróns, Peliqueiros oder Pantallas daheim, besticken und verzieren sie. Jede Holzmaske ist ein geschnitztes Kunstwerk – traditionell und manchmal auch kurios bemalt. So zeigt die Abbisldung anstelle des grimmigen Wolfes auch gerne mal den eigenen Yorkshire-Terrier als wildestes aller Tiere.
Adiós Wintergeister
Wenn die wichtigsten Tage des Jahres starten, sitzt jedes Schleifchen, wird das Dreieckstuch akkurat gebunden und die Maske gerichtet. Je nach Ort scheppern Glocken oder Glöckchen an der Taille des Trägers und verursachen so viel Lärm, dass auch der letzte böse Wintergeist der fruchtbaren Jahreszeit freiwillig das Feld überlässt.
Die schönsten Karnevalsbilder aus Galicien: Fotos aus Laza, Fotos aus Xinzo, Fotos aus Verín
Mehlschlachten und Schweineblasen
In Verín schlagen die maskierten Cigarróns mit der Peitsche auf die Waden argloser Passanten, in Xinzo vollführen die Pantallas wilde Tänze mit luftgefüllten Schweineblasen. In vielen Orten liefern sich die Menschen schon an den Wochenenden vor Karneval Mehlschlachten und hinterlassen dabei weißgetünchte Straßen und Häuserwände. Der feine Staub zieht gnadenlos in jede Ritze, sorgt für langanhaltende Erinnerung und trägt damit zur Freude jeder Hausfrau bei. Die übrigens kocht vor der österlichen Fastenzeit statt Seekrake und Schwertmuscheln gerne Fettes vom Schwein: zu Galiciens besten Rezepten
Stechginster und Ameisen
In Laza treibt es das Volk auf die Spitze. Die Teilnehmer dreschen mit Stechginster aufeinander ein und werfen Berge voll wildgewordener Ameisen in die kreischende Menge. Zur Einstimmung fliegen tagsüber die matschgetränkten Lappen und natürlich darf am Abend die selbstkonstruierte Mehlkanone nicht fehlen – streng bewacht von gehörnten Gestalten.
Christlich oder keltisch?
Natürlich haben sich die Karnevalsbräuche seit dem Mittelalter durch das Christentum in ganz Europa verbreitet, auch in Spanien. Doch nach dem Ursprung der zahlreichen Sitten und Gebräuche befragt, verweisen die Galicier vor allem auf ihre keltische Sitten und Gebräuche. Als steinerne Belege vor Ort dienen die vielen Castro-Anlagen. Die allerdings hat tatsächlich die sogenannte Castro-Kultur bereits im 7. Jahrhundert vor Christus, errichtet. Genutzt aben sie die Kelten (lat. Celtae oder Galli) trotzdem.
Volkssport Essen
Essen – ein galicischer Volkssport - spielt während des Entroido eine besondere Rolle. Auf den Tisch kommen Schweinehaxen, Pulpo und natürlich allerlei süßes Karnevalsgebäck, darunter Orejas de Carneval (Karnevalsohren) oder der köstliche Bica in Laza, ein Kuchen aus gefühlten 70 Prozent Fett. Zu den süßen Leckereien reichen die Galicier verschiedene Liköre auf der Basis von Orujo-Tresterschnaps.
Reisetipps
Anreise
mit dem Flugzeug: über Galiciens Hauptstadt Santiago de Compostela
Programm
Karnevalssonntag: Umzug in Verín mit den berühmten Holzmasken.Rosenmontag: Lappenschlacht und Umzug mit Ameisenwerfen in Laza.Dienstag: Umzug in Xinzo de Lima mit Maskenträger, bunten Fußgruppen und vielen Prunkwagen.
Touristeninfos
Spanisches Fremdenverkehrsamt BerlinLietzenburger Straße 99. 5. OG10707 BerlinTel.: + 49(0)30/882 65 43E-Mail: berlin(at)tourspain.es
Reisebuch
Das DuMont-Buch Galicien & Jakobsweg von meinem Mann Tobias Büscher ist 2020 neu auf den Markt, kurz nach unserer Recherche vor Ort:
Weiterführend Links
Karneval in Verín:
Karnevela in Laza:Entroido de Laza
Karneval in Xinzo:
Wildpferdetreiben: Rapa das Bestas